Mülheim.

Erneut setzt die Stadt einen Geschäftsführer ihrer Tochtergesellschaften vor die Tür. Am Montag traf es nach einstimmigem Votum des Aufsichtsrates den Chef der Mülheimer Seniorendienste, Heinz Rinas. Dem Hausherrn der drei städtischen Seniorenwohnheime wirft die Stadt vor, sich auf Kosten der Gesellschaft privat mit Lebensmitteln eingedeckt zu haben, Gelder für ein privat verfolgtes Sozialprojekt abgezweigt zu haben und für sich über das Maß hinaus technisches Gerät beschafft zu haben. Die Stadt beklagt einen Schaden im fünfstelligen Euro-Bereich.

Am Mittag verkündeten Sozialdezernent Ulrich Ernst, Dr. Hendrik Dönnebrink als Chef der Beteiligungsholding und der Aufsichtsratsvorsitzende Rainer Hartmann (CDU) die fristlose Kündigung von Rinas mit Wirkung zum gleichen Tag. Zahlreiche Anhaltspunkte für das „persönliche Fehlverhalten“ von Rinas gebe es für die Dauer von bereits gut zwei Jahren, so Ernst. Der nicht genau bezifferte Schaden summiere sich aus vielen Kleinbeträgen. Im üblichen Anhörungsverfahren habe Rinas die Vorwürfe nicht überzeugend widerlegen können.

Sein Handy war ausgeschaltet

So soll Rinas private Lebensmittelrechnungen über die städtische Tochtergesellschaft abgerechnet haben. Darüber hinaus soll er sich immer wieder für private Zwecke über Lebensmittelbestellungen der Seniorenheime bedient haben. Für ein Altenheim-Projekt in Mazedonien, das Rinas wohl auch privat unterstützt, soll er Gelder abgezweigt haben. Dazu soll er Bonuszahlungen von Lieferanten, die eigentlich dem Haushalt der Seniorendienste zugestanden hätten, in Spenden für das Hilfsprojekt umgewandelt haben. Laut Dönnebrink sind auch Equipment für das mazedonische Altenheim und Flüge dorthin über den Seniorendienste abgerechnet worden. Und schließlich soll Rinas technische Geräte beschafft haben, die laut Aufsichtsratschef Hartmann mindestens auf unnötige Anschaffungen schließen lassen.

Geschäftsführer sind so zu behandeln wie Mitarbeiter im Öffentlichen Dienst“, so Sozialdezernent Ernst. „Das sind keine Petitessen – wir mussten handeln.“ Nun hat Rinas, erst seit Mai 2010 überhaupt in Diensten der Stadt, die fristlose Kündigung. Für die WAZ war er gestern nicht zu erreichen, um persönlich zu den Vorwürfen Stellung zu nehmen. Sein Handy war ausgeschaltet.

"Reine persönliche Verfehlung"

Die Verantwortlichen bei der Stadt äußerten ihr Unverständnis für Rinas’ mutmaßlichen Verfehlungen. Vor allem fällt es schwer, für die Vorwürfe rund um die Lebensmittel Worte zu finden. Rinas erhielt als Geschäftsführer ein Jahressalär jenseits der 100.000 Euro, zuletzt veröffentlicht wurde ein Jahresgehalt von 111.933 Euro für das Jahr 2011. „Wir fragen uns, warum das sein musste“, so Dezernent Ernst. „Das versteht kein Mensch.“

Die Betonung gestern lag immer wieder auf „rein persönliche Verfehlungen“. Der Rausschmiss von Heinz Rinas als Geschäftsführer bei den Mülheimer Seniorendiensten kam so auch äußerst überraschend. Rinas war ein zupackender Geschäftsführer in grauseligen Zeiten für die mit Millionen-Unterdeckung arbeitende Stadttochter, die mit 385 Wohnheimplätzen in den drei Häusern Kuhlendahl, Auf dem Bruch und Gracht größter Anbieter in Mülheim ist.

Nur aufgrund „persönlicher Verfehlungen“

„Unsere Entscheidung hat nichts mit den Häusern zu tun, da sind wir besser als früher aufgestellt“, betonte Aufsichtsratschef Rainer Hartmann gestern unmittelbar nach der Entscheidung seines Gremiums über die fristlose Kündigung von Rinas. Man sei „sehr zufrieden“ mit Rinas gewesen, betonte auch der Chef der städtischen Beteiligungsholding, Dr. Hendrik Dönnebrink. „Wir haben heute eine Top-Infrastruktur, Organisation und Pflege in den Häusern sind gut. Da macht einen das persönliche Fehlverhalten nachdenklich.“ Neu-Geschäftsführer Alexander Keppers spricht von einer Auslastung von aktuell 98 % – „davon“, so Aufsichtsratschef Hartmann, „hat man früher nur geträumt.“

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So ist laut Dönnebrink heute auch die Erlössituation „top“. Weiter drücken jedoch die im Vergleich zu privaten Anbietern hohen Personalkosten (auch wegen des hohen Altersdurchschnitts der Mitarbeiter) und die aus dem Ruder gelaufenen Kosten für die Sanierung von Haus Kuhlendahl. Nichtsdestotrotz attestiert Dönnebrink dem geschassten Rinas, der in der Phase der akuten Krise die Geschäfte übernommen hat, gute Arbeit.

In alle drei Häuser ist investiert worden, das Haus Kuhlendahl hat Rinas konzeptionell zur „Wellness Oase“ entwickelt. Rinas hat auch die Weiterqualifizierung der Mitarbeiter vorangetrieben. „Im Ergebnis“ so Dönnebrink, hätten diese Dinge dazu geführt, dass sich die Noten für die drei städtischen Einrichtungen in der MDK-Bewertung „sehr gut entwickelt haben“. Viel Lob für Rinas. Wären da nicht die „persönlichen Verfehlungen“ gewesen, die ihm die Stadt nun zur Last legt.