Gelsenkirchen. Nach vielen Debatten ist jetzt klar, wohin die Reise für Gelsenkirchens Wirtschaftsförderung geht. Die große Runderneuerung bleibt aber aus.
Nach vielen politischen Debatten, Workshops und einem 70.000 Euro teuren Gutachten ist für die Stadt Gelsenkirchen klar, wohin sie ihre Wirtschaftsförderung steuern möchte: Im vergangenen Wirtschaftsausschuss gab Stadtrat Simon Nowack bekannt, dass er sein Team, das für die Ansiedlung neuer und Betreuung bestehender Unternehmen verantwortlich ist, um neun Stellen erweitern möchte. Auch neue Aufgabenfelder soll die Wirtschaftsförderung erhalten. Von einem Neustart als GmbH - so wie sie das Gutachten vorgeschlagen hatte – nimmt die Stadt nun allerdings Abstand.
Stadt Gelsenkirchen schafft Stelle für den Austausch mit der Westfälischen Hochschule
Stattdessen will Wirtschaftsförderungsdezernent Nowack seine Abteilung als städtisches Referat neu aufgliedern, allerdings mit kleineren, insgesamt acht und laut Nowack „flexiblen“ Teams (Infobox). Als Neuheit betonte der Dezernent dabei vor allem den Aufgabenbereich „Transformation und Digitalisierung“ sowie eine Stelle, die als „zentraler Ansprechpartner für alle Belange der Hochschule“ eingesetzt werden soll. Dass die Stadt zu wenig aus den Ausgründungen und dem wirtschaftlichen Umfeld der Westfälischen Hochschule macht, wurde schließlich zuletzt durch eine vernichtende Studie noch einmal sehr deutlich gemacht, die ebenfalls in einer der jüngsten Wirtschaftsausschuss-Sitzungen präsentiert wurde.
So ist die Wirtschaftsförderung 2023 strukturiert
Die Wirtschaftsförderung soll künftig aus zwei Abteilungen mit je vier Aufgabenbereichen bestehen. Die Bereiche der ersten Abteilung sind: Innovation und Hochschulentwicklung, Standortmarketing, Haushalt und Fördermittel sowie Einzelhandel, Beherbergung und Gastronomie.
Die Bereiche der zweiten Abteilung sind Unternehmens- und Investorenservice, Digitalisierung und Transformation, Start-ups und Gründungen sowie Flächenmanagement.
Die Grünen kritisieren diese Aufteilung als „nicht logisch“ und fragen sich etwa, warum die Bereiche Innovation und Digitalisierung voneinander getrennt sind. Laut Simon Nowack ist diese Struktur aber nicht final. „Es ist langfristig geplant, das Organigramm noch mal umzubauen“, sagt er. Ziel sei es, alle Serviceleistungen für Unternehmen in einer Abteilung zu bündeln.
Dass die Stadt einen zentralen Vorschlag des teuren, und vor allem seitens der SPD als „wenig Gelsenkirchen-spezifischen“ kritisierten Gutachten nicht umsetzen und die Wirtschaftsförderung nicht in eine GmbH transformieren möchte, das gefällt in der Politik allerdings nicht allen.
Denn während aus Sicht der Stadt, aber auch der CDU, der SPD und der Linkspartei die Vorteile für ein Bestehen der Wirtschaftsförderung in der Verwaltung unter anderem darin liegen, dass diese besser von der Stadt und der Politik gesteuert werden könne und die Abstimmungsprozesse einfacher seien, so sehen vor allem die Grünen und die FDP in einer privatrechtlichen Organisationsform viel mehr Vorteile.
Wirtschaftsförderung Gelsenkirchen: Warum die Grünen und die FDP eine GmbH-Lösung vorgezogen hätten
„Das wäre ein großer Wurf gewesen, weil eine GmbH schlagfertiger gewesen wäre“, meinte Fabian Urbeinczyk, wirtschaftspolitischer Sprecher der FDP im Ausschuss. Für Grünen-Wirtschaftspolitiker Dennis Hoffmann liegen die offensichtlichen Vorteile einer Gesellschaft vor allem bei den „flexibleren Möglichkeiten“, die sich im Vergleich zu einer Abteilung in der Gelsenkirchener Stadtverwaltung ergeben würden – etwa, was die Gestaltung der Arbeitszeiten für die Angestellten, aber auch was die Aufstiegschancen und die Gehaltsstruktur betrifft. Mit diesen Mitteln wäre es laut Hoffmann auch einfacher, jene Stellen zu besetzen, die künftig neu für die Wirtschaftsförderung geschaffen werden sollen.
Doch wie realistisch ist es überhaupt, dass die Stellen besetzt werden können? Schließlich klagt die Stadt auf vielen Ebenen über Personalnot; viele Stellenausschreibungen laufen ins Leere. „In der Tat kann ich nicht versprechen, dass wir bis zum Ende des Haushaltsjahres 2023 alle Stellen besetzt haben werden“, räumte Simon Nowack ein und ergänzte, in einer Stadt wie Köln seien beispielsweise kontinuierlich zehn offene Stellen in der Wirtschaftsförderung zu besetzen.
Stadt Gelsenkirchen: „Ordentlicher Stellenzuwachs“ bei der Wirtschaftsförderung
Hinzu kommt: Die Referatsleitung der Wirtschaftsförderung ist in Gelsenkirchen ohnehin bereits seit fast einem Jahr vakant. Seitdem Rainer Schiffkowski in den Ruhestand gegangen ist, ist die Stelle unbesetzt. Und 2023 verabschiedet sich auch noch Bernd Gebert, einer der beiden derzeitigen Abteilungsleiter in der Wirtschaftsförderung, in den Ruhestand. Die Stadt wird in Zeiten des Fachkräftemangels also nicht nur die neuen Stellen, sondern auch noch zwei Leitungsfunktionen zu besetzen haben.
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Dass die Wirtschaftsförderung aber überhaupt mit neun neuen Planstellen und langfristig möglicherweise sogar noch mit mehr Personal ausgestattet werden soll – und damit in Zukunft mehr und mehr den Empfehlungen des Gutachtens folgen wird, das 18,5 neue Stellen empfohlen hat: Das wurde in der Politik dennoch erst einmal als sehr erfreuliche Nachricht aufgenommen: Nowacks Freude über einen „ordentlichen Stellenzuwachs" blieb ohne Widerspruch.