Mülheim. . Das Landgericht Duisburg startet zur Schadenersatzklage gegen den Ex-Chef der Mülheimer Seniorendienste, Heinz Rinas, heute die Beweisaufnahme.

Zur Schadenersatzklage der städtischen Seniorendienste gegen Heinz Rinas, ihren 2013 fristlos entlassenen Geschäftsführer, startet heute eine umfangreiche Beweisaufnahme. Das Landgericht Duisburg hat 14 Zeugen geladen.

Die städtische Tochtergesellschaft fordert von Rinas, der von 2011 bis Sommer 2013 für sie wirkte, mindestens 278 000 Euro Schadenersatz. Sie hatte die Klage eingereicht, um nicht Gefahr zu laufen, dass ihre vermeintlichen Ansprüche verjähren. Denn die parallel beim Landgericht eingereichte Anklage der Staatsanwaltschaft gegen Rinas wegen des Verdachts der Korruption und der Untreue (128 einzelne Tatvorwürfe) wartet weiter auf einen Verfahrensauftakt. Mit der zivilrechtlichen Klage verfolgt die Stadttochter nun das Ziel, per Gericht auch feststellen zu lassen, dass Rinas den beklagten Schaden vorsätzlich verursacht hat.

Liste der Vorwürfe ist lang

Sie wirft Rinas vor, er habe sich auf ihre Kosten bereichert. Die Liste der Vorwürfe ist lang: Rinas soll Aufträge an Freunde und Bekannte vergeben und von den beauftragten Unternehmen im Gegenzug Bestechungsgelder kassiert haben. Er soll Mitarbeiter der Seniorendienste für seine privaten Zwecke eingesetzt haben, seinen privaten Telefonanschluss über seine Arbeitgeberin abgerechnet haben und unvertretbare unternehmerische Entscheidungen bei der Auslagerung von Wäscherei und Hausreinigung der drei städtischen Seniorenheime getroffen haben. Ferner soll Rinas auf Kosten der städtischen Gesellschaft privat eingekauft haben. Auch wird ihm vorgeworfen, er habe Lebensmittel und Sachvermögen des Unternehmens für ein von ihm privat verfolgtes Hilfsprojekt in Mazedonien zweckentfremdet.

278 000 Euro plus eine Summe X fordert die Stadttochter von Rinas. Die „Summe X“ bezieht sich laut Gericht auf Schäden, die den Seniorendiensten entstanden sein sollen, weil der Bund wegen unsachgemäßer Verwendung Fördermittel für ein Projekt zurückverlangt haben soll. „Die Klägerin behauptet, der Schaden sei insgesamt deutlich höher, und macht den Betrag als Teil des Gesamtschadens geltend“, hatte ein Sprecher des Landgerichtes nach Eingang der Klage vor rund einem Jahr schriftlich mitgeteilt.

Zeitaufwändige Beweisaufnahme

Heute nun wird das Gericht zwei Themenkomplexe beleuchten: die Lebensmittel-Einkäufe und die vermeintlichen Verfehlungen hinsichtlich Rinas’ Mazedonien-Engagement. Das Gericht stellt sich offenbar auf eine zeitaufwändige Beweisaufnahme ein, der Gerichtssaal ist ab 9 Uhr ganztägig blockiert.

Kein Wunder. Allein die Lebensmittel-Frage erfordert reichlich Detailarbeit. Das Landeskriminalamt hatte einst allein 73 Aldi-Quittungen aufgeführt, denen der Verdacht der Untreue anhafte. Sie sollen angeblich belegen, dass sich Rinas trotz rund 120 000 Euro Jahresgehalt plus Dienstwagen private Einkäufe hat vom Buchhalter der Seniorendienste erstatten lassen. Da geht es um eine Packung Kaugummis oder Vitamin-Brausetabletten, andere Male um zwei Schokohasen am Stil, eine italienische Holzofenpizza, eine Flasche Essigreiniger oder einen Fenchel. . .

Keine Stellungnahme

Zu diesen Vorwürfen haben Rinas und sein Mülheimer Anwalt Andreas Schmidt auf Anfrage dieser Zeitung in der Vergangenheit keine Stellung nehmen wollen. Das gilt auch für die Causa Mazedonien. In der Anklage zum Korruptionsverdachtsfall Rinas spielt Mazedonien eine große Rolle. Hilfstransporte und Pläne für den Bau eines Altenheims dort waren von den LKA-Ermittlern kritisch gesehen worden.

Das von Rinas betriebene Hilfsprojekt stand dabei im Verdacht, verquickt zu sein mit Untreue, Korruption und Steuerhinterziehung. Etwa hatten zwei Lebensmittellieferanten, ein Fleischlieferant und ein Raumausstatter in der Summe mindestens 35 000 Euro für das Hilfsprojekt gespendet. Die Ermittler sahen darin mögliche Bestechungszahlungen, weil Rinas den Unternehmen vermeintlich größere Aufträge zugeschustert haben soll – und das ohne zwingend vorgeschriebenes öffentliches Vergabeverfahren.

<<< 87 PUNKTE

Am ersten Verhandlungstag zur Schadenersatzklage am 8. September deutete der Vorsitzende Richter an, dass er den Großteil der städtischen Forderungen gegenüber Rinas für berechtigt hält.

Dabei hielt das Gericht der Beklagtenseite vor, im schriftlichen Vorverfahren, aber auch in der Sitzung selbst zu kaum einem der 87 vorgetragenen Punkte der Klage substanziellen Vortrag erbracht zu haben, der geeignet sei, Rinas von einer Schadenersatzpflicht freizusprechen.