Gladbeck. Das Naturschutzgebiet Natroper Feld zählt zu den elf Naturschutzgebieten in Gladbeck – hat aber eine spezielle Besonderheit. Wie es dazu kam.

Die elf Naturschutzgebiete, die es in Gladbeck gibt, sind nicht selten eine Folge der Bergbautätigkeiten – wie die Naturschutzgebiete Natroper Feld in Brauck und Rheinbabenhalde in Ellinghorst. Das eine „Natur-Reservat“ entstand durch Auswirkungen des Bergbaus, das andere ist gar ein Produkt des Kohleabbaus, so Grünexperte Dr. Dieter Briese, ehemaliger Umweltschutzbeauftragter der Stadt. Was teils zu unglaublichen Phänomenen führe – wie eine Flora mitten in Brauck, die einer an der Nordseeküste ähnelt.

Das Natroper Feld ist das einzige der elf Gladbecker Naturschutzgebiete, das im Stadtteil Brauck liegt. Es zählt mit knapp 13,6 Hektar aber zu den größeren in der Stadt. Es ist ein schmales, sehr langgestrecktes Gebiet zwischen der Mottbruchhalde auf der einen sowie der Welheimer Straße und dem Nattbach auf der anderen Seite. „Das Natroper Feld ist so etwas wie Natur aus zweiter Hand und durch die Aktivitäten der benachbarten Zechen entstanden“, berichtet Briese.

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Das Natroper Feld hat durch salzhaltiges Haldenwasser eine Nordsee-Flora

Es besteht aus brachgefallenem Feuchtgrünland und aus ungenutzten Flächen zwischen den Halden der „Braucker Alpen“. Aufgrund der Unebenheiten im Gelände, so der Umweltexperte, sei der Grundwasserstand in einigen Bereichen sehr hoch. Dies habe zur Ausbildung von sumpfigen Bereichen und Tümpeln geführt. Röhrrichtflächen bestimmten die Vegetation auf den teils schwer zugänglichen Flächen.

Am Fuße der Mottbruchhalde gelegen, hat sich im Senkungsgebiet des Natroper Feldes zum Teil eine Binnensalzflora gebildet.
Am Fuße der Mottbruchhalde gelegen, hat sich im Senkungsgebiet des Natroper Feldes zum Teil eine Binnensalzflora gebildet. © FUNKE Foto Services | Michael Korte

„So finden Arten wie der Sumpfrohrsänger oder die Wasserralle einen geschützten und ungestörten Lebensraum“, freut sich der Grünschützer, „Grasfrosch, Grünfrosch, Kreuzkröte und Teichmolch gehören ebenfalls zu den Bewohnern der feuchten Bereiche.“ Aber auch zahlreiche Libellenarten fänden dort ihren Lebensraum.

Am Fuße der Mottbruchhalde findet sich eine Vielfalt von Biotop-Strukturen

Durch die angrenzende nur durch einen Rad-Wanderweg getrennte Mottbruchhalde gelangen, so Briese, salzhaltige Sickerwässer in das Gebiet, was zu einem erstaunlichen Effekt geführt habe: So habe sich stellenweise eine Binnensalzflora gebildet, „die eigentlich nur an der Nordseeküste zu Hause ist und im hiesigen Raum selten vorkommt“. Meerbinse und Strandaster, sonst an der See zu finden, seien von Botanikern im Natroper Feld nachgewiesen worden, freut sich der Naturfreund. Die Grünlandbrachen seien stark verwildert und würden von verschiedenen Schmetterlings- und Heuschreckenarten besiedelt.

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Insgesamt existieren im Naturschutzgebiet Natroper Feld, so Briese, eine Vielfalt von Biotop-Strukturen. Auch die Wechselbeziehungen mit der angrenzenden trockenen Haldenböschung, geprägt durch immer wieder erneuerte Biotope, seien wertvoll und böten zahlreichen seltenen Tier- und Pflanzenarten einen Lebensraum. Briese: „Aufgrund der Größe, des Artenreichtums und der vielfältigen Strukturelemente ist dieses Naturschutzgebiet sehr bedeutsam und unverzichtbar – sowohl in seiner ökologischen wie landschaftsästhetischen Bedeutung.“

Naturschutzgebiet Rheinbabenhalde punktet als menschengemachter Extremstandort

Die baumbestandene Halde Rheinbaben in Gladbeck ist eines von elf Naturschutzgebieten in der Stadt.
Die baumbestandene Halde Rheinbaben in Gladbeck ist eines von elf Naturschutzgebieten in der Stadt. © FUNKE Foto Services | Michael Korte

Deutlich größer als das Natroper Feld ist mit gut 20 Hektar das Naturschutzgebiet Rheinbabenhalde zwischen der A 2, der Boye als Grenze zu Bottrop und der Beisenstraße – ebenfalls ein Produkt des Bergbaus. Sie ragt steil aus dem Boyetal auf und ist, so Briese, ein Extremstandort, wie viele andere Halden im Ruhrgebiet auch.

Die Böden seien zeitweise extrem trocken und teilweise sauer, so dass sich entsprechend angepasste Pflanzenarten angesiedelt hätten. Als Pioniergehölz habe sich die Birke großflächig ausgebreitet und bilde einen Wald. Im Inneren des Waldes liegen feuchte Senken und Mulden. Sie seien, weiß der Naturfreund, im Frühjahr mit Wasser gefüllt und böten Laichplätze, etwa den Kreuzkröten.

Die Rheinbabenhalde liegt abseits der üblichen Rad- und Wanderwege

Verschlungene Wege führen auf die Rheinbabenhalde – dem Naturschutzgebiet in Ellinghorst nahe der Stadtgrenze zu Bottrop.
Verschlungene Wege führen auf die Rheinbabenhalde – dem Naturschutzgebiet in Ellinghorst nahe der Stadtgrenze zu Bottrop. © FUNKE Foto Services | Michael Korte

Vor den Birkenbeständen habe sich auf dem sauren Bodenmilieu eine angepasste Krautschicht ausgebildet, die z.B. aus Drahtschmiele, Hainrispengras und dem Schmalblättrigen Weidenröschen besteht. Dr. Dieter Briese: „Aufgrund der Lage und der nur lockig bewachsenen Flächen ist die Halde insgesamt ein wichtiges Biotop für trockenheitsliebende Arten wie Reptilien, Stechimmen, Schmetterlinge und Heuschrecken.“

Die Halde liegt abseits üblicher Rad- und Wanderwege in Gladbeck, sie habe sich deshalb relativ naturnah entwickeln können, Störungen durch Besucher gebe es nur selten, so der Umweltschützer. Hin und wieder nutzten Hundebesitzer mit ihren Vierbeinern das Areal. Diese bittet der Umweltschützer, die wildlebenden Tiere nicht zu stören. Das Naturschutzgebiet solle sich auch künftig möglichst ohne menschliche Einflüsse entwickeln können, hofft Umweltschützer Briese.

Elf Naturschutzgebiete in Gladbeck

Gladbeck zählt elf Naturschutzgebiete – speziell gesetzlich geschützte Areale im Stadtgebiet. Die grünen Oasen sind zusammen rund 138 Hektar groß und machen gut 3,8 Prozent der Stadtfläche von 3600 Hektar aus. Sie bieten Tieren und Pflanzen eine Refugium, den Menschen sind sie eine Quelle der Erholung.Die Naturschutzgebiete sind in auf fast alle Stadtteile verteilt: Halde Ellinghorst, Zweckeler Wald und Rüdenheide, Möllers Bruch und Nattbachtal, Quälingsbachaue und Bloomsfeld, Boyetal Ost und West sowie Natroper Feld und Halde Rheinbaben. Mit dem Bericht über die beiden letztgenannten Naturschönheiten beendet die WAZ ihre Serie über die „grünen Kostbarkeiten“ in Gladbeck.

Hier finden Sie alle Teile der Serie „Naturschutzgebiete in Gladbeck“:

Erster Teil:Halde Ellinghorst

Zweiter Teil:Zweckeler Wald und Rüdenheide

Dritter Teil:Möllers Bruch und Nattbachtal

Vierter Teil:Quälingsbachaue und Bloomsfeld

Fünfter Teil:Boyetal-West und -Ost