Gelsenkirchen. Norbert Labatzkis „Schloß Stolzenfelz“ feiert Einjähriges. Ein Rückblick auf bewegende Momente – und ein Ausblick auf eine Zukunft mit Hürden.
Es ist tagsüber ein Café, abends mittlerweile eine Kneipe und ein Ort für viele Kulturveranstaltungen ist es obendrein, das „Schloß Stolzenfelz“ an der Ahstraße 10. Tatsächlich aber ist es noch viel mehr: Gegründet als erster in jeder Hinsicht barrierefreier Treffpunkt für Menschen älteren Jahrgangs ist das „Schloß“ ein Raum geworden für eine Gemeinschaft, die sich hier erst gefunden hat. Am Mittwoch, 14. Juni, feiert es seinen ersten Geburtstag. Initiator Norbert Labatzki kann zurückblicken auf bewegende Erlebnisse und schaut gleichsam in eine Zukunft, in der noch einige Hürden zu nehmen sind.
„Meine Motivation war damals, dass ich es nicht mehr ertragen konnte, dass es kein barrierefreies Angebot gab für eine Tanzveranstaltung für ältere Menschen“, so Labatzki, der hauptberuflich Musiker ist. So ist das „Schloß Stolzenfelz“ mit seinem wöchentlichen „Schloßtanz“ das einzige Tanzlokal der Region, das ein regelmäßiges inklusives Angebot macht. „Ältere Menschen haben ja oft Probleme, Kontakt zu halten mit dem öffentlichen Leben.“ Besonders wer im Seniorenzentrum lebe, bleibe meist in seinem Mikrokosmos. „Corona hat das Problem der Vereinsamung noch verschärft.“
Alle Mitarbeiter im Gelsenkirchener „Schloß Stolzenfelz“ sind ehrenamtlich tätig
Norbert Labatzki wollte damals helfen. Mit Erfolg. „Es ist hier eine Gemeinschaft entstanden, die fast familiär ist.“ Ein berührendes Beispiel führt der Gelsenkirchener an: Eine regelmäßige Besucherin sei tagelang nicht mehr gekommen. Da habe er sich gesorgt, nachgeforscht und herausgefunden, die Dame sei gestürzt, liege im Krankenhaus.
Labatzki besucht sie regelmäßig, kümmert sich und erlebt bald, wie die Ansprache für eine deutliche Besserung des Gesundheitszustandes sorgt, die Dame ins Leben zurückfindet und in die Gemeinschaft im „Schloß Stolzenfelz“. „Diese Erlebnisse, das ist der Lohn für meine Arbeit.“
Der einzige. Alle Mitarbeiter bis hin zum Chef nämlich sind ehrenamtlich tätig. „Sie alle arbeiten fast soviel wie ich. Es berührt mich sehr zu erleben, wie Menschen meine Ideale teilen.“ Ohne dieses Team nämlich liefe hier nichts, besonders nicht die 120 Veranstaltungen im Jahr. Sie alle finden bei freiem Eintritt statt und ohne einen Zwang, etwas zu konsumieren. Bedeutet: Nicht nur der Zugang zum Lokal und die Toilette sind barrierefrei, auch die Angebote sind es – im übertragenen Sinne. Denn es kann somit auch kommen, wer kein Geld hat.
In Alabama will man das Gelsenkirchener Konzept nachahmen
Das Problem daran jedoch ist, umso weniger Geld kommt rein. Aktuell werden 80 Prozent der Kaltmiete durch ein Landesprogramm gefördert. Die Unterstützung aber läuft zum Jahresende aus. Spätestens dann muss sich das „Schloß Stolzenfelz“ selbst tragen. „Nur aus diesem Grund haben wir eine Kulturkneipe gegründet. Denn vom Kaffee kann man die Mietkosten nicht decken. Selbst die reduzierten nicht.“ Also übernimmt täglich um 18 Uhr Roland Labatzki, der Bruder, und öffnet den „Schloßkeller“. Er soll, so hoffen alle, die Zukunft sichern, die Miete einspielen und auch die hohen GEMA-Gebühren.
Veranstaltungen zum Geburtstag
Im Jubiläumsmonat gibt es zahlreiche besondere Veranstaltungen. Zunächst steht der eigentliche Ehrentag am Mittwoch, 14. Juni, an mit „Überraschungsaktionen“.
Gleich am nächsten Abend, Donnerstag, 15. Juni, geht das Festprogramm weiter, wenn Herbert Knorr unter dem Titel „Der Jupp muss wech“ Krimi-Stories liest und Norbert Labatzki dazu Musik macht. Los geht es um 18 Uhr.
Am Freitag, 16. Juni, gastiert die Resser Band Colins Company ab 19 Uhr im „Schloß Stolzenfelz“ und am Samstag, 17. Juni, steht ab 19 Uhr das Duo Holder Traum mit Ali Griesener (Gitarre und Piano) und Gerlinde Niedeck (Gesang) auf der kleinen Bühne. Im Gepäck haben die zwei Chansons über „Liebe und andere Nebensächlichkeiten“.
Norbert Labatzki ist zuversichtlich, dass das gelingen kann. „Wir sind dabei, uns einen Namen zu schaffen als Ort, wo man abends hingehen kann.“ Denn dass sein Konzept gut sei und in die Zeit passe, die Erfahrung habe er im letzten Jahr vielfach gemacht. Im Kleinen und im Größeren. „Es gab viele Fernsehberichte. Sogar der Sender Arte war da. Einer meiner Höhepunkte war der Besuch einer Delegation aus Alabama. Die haben sich das Lokal angeschaut, weil sie das dort nachmachen wollen.“