Gladbeck. Hitze und Trockenheit machen Mensch und Natur zu schaffen. Die Stadt Gladbeck ergreift Maßnahmen dagegen. Doch ohne die Bürger geht’s nicht.
Schon der bloße Blick auf die Grafik lässt einem einen Schauer des Entsetzens über den Körper laufen. Wohl nur diejenigen, die beim Thema „Klimawandel“ einigermaßen abgebrüht sind, bleiben angesichts der massiven Entwicklungen cool. Was einst auf der Stadtkarte für Gladbeck in sattem Grasgrün dargestellt war, leuchtet nun tieforange bis feuerrot – plakativ ersichtlich der Anstieg der Temperaturen. Die Stadtverwaltung stielt diverse Maßnahmen ein, um Hitzeinsel, Trockenheit sowie Gesundheitsrisiken entgegenzuwirken. Doch Fachmann Jürgen Harks betont: Ohne Eigenverantwortung und Engagement aller Menschen in Gladbeck funktioniert’s nicht.
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Die Situation sei klimatechnisch in der Innenstadt „sehr ungünstig“, stellt Harks, Leiter der Umweltabteilung im Rathaus, unverblümt fest, „aber auch kleine Teile von Zweckel sind betroffen.“ Wo sich eine sehr dichte Bebauung befindet, klettern die Außentemperaturen, stauen sie sich, entstehen Hitzeinseln. Der Experte nennt beispielhaft Bereiche der Horster Straße. Auf der Karte für die Zeitspanne 1921 bis 2050 sind diese hohen Temperaturen in alarmierenden Orange- bis Rottönen markiert. Harks: „Es ist davon ausgehen, dass der Klimawandel fortschreitet.“ Vielleicht sogar schneller und dramatischer als prognostiziert.
Die Stadtverwaltung in Gladbeck hat ein Bündel von Maßnahmen geschnürt, um dem Klimawandel entgegenzutreten
Aber der Mensch sei diesem Vorgang nicht hilflos ausgeliefert und müsse tatenlos zuschauen. Harks spricht von einer riesigen, gesamtgesellschaftlichen Herausforderung und appelliert an die Selbstverantwortung aller. Bei dieser „Daueraufgabe“ über Jahrzehnte könne – ja, müsse sogar – jeder einen Beitrag leisten, damit das Paket von Einzelschritten fruchten kann. „Ein wichtiges Thema ist die Sensibilisierung der Bevölkerung für dieses Thema.“
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Ja, richtig, von einem ganzen Paket ist die Rede. Wie Harks unterstreicht, gibt es nicht das eine Patentrezept, um Klima und Umwelt zu heilen. Der Fachmann verrät: „Aktuell warten wir auf den Förderbescheid für ein Konzept zur Klimaanpassung.“ Was genau geplant sein könnte, um Hitzestress zu mildern, da mag Harks nicht vorgreifen. Aber es ist ja nicht so, als wenn es noch keine Ansatzpunkte gäbe.
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Zuoberst steht nach Ansicht des Abteilungsleiters, „dass der Klimawandel in den Köpfen der Bürger ankommt“: „Die Menschen merken jetzt, wie sich der Garten verändert, wie Pflanzen mit der Trockenheit zu kämpfen haben.“ Ganz zu schweigen von den eigenen körperlichen Belastungen aufgrund der Hitze. Wäre das nicht ein Aspekt, an den die Stadtverwaltung anknüpfen könnte? Sonnencreme, Kopfbedeckungen und Trinkwasser gratis für alle? Der Spezialist klingt skeptisch: „Es kann nicht Aufgabe der Stadt sein, Sonnenschutz zu verteilen, jeder muss persönlich Sorge tragen.“ Sich schützen, genug trinken, in der Backofenhitze keine unnötigen schweißtreibenden Aktivitäten. Zu dieser Eigenverantwortung rechnet Harks auch die Fürsorglichkeit gegenüber Mitmenschen. Unter die vulnerablen, also besonders verletzlichen, Gruppen fallen Obdachlose: „Kühle Räume sind sicherlich auch ein Thema im Klimaanpassungskonzept.“
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Nicht ganz Gladbeck liegt wie auf dem Grill. Erholsame Stellen können Grünanlagen sein, zum Beispiel der Nordpark. Bei der städtebaulichen Entwicklung habe die Verwaltung ein wachsames Auge aufs Klima. „Wir halten Grünzüge frei, berücksichtigen Straßenbäume wie an der Wiesmannstraße“, so Harks. Und dann gibt’s ja noch die mobilen Bäume, Wunschexemplare für Anwohner. Sie stehen bereits an der Frieden-, Diepenbrock- und Bahnhofstraße sowie seit kurzem 20 neue an der Vehrenbergstraße. Dabei muss es nicht bleiben: „Wir sind kontinuierlich dabei, die mobilen Bäume auszuweiten. Wir freuen uns über weitere engagierte Nachbarn, die mitmachen.“ Interessenten können sich wenden an: Jörg Möller-Piontek unter der Telefonnummer 0 20 43/99 23 08.
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Im bunten Strauß der Aktionen fürs Klima stecken auch Maßnahmen wie die Förderung von Gründächern, die Verteilung von insektenfreundlichem Saatgut und ein Förderprogramm zur Entsiegelung von Gärten. Harks gibt zu: „Es ist schon eine Herausforderung, Eigentümer zu animieren, dass sie ihre Schottergärten zurückbauen.“ Seit kurzem stehen in der Innenstadt Hochbeete, die Urbanes Gärtnern ermöglichen, im Bürgerpark Butendorf wurde eine Sandfläche mit nährstoffarmem Boden und Totholz für Insekten angepasst. Nicht zu vergessen die Vogelinsel in Wittringen, auf die künftig Schmetterlinge fliegen sollen.
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Harks ist sicher, dass Biodiversität, also Artenvielfalt, im Bewusstsein der Menschen an Bedeutung gewinnen wird. Im Zentrum der Überlegungen sieht der Fachmann die Frage: „Wo kann man Lebensqualität und Naturschutz zusammenbringen?“ Es müsse kein „Entweder...Oder“ sein.
Mehr Förderanträge gestellt
Mit Blick auf die Gesamtzahl von Anträgen zur energetischen Sanierung und Förderung zur Installation von Photovoltaik-Anlagen (PV) meldet Jürgen Harks, Leiter der städtischen Umweltabteilung Gladbeck, nach sechs Monaten bereits ein Investitionsvolumen von 2,1 Millionen Euro. „Sonst 1,5 Millionen Euro in zwölf Monaten!“
Anstatt 140 Anträge in den Vorjahren stellten Gladbecker nun schon 280 nach sechs Monaten, so der Fachmann. Primär handele es sich um PV-Anlagen und Klein-PV. Aber auch einige Wärmepumpen und viele andere Sanierungen seien unter den Anträgen.
Diese beziehen sich auf das gesamte Gladbecker Stadtgebiet. Jürgen Harks: „Man kann aber sagen, dass es sich aktuell ungefähr 50 Prozent auf die InnovationCity-Quartiere und zu den anderen 50 Prozent auf die stadtweite PV-Förderung verteilt.“
Das Thema „Energie“ raubt manchen Gladbeckern den Schlaf wie eine hochsommerliche Nacht. Gestiegene Energiekosten und Heizungsgesetz verursachen ihnen eine Gänsehaut. Harks registriert, dass manche Menschen längst die Initiative ergriffen haben – und das sind nicht wenige. „Wir haben ein Rekordhoch an Anfragen: Photovoltaik, Balkonkraftwerke, Energiekosten. Deutlich häufiger nachgefragt als früher sind Wärmepumpen.“
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Angesichts all’ dieser Anstrengungen zeigt sich Jürgen Harks zuversichtlich, „dass wir die Herausforderungen des Klimawandels bewältigen.“ Unter einer Voraussetzung: „Das gelingt nur im Einklang von Verwaltung und Bürgerschaft.“