Gelsenkirchen. Harte Schläge mussten die beiden Zentren Gelsenkirchens zuletzt einstecken. Mit diesen Bausteinen hofft die Stadt jetzt gegensteuern zu können.

Angesichts der Schließungswellen, vor allem auf der Bahnhofstraße, aber auch aufgrund der Gestaltungsmöglichkeiten, die sich durch das geplante „Zukunftsquartier“ am alten Zentralbad-Gelände ergeben, diskutieren Politik und Verwaltung in Gelsenkirchen intensiver über die Zukunft der Innenstädte denn je. Während die Fraktionen im Stadtrat Papiere, Pressemitteilungen und Leitanträge zur Zukunft von Gelsenkirchens Zentren veröffentlichen (lesen Sie hierzu mehr hier, hier oder hier), betont Simon Nowack, Dezernent für Wirtschaftsförderung: „Wir müssen es jetzt hinbekommen, ein Gesamtkonzept zu bauen. Das ist eigentlich überfällig.“

Schnelleres Tempo bei der Umgestaltung der City verspricht sich Nowack durch personelle Aufstockung seiner Wirtschaftsförderung. Diese soll in diesem Jahr 7 zusätzliche Stellen bekommen, weitere sollen in den nächsten zwei Jahren folgen. Drei davon, die alleine für die Innenstädte gedacht sind, sollen in den nächsten Wochen und Monaten besetzt werden.

Wirtschaftsförderung: Darum soll sich das neue Personal in Gelsenkirchen kümmern

Dabei geht es um eine Stelle für urbane Produktion, die sich laut Nowack damit beschäftigen soll „Kleinproduktion und Landenhandwerk– vom Schmuckdesigner bis zur T-Shirt-Produktion – zurück in die Innenstädte zu holen“. Derartige Betriebe seien die vergangenen Jahrzehnte eher in Gewerbegebiete gedrängt worden. Ein weiterer Neuangestellter soll als direkter Ansprechpartner für die Gastronomie dienen. Eine dritte Stelle soll sich schwerpunktmäßig darum kümmern, einen – wenn die Förderbescheide so ausfallen wie erwartet – 1,1 Millionen Euro schweren Zuschuss vom Land zu koordinieren.

35 Millionen Euro stellt die schwarz-grüne Koalition im Rahmen ihres „Landesprogramms Zukunft Innenstadt“ insgesamt zur Verfügung. Gelsenkirchen erhält also voraussichtlich einen erheblichen Teil der Gesamtsumme, 20 Prozent muss die Stadt selbst tragen. Über das neue Programm soll die Stadt 2024 auf vier Ebenen unterstützt werden.

Simon Nowack, Dezernent für Wirtschaftsförderung in Gelsenkirchen: „Wir müssen es jetzt hinbekommen, ein Gesamtkonzept für die Innenstadt zu bauen. Das ist eigentlich überfällig.“
Simon Nowack, Dezernent für Wirtschaftsförderung in Gelsenkirchen: „Wir müssen es jetzt hinbekommen, ein Gesamtkonzept für die Innenstadt zu bauen. Das ist eigentlich überfällig.“ © FUNKE Foto Services | Michael Korte

Der größte Teil des Fördertopfes (50 Prozent) steckt in dem sogenannten „Verfügungsfonds Anmietung“. Damit wird quasi das „Sofortprogramm Innenstadt“ des Landes fortgesetzt, das Ende 2023 ausläuft. Das Konzept: Die Stadt mietet leerstehende Immobilien an und vermietet sie dann – zu einem deutlich geringeren Mietpreis – weiter. Über das Programm konnten in Gelsenkirchen acht Neugründungen unterstützt werden – vom „Schloß Stolzenfelz“ an der Ahstraße bis zum „Café Sorella“ an der Hochstraße oder, zuletzt, dem „Moon BabySpa“ an der Hauptstraße.

Dieses „Erfolgsrezept“ (Nowack) soll also 2024 fortgesetzt werden. Allerdings sollen damit nicht die bestehenden, über den bisherigen Anmietungsfond gestützten Läden weiterfinanziert werden, sondern neue Leerstände beseitigt werden. Wer bisher vom Sofortprogramm profitiert hat, muss also ab Ende dieses Jahres auf eigenen Beinen stehen. Stadtrat Nowack: „Was wir nicht leisten können, ist hier dauerhaft bei der Finanzierung einzusteigen, aber wir gehen im Herbst auf die Geförderten zu und beraten sie bei Bedarf, wie sie ihr Konzept noch tragfähiger machen können.“

Gelsenkirchen-Altstadt: Nachfolgenutzung von Primark und Kaufhof im Fokus

Mit dem zweiten Baustein des neuen Landesprogramms (etwa 18 Prozent des Fördergeldes) soll die Stadt dabei unterstützt werden, auszuloten, wie das Kaufhof- und das Primark-Gebäude auf der Bahnhofstraße zukünftig genutzt werden können. „Wir werden in Absprache mit den Eigentümern Studien beauftragen, die sich mit den Nachnutzungsmöglichkeiten befassen“, erläutert Nowack. Zwar gebe es, wie auch die WAZ berichtet hat, durchaus schon Interessenten für die Nachmietung der beiden Immobilien – allerdings beim Kaufhof nicht für alle Etagen. „Das Problem sind die Obergeschosse“, sagt Nowack. Büronutzung? Arztpraxen? Wohnungen? Was dort idealerweise entstehen kann, soll die übers Land geförderte Studie klären.

Visionen für die Innenstädte

Nowack ist zuversichtlich, dass sich beide Eigentümer, also im Falle vom Kaufhof die luxemburgische Apollo Holding und Primark selbst, kooperativ zeigen werden, wenn es um die Überlegungen zur Folgenutzung geht: „Die Gespräche mit beiden laufen derzeit gut.“ Als die jeweiligen Schließungen frisch verkündet wurden, beklagte die Stadt die zurückhaltende Kommunikation der Firmen noch.

Als drittes Element des Landesprogramms soll die Aufenthaltsqualität in Gelsenkirchens Zentren gesteigert werden. Sowohl in Buer als auch in der Altstadt kann die Stadt in neue Spielgeräte, Pflanzen, Sitzbänke oder Sonnensegel investieren, sobald das Fördergeld fließt. Etwa ein Viertel des Fördervolumens ist hierfür vorgesehen.

Citymanagement in Gelsenkirchen-Buer als „Achillesferse“

Der vierte Teil der Förderung schließlich fokussiert sich auf Buer, genauer auf das Citymanagement, das Nowack als „Achillesferse“ des Geschäftslebens im Buerschen Zentrum bezeichnet. Aktuell gibt es kein Citymanagement in Buer, die Zusammenarbeit mit Sophie Pieper und Josef Bathen vor rund einem Jahr wurde nicht verlängert. Anschließend folgte das Chaos bei der Werbegemeinschaft in Buer, die wichtiger Geldgeber und Kooperationspartner für das Citymanagement ist. Diese löste sich erst auf – und wurde dann mit dem Buchhändler Dirk Niewöhner an der Spitze wiederbelebt. Ihren Anteil für die Mitfinanzierung des Citymanagements könne die Werbegemeinschaft nach dem Durcheinander derzeit noch nicht aufbringen, wie Nowack erläutert. Mit acht Prozent des Geldes aus dem Förderprogramm soll geholfen werden und das Citymanagement wieder aufgebaut werden. „Das sollte, das darf nicht noch einmal scheitern“, betont Nowack.