Gladbeck. Klimawandel ist kein neues Phänomen, wohl aber das Maß an Aufmerksamkeit für das Thema. In Gladbecker Köpfen hat sich einiges geändert.
Erderwärmung, Klimawandel, Nachhaltigkeit – Schlagworte, deren Inhalte heutzutage wohl allen Menschen hierzulande bekannt sein dürften. Dabei sind die Umwelt-Veränderungen für die Menschheit kein neues Phänomen. Doch Jürgen Harks, Leiter der städtischen Umweltabteilung in Gladbeck, stellt fest: Im Laufe der Jahre hat sich in den Köpfen einiges getan. Bei allen Bemühungen sei eines gefordert: langer Atem. Denn: „Uns darf nicht die Puste ausgehen!“
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Ereignisse wie Hitzesommer mit seinen Folgen – man denke an gestresste Bäume – oder im Juli die Flutkatastrophe in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz haben offenbar in der Bevölkerung ihre Spuren hinterlassen. Harks: „Der Klimawandel ist nun spürbar!“ Daraus resultiert: „Man merkt allmählich das Bewusstsein, dass Veränderungen und entsprechende Maßnahmen unbedingt hermüssen. Im Prinzip ist das jetzt gesellschaftlicher Konsens.“
Klimawandel und Nachhaltigkeit wird eine höhere Priorität eingeräumt – auch in Gladbeck
Das sei längst nicht immer der Fall gewesen, meint Harks im Rückblick: „Das Thema fristete vor Jahren ein Nischendasein, mittlerweile hat es allgemein eine höhere Priorität. Klimawandel hat eine wichtigere Bedeutung als früher – und zwar quer durch alle gesellschaftlich relevanten Gruppen.“ Schließlich sind ökologische Fragen nicht erst jetzt, ganz plötzlich, auf die Agenda gesetzt worden. Projekte wie Innovation City „machen die Dringlichkeit deutlich“.
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Harks meint: „Ich sehe Gladbeck auf einem guten Weg. Wir versuchen immer, das Gaspedal durchzutreten und Tempo zu machen. Aber die Bewältigung der Herausforderungen ist ein Marathon, kein Sprint.“ Einiges ist nach Experten-Einschätzung im Fluss, „aber wir dürfen uns nicht ausruhen“.
Fachmann Jürgen Hark: „Maßnahmen lassen sich nicht verordnen!“
Harks ist felsenfest davon überzeugt: „Die Aufgabe, die wir stemmen müssen, ist so groß, dass sich Maßnahmen nicht verordnen lassen.“ Alle müssen an einem Strang ziehen. Daher verfolge die Stadtverwaltung eine „Mischung aus Fördern und Fordern“. Ein Beispiel für die Anreiz-Strategie: Um der Verbreitung von Steingärten entgegenzuwirken und statt dessen Grün zu begünstigen, fließt Geld. „Bis zu 800 Euro pro Vorgarten“, ruft Harks in Erinnerung.
Klingende Münze soll auch die Dachbegrünung voranbringen. Fifty-fifty tragen Bürger und Land die Kosten – das ist die Motivation. Die Pflichtseite: „Wir machen Begrünung in den Bebauungsplänen verpflichtend.“
Fachkräftemangel im Handwerk macht sich bemerkbar
Gepaart sei das Einbinden der Bürgerschaft mit umfassenden Informationen – und offenbar geht das Konzept auf, wie Harks am Beispiel Innovation City zu berichten weiß: „Photovoltaik und Dämmung kommen sehr gut an. Bei Haus-zu-Haus-Beratungen wird geguckt: Wo bestehen noch Potenziale?“ Im Quartier Rentfort-Nord seien bereits alle Interessenten erreicht worden, „für die Innenstadt sind wir noch nicht durch“. Die Instrumente hätten sich dermaßen bewährt, dass sie ebenfalls für das anstehende dritte Quartier Brauck-West/Butendorf angewandt werden sollen.
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Aktuelles Problem: „Der Bedarf an klimafreundlichen Lösungen steigt in der Bevölkerung. Aber wir merken, dass die Auftragsbücher der Handwerker voll sind. Für Bürger ist es derzeit schwierig, Angebote und Beratung zu bekommen.“ Der Fachkräftemangel auf diesem Sektor wirke sich bremsend aus.
Nachhaltigkeit in der Verwaltung
Sichtbar für einen Aspekt nachhaltigen Handels in der Stadtverwaltung Gladbeck sei die fortschreitende Elektrifizierung des hauseigenen Fuhrparks, inklusive Zentraler Betriebshof. Der Anteil der strombetriebenen Fahrzeuge steige. „Diesen Prozess wollen wir fortsetzen“, so Umwelt-Fachmann Jürgen Harks.
Auch durch den Einsatz von Lastenrad und E-Bike habe sich die Mobilität in der Verwaltung geändert. Die verstärkte Digitalisierung biete zudem aus ökologischer Sicht Vorteile, ermögliche beispielsweise Einsparungen beim Papierverbrauch.
Was sich finanziell lohne, sei jedoch nur ein Aspekt, der Nachhaltigkeit und Umweltfreundlichkeit potenziell einen Schub verleiht. Alle können persönlich einen Beitrag leisten. Nur, so ist es Harks durchaus bewusst: „Man muss auch etwas an eingefahrenen Gewohnheiten verändern.“ Mal eben das Auto stehenlassen und flugs in die Bahn gestiegen – das dürfte nur theoretisch funktionieren. Der ÖPNV müsse für einen derartigen Systemwechsel gerüstet sein.
Dass die derzeit exorbitanten Energiepreise langfristig die Mobilität auf eine andere Schiene setzen, erwartet Harks nicht: „Mittelfristig werden die Menschen vielleicht umdenken, aber auf Dauer wird das nicht funktionieren. Man muss Lust auf ÖPNV haben und nicht gezwungen sein.“ Mit Druck, so Jürgen Harks’ Credo, lässt sich nachhaltig wohl kaum etwas bewegen.