Gladbeck. Entlang der Boye, an der Stadtgrenze zu Bottrop, erstrecken sich die Naturschutzareale Boyetal-West und -Ost. Warum sie für Kenner wertvoll sind.

Gleich zwei Naturschutzgebiete Gladbecks liegen am Rande des Grenzflüsschens Boye, das bis vor wenigen Jahren noch der Sammelkanal für die Abwässer aus weiten Teilen der Stadt war. Inzwischen renaturiert, ergänzt der grüne Zwei-Städte-Fluss zwischen Gladbeck und Bottrop nun die Naturschutzgebiete Boyetal-West und Boyetal-Ost. Beides sind feuchte Bergsenkungsgebiete – „menschengemachte“ Naturlandschaften, wie der Grünexperte Dr. Dieter Briese, ehemaliger Umweltschutzbeauftragter der Stadt, betont.

Beide Naturschutzgebiete, in deren Mittelpunkt jeweils ein großer Teich liegt, sind mit fünf Hektar ungefähr gleich groß. Im Boyetal-West, das sich recht abgeschottet zwischen A 2 und Hornstraße in Ellinghorst erstreckt, sind Störungen durch Besucher eher selten. Das Boyetal-Ost in Butendorf, nahe der Kösheide am Rande des Pelkumer Feldes zu finden, wird indes von einem viel genutzten Fuß- und Radweg durchquert, dessen Nutzer für reichlich Störungen und Beeinträchtigungen in der Natur sorgen, wie Umweltfachmann Briese beklagt.

In das Boyetal-West in Ellinghorst ist der Zugang nicht erlaubt

Naturschutzgebiet Boyetal-West, hier von der Bottroper Straße aus gesehen: Der Zugang in diese geschützte Landschaft ist nicht erwünscht
Naturschutzgebiet Boyetal-West, hier von der Bottroper Straße aus gesehen: Der Zugang in diese geschützte Landschaft ist nicht erwünscht © FUNKE Foto Services | Christoph Wojtyczka

Das Naturschutzgebiet Boyetal-West (seit 2001) im Schatten des Gewerbegebietes Hornstraße ist 5,06 Hektar groß und hat als zentralen Kern ein Gewässer mit ausgedehnten Röhrichtzonen – „ein wertvolles Biotop für Wasservögel und Vögel, die Gewässer lieben“, so Naturfreund Briese. Die Nachtigall komme in dem Gebiet vor, aber auch der Zaunkönig, die Rohrammer und der Sumpfrohrsänger.

Das Artenspektrum an Wasserinsekten, Schmetterlingen und Heuschrecken sei groß, Amphibien kämen aber nur untergeordnet vor. Experte Dr. Dieter Briese: „Es ist insgesamt gesehen ein hochwertiges Rückzugs- und Ausbreitungsbiotop.“ Flächen rund um den Teich seien, so der Umweltfreund, aus der Nutzung genommene Grünland- und Ackerbrachen.

Angler sorgen zum Unwillen der Naturschützer für Störungen am Ufer

Dr. Dieter Briese freut sich über die positiven Entwicklungen in den Naturschutzgebieten Boyetal-West und -Ost.
Dr. Dieter Briese freut sich über die positiven Entwicklungen in den Naturschutzgebieten Boyetal-West und -Ost. © FUNKE Foto Services | Heinrich Jung

„Wertvoll sind die artenreichen Gehölzstrukturen. Die Röhrrichtvegetation besteht hauptsächlich aus Schmalblättrigem und Breitblättrigem Rohrkolben, ebenso wachsen Hochstauden, Seggen und Binsen dort, aber auch die Schwimmblatt- und Unterwasservegetation ist wertvoll“, weiß der Naturexperte genau. Pflanzengesellschaften trockener Standorte finde man auf den Aufschüttungen oder den kleinen Dämmen. Der „alte Haarbach“ habe sich dort auch etwa 150 Zentimeter tief in das Gelände eingeschnitten und werde am Ufer durch Holunder, Eichen und Eschen gesäumt.

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Störungen durch Besucher beschränkten sich, so Briese, auf das illegale Angeln mit Beeinträchtigung der ökologisch sensiblen Uferbereiche des Teichs. „Mit einer gezielten Pflege- und Entwicklung kann das Gebiet für die Wasservögel, Wasserinsekten und Libellen weiterhin optimal gehalten werden“, urteilt der Experte.

Im Naturschutzgebiet Boyetal-Ost bekam die renaturierte Boye ein neues Flussbett

Viel Wasser gibt es im Naturschutzgebiet Boyetal-Ost am Rande des Pelkumer Feldes, da hier auch die renaturierte Boye durch ein neues Flussbett fließt
Viel Wasser gibt es im Naturschutzgebiet Boyetal-Ost am Rande des Pelkumer Feldes, da hier auch die renaturierte Boye durch ein neues Flussbett fließt © FUNKE Foto Services | Christoph Wojtyczka

Das Naturschutzgebiet Boyetal-Ost (ebenfalls seit 2001) ist 4,99 Hektar groß und liegt rund um das ausgeweitete Renaturierungsgebiet der Boye, die am Rande des Pelkumer Feldes ein neues, naturnahes Flussbett erhielt. Im Mittelpunkt liegt ein etwa 6000 Quadratmeter großer Teich, der aber – je nach Regenmenge – mal größer, mal kleiner sein kann, so Umweltschützer Briese. Auch der Gewässerrand im Schutzgebiet Boyetal-Ost besteht aus einem Röhrrichtsaum (Rohrglanzgras und Rohrkolben).

Es schließen sich, so Briese, ein lückiger Gehölzgürtel mit Hochstauden sowie zum Teil feuchte Grünlandflächen an. Auf Bottroper Stadtgebiet finde der Feuchtgebietskomplex seine Fortsetzung in einem geschützten Landschaftsbestandteil. Briese: „Natur und die Unterschutzstellung machen hier, wie bereits im Norden beim Naturschutzgebiet Rüden Heide, nicht vor den Stadtgrenzen halt.“

Die Boye-Renaturierung hat dem Naturschutzgebiet neues Potenzial gegeben

Das Naturschutzgebiet werde intensiv durch Amphibien besiedelt. „Hier laichen Kammmolch, Grasfrosch, Erdkröte, Kreuzkröte und verschiedene Grünfroscharten“, weißt der Naturfreund. Aber auch einige Muschelarten kämen dort vor, wie z.B. die Erbsenmuschel, Malermuschel oder die Gemeine Teichmuschel. Auch eine in unserer Landschaft seltene Vogelart, nämlich der Eisvogel, sei dort schon beobachtet worden, freut sich Briese.

Die Boye-Renaturierungsmaßnahmen führten laut Briese zu einer Vergrößerung der ökologisch wertvollen Flächen. „Hier wurde viel positives Potenzial der Natur zurückgegeben.“ Das Gebiet sei mit seiner „stillgewässertypischen Zonierung“ regional bedeutsam, gerade für die Standortspezialisten wie Muscheln, Libellen und Wasservögel. „Das angrenzende feuchte Grünland macht das Biotop zu einem ganzjährigem Lebensraum, zum Beispiel für Amphibien“, stellt der Umweltexperte zufrieden fest.

Hier finden Sie die ersten Folgen über die Naturschutzgebiete in Gladbeck:

1. Folge: Die Ellinghorster Halde – einst Müllkippe, jetzt ein Stück Urwald

2. Folge: Zweckeler Wald und Rüden Heide – zwei Schönheiten im Norden

3. Folge: Möllers Bruch und Nattbachtal – Kostenbarkeiten am Stadtrand

4. Folge: Quälingsbachaue und Bloomsfeld – Gladbecks grüne Hingucker