Gladbeck. Sonja Jung und Stefanie Riffer aus Gladbeck imkern wesensgemäß. Das Konzept der Frauen ist auch für den ZBG interessant – aus gutem Grund.

Viele Menschen in Gladbeck halten sich Tiere: Hund und Katze, Maus und Hamster, Vogel und Fisch; und wem’s gefällt: auch Spinnen und Schlangen. Sonja Jung und Stefanie Riffer aus Gladbeck haben abertausende Tierchen, um die sie sich kümmern. Ja, ganze Völker. Die beiden Hobby-Imkerinnen widmen sich mit Leidenschaft ihren Bienenvölkern. Aus gutem Grund und anders, als es viele Gleichgesinnte tun. Auf das Konzept des Duos ist jetzt auch der Zentrale Betriebshof Gladbeck (ZBG) geflogen.

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Bienen- und Insektensterben, schwindende Artenvielfalt, ein Element der Biodiversität: Diese alarmierenden Schlagworte ploppten in jüngster Zeit immer wieder in der Öffentlichkeit auf. Sonja Jung und Stefanie Riffer entdeckten die Imkerei für sich, als sie gemeinsam einen Kurs zur Bienenhaltung besuchten. Und prompt hatte sie das Thema so sehr angepiekt, dass sie seit dem Jahr 2021 in ihrer Freizeit imkern.

Gladbecker Imkerinnen: „Bei uns dürfen Bienen so leben, wie die Natur es vorgesehen hat“

Einfach nur als Hobby, wie sie betonen. Diese Passion ist allerdings sehr zeit- und arbeitsintensiv. Erst recht, wenn man sich – wie die beiden Gladbeckerinnen – für eine spezielle Herangehensweise entschieden hat. Die 52-jährige Sonja Jung erklärt: „Wir imkern wesensgemäß. Bei uns dürfen die Bienen so leben, wie es die Natur vorgesehen hat.“ Die emsigen Insekten bauen sich beispielsweise ihre Waben selbst. „Die Bienen bekommen eine Art Bilderrahmen“, erläutert Jung. In diesem Gerüst stellen die Tierchen ihre Waben her. Anders als Ertragsbienen, die so etwas wie ein Fertighaus bekommen.

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Ein Blick ins Zuhause der Bienen, um die sich die Gladbeckerinnen Stefanie Riffer und Sonja Jung kümmern.
Ein Blick ins Zuhause der Bienen, um die sich die Gladbeckerinnen Stefanie Riffer und Sonja Jung kümmern. © FUNKE Foto Services | Heinrich Jung

Die „Kiste“, also die Behausung der Insekten, nennen Fachleute Beute. Sonja Jung erzählt: „Meine stehen im Garten, Steffis auf ihrer Terrasse.“ Ein weiteres Volk hat sein „Zuhause“, die Basis, auf einer Bienenwiese in Butendorf.

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Der Wortbestandteil „Ertrag“ deutet es schon an: Es schwirren solche und solche Insekten durch die Lüfte. Die 51-jährige Stefanie Riffer stellt klar, dass bei ihren wesensgemäß belassenen summenden Völkern nicht „so viel zu ernten“ ist wie bei anderen Imkern. Und weil Mutter Natur so etwas wie chemische Präparate nicht im Repertoire hat, „behandeln wir unsere Völker nicht medizinisch“. Das heißt aber keinesfalls, dass ihre Schützlinge stets putzmunter wie weiland Biene Maja und Willi in Kindergeschichten durch die Gegend fliegen. „Die Bienen aus wesensgemäßer Imkerei sind nicht robuster als andere“, so die 51-Jährige, auch diese Völker können krank werden. Aber: „Wir achten auf jede einzelne Biene.“

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Ein klassischer Imker ernte zweimal im Jahr, im Mai und im Sommer. „Wir nur einmal im Jahr. Bei zwei Völkern kommen wir auf knapp 15 Kilo“, vergleicht die Gladbeckerin, von Beruf Zertifiziererin. Um den Ertrag – sprich: möglichst viel Honig – geht’s den beiden, die vier Bienenvölker besitzen, aber nicht. Sonja Jung, die in einem Duisburger Stahlgroßhandel arbeitet, berichtet: „Wir kennen uns seit dem Kindergarten. In der Corona-Zeit saßen wir zusammen im Garten. Da hat Steffi vorgeschlagen: Lass’ uns doch mal einen Imker-Kurs machen.“ Gesagt, getan – und bei den Waben geblieben.

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„Ich versuche, so gut es geht, der Natur etwas Gutes zu tun“, so Riffer. Bei den beiden Imkerinnen dürfen Hecken und Pflanzen wachsen, wie es die Schöpfung vorgesehen hat. Und so entstehen kleine Paradiese für Insekten auf Gladbecker Boden. Nachbarn, die sich über wucherndes Grün beschweren? Nein! Im Gegenteil. Sie freuen sich über die gute Ernte. Denn dank der fleißigen Bienchen sind Bäume im Umfeld gut bestäubt.

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Auf dem Weg zur „Bienenwiese“ (v.l.): ZBG-Fachbereichsleiter Ralf Sonnenberg, Betriebsleiter René Hilgner erster Betriebsleiter, die Imkerinnen Stefanie Riffer und Sonja Jung sowie Baumschulmeister Andreas Erwig.
Auf dem Weg zur „Bienenwiese“ (v.l.): ZBG-Fachbereichsleiter Ralf Sonnenberg, Betriebsleiter René Hilgner erster Betriebsleiter, die Imkerinnen Stefanie Riffer und Sonja Jung sowie Baumschulmeister Andreas Erwig. © FUNKE Foto Services | Heinrich Jung

Ralf Sonnenberg, Grün-Fachmann beim Zentralen Betriebshof Gladbeck, führt aus: „Je weniger Insekten, desto weniger Bestäubung. Das kann zu massiven Ernteausfällen führen.“ Der Zufall habe ihn und die Bienen-Expertinnen zusammengebracht. Ganzheitliches Gärtnern, Zukunftsbäume, insektenfreundliche Wiesen: In diesem Rundum-Programm, das gegen den Verlust der Artenvielfalt wirken soll, passt die wesensgemäße Imkerei wie der Honig zum Frühstücksbrötchen.

Gut 50 Pflanzen auf der Wiese

Mehr als 50 Pflanzen wachsen auf der Bienenweide des Zentralen Betriebshofs Gladbeck (ZBG). Kornblume, Hornklee, Malve, Thymian, Färberkamille, Acker-Dill, Lungenkraut, Flockenblume, Sonnenblume, Wilde Möhre, Glockenblume und viele Blumen mehr sollen Bienen und anderen Insekten Appetit machen. Manche der Pflanzen, wissen Sonja Jung und Stefanie Riffer, sind für eine besondere (Wild-)Bienenart interessant, beispielsweise die Knautia, auch Witwen- oder Knopfblume genannt.

Ein Areal von 3000 bis 4000 Quadratmetern auf dem Gelände der betriebseigenen Baumschule ist eingezäunt. Ralf Sonnenberg, ZBG-Leiter für Grünflächen- und Friedhofsunterhaltung, weist ausdrücklich darauf hin: „Dieser Bereich ist für die Öffentlichkeit nicht zugänglich. Die Bienen sollen ihre Ruhe haben.“ Daher „stehen sie auch sehr geschützt“.

„Die beiden Damen suchten eine Fläche“, so Sonnenberg rückblickend. Der ZBG hatte eine solche, die er zur Verfügung stellen kann. Jungs und Riffers Bienen sind schon in ihr Domizil auf dem Baumschulgelände eingezogen. Sonnenberg: „ZBG-Mitarbeiter haben den Bereich vorbereitet und das richtige Saatgut gesät.“ Der Arbeitstitel lautet „Bio-Bienen“.

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Bei der Neugestaltung der Vogelinsel in Wittringen wurde ebenfalls darauf geachtet, dass dort für Insekten verlockende Pflanzen wachsen.
Bei der Neugestaltung der Vogelinsel in Wittringen wurde ebenfalls darauf geachtet, dass dort für Insekten verlockende Pflanzen wachsen. © FUNKE Foto Services | Frank Oppitz

Der ZBG bemüht sich auf verschiedenen Wegen um Diversität. Für Sonnenberg „schließt sich der Kreis“ mit Blick auf die Vogelinsel in Wittringen. Neuerungen wurden umgesetzt. Die Vogelinsel soll auch zur Schmetterlingsinsel werden.

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Betriebsleiter René Hilgner: „Es freut uns, mit dieser Aktion einen weiteren Beitrag zur Nachhaltigkeit zu leisten, denn Bienen erfüllen einen wichtigen Baustein im Ökosystem. Sie sind von großer Bedeutung für die biologische Vielfalt. Nach dem Insektenhabitat auf der Vogelinsel freuen wir uns über eine weitere Maßnahme zum Erhalt der Biodiversität.“

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