Mülheim. . Das Duisburger Landgericht erkennt Schadenersatzforderungen der städtischen Seniorendienste gegen ihren Ex-Geschäftsführer fast vollständig an.
Das Duisburger Landgericht hat dem ehemaligen Geschäftsführer der Mülheimer Seniorendienste, Heinz Rinas, am Dienstag für Pflichtverletzungen in seiner nur kurzen Tätigkeit die Quittung präsentiert: Rinas soll Schadenersatz in Höhe von exakt 245 215 Euro und 34 Cent nebst Zinsen zahlen. Nicht unwichtig für die städtische Tochtergesellschaft als Klägerin: Das Gericht stellte fest, dass Rinas vorsätzlich gehandelt habe.
Die Ansprüche, die die Stadttochter einige Zeit nach der fristlosen Kündigung Rinas’ im August 2013 geltend gemacht hatte, sind vielfältiger Natur, sie berühren dabei die Vorwürfe, denen sich der Ex-Geschäftsführer im parallel gestarteten Strafverfahren zu stellen hat. Es geht dabei um den Vorwurf der Untreue und Bestechlichkeit.
Beweislast lag bei der städtischen Tochtergesellschaft
Im Zivilprozess urteilte das Landgericht nun vorerst gemäß GmbH-Gesetz, nach dem ein Geschäftsführer bei schuldhaften Pflichtverletzungen persönlich haftbar zu machen ist. Die Beweislast lag bei den Seniorendiensten als Klägerin, das machte die Sache für die Stadt nicht durchgängig einfach, wie sich bei den zahlreichen Zeugenvernehmungen in der Vergangenheit gezeigt hatte.
Etwa in dem Fall, wo Rinas vorgeworfen worden war, mit städtischen Geldern Bücher im Wert von rund 1100 Euro angeschafft zu haben – für eine privat betriebene Unterstützung einer Uni in Skopje (Mazedonien), die Rinas zwischenzeitlich wegen vielfachen Engagements die Ehrendoktorwürde verliehen hatte. Den Seniorendiensten gelang es nicht, vor Gericht nachzuweisen, dass keines der Bücher in einem ihrer drei Seniorenheime steht. So lehnte das Gericht diese Forderung ab.
Undurchsichtiger Wäscherei-Deal
Im Wesentlichen aber erkannte das Gericht der Klägerin ihre geltend gemachten Ansprüche an. Nur auf einem mutmaßlichen Schaden von knapp mehr als 20 000 Euro bleibt die Stadttochter sitzen. Der dickste Einzelposten, den das Gericht anerkannte: Rinas hatte eigenmächtig (auch ohne vorgeschriebene Ausschreibung) die Wäscherei-Leistungen für die Seniorenheime fremdvergeben, obwohl das hauseigene Personal dafür weiter zu beschäftigen und zu bezahlen war. Das Gericht erkannte hierbei einen Schaden für die Stadt in Höhe von rund 50 000 Euro.
Mehr noch: Es sprach den Seniorendiensten auch einen Anspruch auf 22 000 Euro in der Sache zu, weil es Rinas vor Gericht misslang, Zahlungen der beauftragten Wäscherei an sein privat betriebenes Beratungsinstitut zu rechtfertigen. Jene Zahlungen waren von den Strafermittlern als Auswuchs von Korruption gewertet worden.
Schaden durch Projekt mit rumänischen Pflegekräften
Schadenersatzansprüche der Seniorendienste in ähnlicher Form stellte das Landgericht auch zu einem Projektgeschäft fest, das in Mülheim vor Jahren schon für reichlich politischen Wirbel gesorgt hatte: das Qualifizierungsprogramm für rumänische Pflegekräfte, das Rinas mit der Awo und der Unternehmensberatung Aleha von Sabine Dreiling-Beitz eingestielt hatte; mit unklarer Beteiligung ihres Ehemanns, dem FDP-Ratsherrn Peter Beitz.
Auch im Zuge dieses Geschäftes waren etwas mehr als 21 000 Euro von Aleha an das von Rinas privat betriebene Institut überwiesen worden. Das Gericht sah auch hierin wie in anderen privaten Geldeingängen infolge von Auftragsvergaben schuldhafte Pflichtverstöße von Ex-Geschäftsführer Rinas. Ob Rinas seinen privaten Telefonanschluss über die Seniorendienste abrechnete oder private Lebensmitteleinkäufe. Ob er Mitarbeiter der Seniorendienste für private Kurierdienste, für das Einscannen privater Fotosammlungen, die Organisation von Hilfstransporten nach Mazedonien oder die Büroarbeit seines Institutes einsetzte...
Offen ist, ob Rinas Berufung gegen das Urteil einlegt
Ob Rinas Mittel und Infrastruktur der Seniorendienste nutzte, um seine Wohltätigkeiten in Mazedonien zu betreiben, oder ob er unerklärliche Beraterleistungen für einen Schimmelschaden im Haus Kuhlendahl in Auftrag gab – für all dies erkannte das Landgericht Pflichtverstöße und einen entsprechenden Schadenersatzanspruch der städtischen Tochtergesellschaft an.
Das Urteil ist laut Gericht allerdings noch nicht rechtskräftig. Eine Berufung ist möglich.
>> WIRD DIE STADT JEMALS GELD SEHEN?
Das Gericht stellte fest, dass Rinas die Pflichtverstöße vorsätzlich begangen habe. Dies hätte zur Folge, dass die Ansprüche der Stadt selbst dann nicht so leicht erlöschen, sollte Rinas Insolvenz anmelden.
Die Ermittler des Landeskriminalamtes hatten nach Informationen dieser Zeitung in einem Zwischenbericht 2014 festgestellt, dass Rinas hoch verschuldet war und sämtliche Privatgirokonten mit einem fünfstelligen Soll belastet waren.