Duisburg. Menschliche Tragödien, Verbrechen aus Hass und einfache Dummheiten: Diese Duisburger Gerichtsprozesse haben 2021 für Schlagzeilen gesorgt.

Ruhe herrscht beim Land- und Amtsgericht Duisburg so gut wie nie. Daran konnte auch Corona im Jahr 2021 nichts ändern. Rund 200 Strafprozesse wurden in erster Instanz beim Landgericht verhandelt. Auch die Berufungskammern hatten mit fast 700 Verfahren reichlich zu tun. Nicht minder beeindruckend sind die Zahlen des Amtsgerichts: Rund 200 Schöffensachen und 1800 Einzelrichtersachen konnten abgeschlossen werden.

Im Jugendbereich gab es bei Schöffen- und Einzelrichtern mehr als 800 Verfahren. Erstaunlich auch die Zahl der Haftsachen, mit denen sich die entsprechende Abteilung des Amtsgerichts beschäftigen musste: In etwa 4400 Fällen mussten Durchsuchungen oder Telefonüberwachungen angeordnet oder Haftbefehle erlassen werden. Im Mittelpunkt standen bei allen Strafprozessen Menschen. Aus dem breiten Spektrum der Tragödien und Dreistigkeiten hier eine kleine Auswahl.

Tödlicher Revierkampf im Duisburger Kant-Park

27. Januar: Wegen Totschlags verurteilt das Landgericht einen 31-Jährigen zu fünf Jahren und drei Monaten Gefängnis. Am 26. Juni 2020 hatte der in Afghanistan geborene Mann im Kantpark einen 23-jährigen Libanesen durch einen Messerstich ins Herz getötet. Die Kammer war aufgrund von Zeugenaussagen davon überzeugt, dass der später Getötete und drei Begleiter den Angeklagten am Tattag angingen, weil er in ihrem Revier Drogen verkaufte. Die Zeugen hatten gegenüber der Polizei zunächst die wenig glaubhafte Geschichte berichtet, der Streit habe sich an der Bitte um eine Zigarette entzündet.

Der Tatort im Duisburger Kant-Park.
Der Tatort im Duisburger Kant-Park. © Piepiora

Zuletzt war allerdings klar, dass der 31-Jährige verprügelt worden war, nachdem er die Frage der Männer, ob er etwa mit Drogen handele, bejaht hatte. Die Kammer ging im Urteil daher von einem so genannten minderschweren Fall des Totschlags aus. Der Messerstich des Angeklagten sei durch das vorangegangene Geschehen nicht unerheblich provoziert worden. Die Version des 31-Jährigen, der sich auf Notwehr berufen hatte, sahen die Richter als widerlegt an.

Räuber nahm in Duisburger Innenstadt komplettes Paketauto mit

24. März: Mit einer deutlichen Strafe endet vor dem Landgericht das mehrtägige Verfahren gegen einen 37-Jährigen, der am 28. August 2020 in der Duisburger Innenstadt ein Paketauto stahl und dabei dessen Fahrer verletzte. Der Mann muss wegen räuberischen Diebstahls sechs Jahre ins Gefängnis. Der Fahrer des Paketwagens war am Tattag an der Landfermannstraße an der Hintertür seines Fahrzeugs mit dem Sortieren der Ladung beschäftigt gewesen. Der Angeklagte hatte die günstige Gelegenheit genutzt, sich ins Auto gesetzt und den steckenden Zündschlüssel gedreht. Dann parkte er aus. Beim Zurücksetzen warf er den Mitarbeiter des Paket-Unternehmens um und brauste davon.

Der Zusteller rannte seinem Auto hinterher, holte es an der nächsten Ampel ein und versuchte einzusteigen. Der Angeklagte gab Gas, der Geschädigte stürzte und verletzte sich dabei. Bei der Zumessung der Strafe berücksichtigte die Kammer, dass der Angeklagte ausgesprochen gefährlich handelte und es nicht sein Verdienst sei, dass der Geschädigte nicht schlimmer verletzt wurde. Zu Lasten des 37-Jährigen wirkten sich einige Vorstrafen aus, zu seinen Gunsten sprach lediglich ein Teilgeständnis.

33-Jährige verging sich an Nachbarskind

Eine 33-jährige Duisburgerin verführte einen achtjährigen Nachbarsjungen zum Sex. Dafür gab es eine Gefängnisstrafe.
Eine 33-jährige Duisburgerin verführte einen achtjährigen Nachbarsjungen zum Sex. Dafür gab es eine Gefängnisstrafe. © Foto: Bodo Malsch

25. März: Wegen schweren sexuellen Missbrauchs in drei Fällen verurteilt das Landgericht eine 33 Jahre alte Duisburgerin zu drei Jahren und neun Monaten Gefängnis. Zwischen 2014 und 2017 hatte sie sich an einem zu Beginn der Taten erst acht Jahre alten Nachbarsjungen vergangen. Sie schwor dem Schüler ihre Liebe und machte ihm vor, dass sie schwanger geworden sei. Ähnlich soll die Frau vorgegangen sein, als sie sich dem älteren Bruder ihres ersten Opfers sexuell näherte und zuletzt soll sie auch noch die Schwester der beiden Jungen betrunken gemacht und mit einem Sexspielzeug vergewaltigt haben.

Doch die beteiligten Juristen hielten es für geraten, das Urteil auf jene drei Fälle zum Nachteil des jüngsten Zeugen zu beschränken, die die Angeklagte zu Prozessbeginn selbst eingeräumt hatte. Denn in einigen Fällen war die Beweislage keineswegs eindeutig und niemand hatte ein Interesse daran, die jungen Geschädigten der Tortur einer Zeugenvernehmung vor Gericht auszusetzen. „Sie hat den Jungen im Zusammenhang mit den Taten regelrecht emotional erpresst“, so der Vorsitzende in der Urteilsbegründung. Zwei der drei Kinder der betroffenen Familie bedürfen aufgrund der Vorfälle psychotherapeutischer Behandlung.

Elf Jahre für Messerattacke im Böninger Park

4. Mai: Wegen versuchten Totschlags und zweifacher gefährlicher Körperverletzung muss ein 40-Jähriger für elf Jahre ins Gefängnis. Bis zuletzt hatte der Mann aus dem Örtchen Betzdorf in Rheinland-Pfalz beteuert, er habe seine getrennt lebende Frau am 3. Juni 2020 im Böninger Park in Hochfeld nur versehentlich verletzt. Die 5. Große Strafkammer des Landgerichts Duisburg sah das durch eine elftägige Beweisaufnahme als widerlegt an. Seine gleichaltrige Ehefrau war einige Zeit zuvor mit den fünf Kindern des Paares in ein Duisburger Frauenhaus geflüchtet.

Doch der Ehemann machte sie ausfindig, tauchte überraschend bei einem Picknick im Böninger Park auf. Vergeblich hatte er seine Frau zur Rückkehr bewegen wollen. Als sie ihm klar machte, dass die Beziehung nicht zu retten war, zog der Angeklagte ein Messer und fügte der Frau eine stark blutende Wunde am Hals zu. Im Gerangel verletzte er auch die 19-jährige Tochter. Die Anklage hatte zu Beginn des Prozesses noch auf versuchten Mord gelautet. Doch so genannte niedere Beweggründe wie Eifersucht und Besitzdenken als Motiv der Bluttat konnte das Gericht nicht feststellen. Strafschärfend wertete es jedoch die psychischen Folgen für die Geschädigten. Es sei besonders verwerflich, dass der Angeklagte nicht davor zurück schreckte, die Tat vor den Augen seiner Kinder zu begehen.

Mann schüttelt Baby zum Schwerstpflegefall

26. Mai: Wegen schwerer Körperverletzung verurteilt das Landgericht am König-Heinrich-Platz einen 46-Jährigen zu fünfeinhalb Jahren Gefängnis. Am Abend des 12. Dezember 2020 hatte er seinen fünf Monate alten Sohn so heftig geschüttelt, dass das Kind nun ein Schwerstpflegefall ist. Die Tat ereignete sich, als der Mann in der Wohnung seiner getrennt lebenden Ehefrau in Rheinhausen allein auf den Säugling und dessen zwei Jahre älteren Bruder aufpasste.

Im Laufe des mehrtägigen Verfahrens hatte der Angeklagte mehrere Versionen des Geschehens geschildert. Zuletzt hatte der 46-Jährige noch einmal unter Tränen berichtet, wieso er sich am Tatabend so überfordert gefühlt habe. Daraus sprach allerdings mehr Selbstmitleid als Mitleid mit dem fünf Monate alten Jungen. Das Gehirn des kleinen Jungen wurde schwer verletzt. Der Säugling ist nahezu blind, er kann nur noch Hell und Dunkel unterscheiden. Er leidet unter Lähmungen und ist geistig behindert. Die Tat sei aus einer „konkreten Überforderungssituation“ geschehen und ein Augenblicksversagen gewesen. Zu Gunsten des Angeklagten wurde auch dessen Geständnis gewertet. „Er ist selbst durch die Tat schwer getroffen“, so der Vorsitzende in der Urteilsbegründung. Zu Lasten des 46-Jährigen wirkte sich eine Reihe Vorstrafen aus.

Geldstrafe für Spaziergang durch U-Bahn-Tunnel

Zum Glück kam keine Bahn mehr, als zwei betrunkene junge Männer zu Fuß durch den Tunnel nach Hause gehen wollte.
Zum Glück kam keine Bahn mehr, als zwei betrunkene junge Männer zu Fuß durch den Tunnel nach Hause gehen wollte. © Foto: Andreas Mangen

26. Mai:Wegen gefährlichen Eingriffs in den Schienenverkehr verurteilt das Amtsgericht einen 22-jährigen Duisburger zu 500 Euro Geldstrafe. Gemeinsam mit einem Kumpel hatte er in der Nacht zum 8. November 2019 am Hauptbahnhof die letzte U-Bahn verpasst. Kurzerhand machte sich das Duo zu Fuß auf dem Heimweg und spazierte durch den U-Bahn-Tunnel. „Ich kann mich nicht mehr so richtig erinnern“, bedauerte der Angeklagte. Er sei mit seinem jüngeren Freund bei einer Feier gewesen. „Wir hatten reichlich getrunken.“

Der Strafrichter ging angesichts der Gesamtumstände von einem minderschweren Fall aus. Der Angeklagte sei stark alkoholisiert gewesen, habe die Tat gestanden und scheine sie offenbar ehrlich zu bereuen. Zudem liege der Vorfall nun bereits eine Weile zurück. „Und die konkrete Gefährlichkeit war nicht besonders groß“, so der Richter trocken. Das Gericht verurteilte den 22-Jährigen zu einer Geldstrafe von 500 Euro (50 Tagessätze zu je zehn Euro). Der jüngere Mittäter war bereits einige Zeit zuvor vom Jugendrichter zur Ableistung von 60 Arbeitsstunden verurteilt worden.

Physiotherapeut missbrauchte Patientinnen in Praxis seiner Frau

2. Juni: Dreieinhalb Jahre Gefängnis. Mit diesem Urteil hatte ein 52 Jahre alter Duisburger offenbar nicht gerechnet. Verzweifelt legte er nach der Urteilsbegründung den Kopf auf die Anklagebank. Bis zuletzt hatte der Angeklagte behauptet, es sei ausdrücklich um die Heilung der Patientinnen gegangen. Das Landgericht sah das anders und verurteilte den Physiotherapeuten wegen sexuellen Missbrauchs unter Ausnutzung eines Behandlungsverhältnisses.

In 21 Fällen, so die Überzeugung der Richter, habe sich der Mann zwischen 2011 und 2014 an Frauen vergangen. Die waren wegen Migräne, Knie- und Rückenproblemen zu dem Therapeuten gekommen. Doch der Mann, der damals in der Praxis seiner inzwischen getrennt lebenden Ehefrau arbeitete, hielt für alle eine ganz besondere Behandlung für nötig, die mit der Stimulation von Muskeln im oder in der Nähe des Intimbereiches zu tun hatte. Zwar gebe es für bestimmte Erkrankungen innerhalb der Osteopathie diese Therapie, so die Richter. Nur, dass der Angeklagte sie als Physiotherapeut gar nicht hätte anwenden dürfen. „Dieses Tabu hat er in einer Vielzahl von Fällen gegenüber den Patientinnen gebrochen“, so der Vorsitzende in der Urteilsbegründung. Zusätzlich zur Freiheitsstrafe verbot das Gericht dem Angeklagten für zwei Jahre, einen Beruf auszuüben, der etwas mit der Behandlung von Menschen zu tun hat.

Urteil: Sicherheitsverwahrung für Sexualtäter

Sieben Jahre Gefängnis plus Sicherungsverwahrung, so das deutliche Urteil gegen den 59-jährigen Duisburger, der sich als Betreuer von Sportreisen an Kinder heranmachte.
Sieben Jahre Gefängnis plus Sicherungsverwahrung, so das deutliche Urteil gegen den 59-jährigen Duisburger, der sich als Betreuer von Sportreisen an Kinder heranmachte. © Foto: Bodo Malsch

17. Juni: Wegen sexuellen Missbrauchs in mindestens 45 Fällen verurteilt die 2. Große Strafkammer einen Duisburger zu sieben Jahren Gefängnis. Doch auch danach wird er nicht auf freien Fuß kommen: Mit dem Urteil ordnete die Kammer auch die anschließende Sicherheitsverwahrung des Mannes in einer Justizvollzugsanstalt an. Zwischen 2006 und 2020 hatte er vier Jungen missbraucht, die er als Organisator und Betreuer von Ferienfahrten im Auftrag des Landes- und des Sportbundes und eines auf solche Angebote spezialisierten Reisebüros kennen gelernt hatte.

Zuletzt hatte er sich auch an seinem Patenkind vergangen. Die Jungen waren zu Beginn der Taten zwischen fünf und 12 Jahre alt. Den Ermittlern hatte der Mann die Sache leicht gemacht: Als der erste Verdacht gegen ihn aufkam, übergab er Videos und Fotos, auf denen er die Taten – zeitlich geordnet – selbst dokumentiert hatte. Er wurde deshalb auch wegen Herstellung kinderpornografischer Aufnahmen verurteilt.

Über mehrere Verhandlungstage hinweg nahm das Gericht in nichtöffentlicher Sitzung das Beweismaterial in Augenschein. Der Angeklagte habe hochgradige manipulative Fähigkeiten bewiesen, als er sich in das Vertrauen der Kinder einschlich und sie dann missbrauchte, so der Vorsitzende in der Urteilsbegründung. Dies sei um so schlimmer, da einige der Geschädigten aus schwierigen sozialen und familiären Verhältnissen kamen und der Angeklagte der einzige Erwachsene war, der sie zu verstehen schien.„Bei den Taten handelt es sich um schwere Verstöße gegen die Menschenwürde“, stellte der Vorsitzende fest. „Und sie haben tiefgreifende psychische Folgen für die Kinder.“ Erst in seinem letzten Wort - es fand ebenso wie die Plädoyers und die Vernehmung zahlreicher Zeugen unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt - hatte der Angeklagte eingeräumt, von kleinen Jungen angezogen zu werden.

Eine psychiatrische Sachverständige hatte bei dem 59-Jährigen einen tief verwurzelten Hang zu sexuellen Handlungen mit Jungen unterhalb der Pubertätsgrenze festgestellt. Sie sah eine große Wiederholungsgefahr für ähnliche Taten.

Prozess gegen Falschparker endet

9. Juli: Weil die Staatsanwaltschaft ihre Berufung zurück zieht, endet nach vier Jahren ein vierjähriger Alptraum für einen 53-jährigen Duisburger. Es bleibt bei einem Freispruch für Duisburgs bekanntesten Falschparker. Er hatte im Juni 2017 an der Reinerstraße in Bruckhausen sein Auto entladen. Mehmet K., der angeblich seine Personalien verweigert hatte, wurde zunächst gewaltsam daran gehindert, seine Haustür aufzuschließen. Später wurde er von mehreren Beamten zu Boden gebracht. Ein Polizist, der dafür zu einer Bewährungsstrafe verurteilt wurde, trat ihm vor den Kopf.

In diesem Zusammenhang war dem Stahlarbeiter Widerstand vorgeworfen worden. Das Amtsgericht Ruhrort hatte ihn 2019 freigesprochen. Der Strafrichter hatte erhebliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Polizeieinsatzes gehabt. Die Staatsanwaltschaft hatte dagegen Berufung eingelegt, nahm sie aber überraschend zurück. Die Vernehmung von Zeugen hatte vor der Berufungskammer des Landgerichts kein wesentlich anderes Bild vom Geschehen erkennen lassen als die erstinstanzliche Verhandlung.

Betrüger kassierte Corona-Strafen von Prostituierten

13. August: Wegen Betruges, Amtsanmaßung und Urkundenfälschung verurteilt das Amtsgericht einen 31-Jährigen zu zwei Jahren und elf Monaten Gefängnis. Mit einem selbst gebastelten Ausweis hatte er sich im Frühjahr 2020 in Duisburg als Ordnungsamtsmitarbeiter ausgegeben und Corona-Strafen von Prostituierten kassiert.

Seine Betrugsopfer hatte er im Internet gefunden: Sie boten auf einschlägigen Plattformen sexuelle Dienstleistungen an. Hinzu kamen Verkaufsbetrügereien im Internet. Insgesamt ergaunerte der Mann rund 8000 Euro. Erst wenige Monate zuvor hatte der 31-Jährige eine sechseinhalbjährige Haftstrafe wegen schweren Raubes verbüßt, stand zur Tatzeit noch unter Führungsaufsicht.

Rentner wollte seine Familie töten

Der 71-jährige Angeklagte muss wegen dreifachen versuchten Mordes elfeinhalb Jahre hinter Gitter.
Der 71-jährige Angeklagte muss wegen dreifachen versuchten Mordes elfeinhalb Jahre hinter Gitter. © Foto: Zoltan Leskovar

21. September: Mit unbewegtem Gesicht nimmt ein 71 Jahre alter Duisburger das Urteil des Landgerichts entgegen: Wegen dreifachen versuchten Mordes verurteilt ihn die Schwurgerichtskammer zu elfeinhalb Jahren Gefängnis. In der Nacht zum 8. März 2021 Jahres hatte er in Wanheim versucht, seine gleichaltrige Ehefrau, den gemeinsamen Sohn (34) und seinen Schwager durch eine Gasexplosion zu töten.

Die von Lieblosigkeit und Kommunikationsproblemen gekennzeichnete Ehe bekam 2019 einen schweren Riss, als der Sohn seiner Mutter beichtete, dass ihn sein Vater seit mehr als zehn Jahren zu Bordellbesuchen mitnahm. Der Angeklagte sei nach seiner Schilderung daraufhin von seiner Familie ausgegrenzt worden. Das im Vordergrund stehende Motiv sei Hass, so das Gericht. „Hass auf die Ehefrau, auf den Sohn, der ihn seiner Ansicht nach verraten hatte und auf den Schwager, der in seinen Augen beide anstachelte.“

Deshalb habe der 71-Jährige in der Tatnacht das Gas am Küchenherd aufgedreht, einen Knopf mit einem Stuhl festgeklemmt, zwei Kerzen angezündet und das Haus verlasse, in dem die drei Mitbewohner nichtsahnend schliefen. Der Plan scheiterte: Die wie üblich früh erwachte Ehefrau löschte die Kerzen, drehte das Gas ab und öffnete die Fenster.

Volksbank um 630.000 Euro erleichtert

10. Oktober:Mit Blitzaktionen betrog eine Verbrecher-Gruppe die in Duisburg ansässige Volksbank Rhein-Ruhr im März 2020 um 630.000 Euro. Was die Kriminellen ausnutzten: Die Hausbank desjenigen, dem ein SEPA-Mandat erteilt wird, tut bei der Einziehung sofort so, als sei das Geld bereits da. Nur, dass es im vorliegenden Fall nicht einmal die Schuldner gab, von denen insgesamt 1,6 Millionen Euro eingezogen wurden. Zwei der Beteiligten, ein 38-jähriger Franzose und ein 49-jähringer Mann aus Solingen werden dafür zu Gefängnisstrafen von zweieinhalb und dreieinhalb Jahren verurteilt. Sie waren Geschäftsführer und Prokurist eines in Duisburg ansässigen Unternehmens, das offenbar nur für die Betrügereien gegründet worden war. Beiden Männern war von den eigentlichen Drahtziehern ein monatliches Einkommen von bis zu 5000 Euro versprochen worden. Der Fliesenleger und der Auslieferungsfahrer gaben ihre Namen, alles Weitere übernahmen andere: An nur drei Tagen wurden im März 2020 unzählige Lastschriften eingezogen. Als auffiel, dass es die Firmen, die dem Duisburger Unternehmen da angeblich etwas zahlten, gar nicht gab, waren schon mehr als 600.000 Euro auf andere Konten umverteilt und verschwunden.

Die Beteuerung der Angeklagten, sie hätten doch keine Ahnung gehabt, dass es um Betrug ging, sah die Wirtschaftskammer nach neuntägiger Hauptverhandlung als reine Schutzbehauptung an.

Falscher Arzt muss hinter Gitter

28. Oktober: Auch in zweiter Instanz verurteilt das Landgericht einen 45-Jährigen Betrüger zu 21 Monaten. Mit einem kleinen, aber entscheidenden Unterschied: Das Amtsgericht Duisburg hatte dem Angeklagten zu Beginn des Jahres noch eine Bewährungschance eingeräumt. Das Berufungsverfahren endete mit Gefängnis. Der Angeklagte hatte sich in zurück liegenden Jahren als Arzt ausgegeben, damit geworben, dass sein Präparat alles von Diabetes über Krebs bis zu Aids heilen könne. Kunden hatte er angewiesen, alle anderen Medikamente abzusetzen. So auch einen schwer an Diabetes erkrankten Lehrer aus Duisburg, der aufgrund dieser Anweisungen 2015 beinahe gestorben wäre.

Auch im Berufungsverfahren hatte der Angeklagte jede Einsicht vermissen lassen: Er verteidigte sein Präparat, das er laut Erkenntnissen des Gerichts an mindestens acht Kunden lieferte. „Ich habe weltweit 400 Patienten“, brüstete sich der 45-Jährige, der einen Polizisten beleidigte, weil er ihm die beschlagnahmten Präparate nicht wieder aushändigte. Eine Aussetzung der Strafe zur Bewährung hielt die Berufungskammer angesichts des Verhaltens des Angeklagten vor Gericht für ausgeschlossen: Der 45-Jährige habe die Absicht bekundet, sein Mittel weiter zu vermarkten – wenn man ihn nur ließe.

Betrug bei Duisburger Kita-Verein

12. November:Wegen besonders schwerer Untreue verurteilt das Amtsgericht am König-Heinrich-Platz zwei ehemalige Mitarbeiter des Duisburger Kita-Trägervereins „Zaubersterne“. Ein 76 Jahre alter Krefelder muss für drei Jahre hinter Gitter. Seine Tochter, eine 41-jährige Duisburgerin, kommt mit einer zwölfmonatigen Bewährungsstrafe davon. Der damalige Buchhalter hatte zwischen 2010 und 2014 unberechtigt Gelder bar abgehoben, private Rechnungen bezahlt und sich zu viel Gehalt ausbezahlt. Bei 116 Fällen, die im Urteil übrig blieben, ging das Schöffengericht von einem Schaden von 216.000 Euro aus. Geld, das der Angeklagte zurück bezahlen muss. In 31 Fällen war die Tochter des Angeklagten, damals wie fast die gesamte Familie ebenfalls Mitarbeiterin der „Zaubersterne“, Empfängerin von Geldbeträgen gewesen oder reichte Rechnungen ein, die ihr Vater auf Kosten des Vereins bezahlte.

Bei ihr ging das Gericht nur von Beihilfe aus. Der siebentägige Prozess hatte ein seltsames Licht auf die Zustände bei dem Kita-Träger und dem Kranz von Firmen, die darum herum entstanden, geworfen.

Ingenieur verbrannte seine Konstruktion

9. Dezember: Bereits am zweiten Verhandlungstag endet nach nur einer Stunde der Prozess gegen einen 82-jährigen Ingenieur. Das Landgericht verurteilt den Mann wegen Brandstiftung und versuchten Versicherungsbetruges zu einer zweijährigen Bewährungsstrafe. Aus Verzweiflung hatte er am 18. Juni 2017 in einer Halle in Neuenkamp die Konstruktion, an der er Jahre lang gearbeitet hatte, angesteckt. Die riesige Abluft-Messanlage war bereits zu Baubeginn 2013 veraltet gewesen, da sie völlig auf Computertechnik verzichtete. Als dem Angeklagten klar wurde, dass er die Maschine nicht mehr würde verkaufen können, sah er in der Brandstiftung die einzige Möglichkeit, wenigstens an die Versicherungssumme von 1,6 Millionen Euro zu kommen. Durch seinen Verteidiger hatte der schwer kranke alte Herr zu Beginn des Prozesses ein rückhaltloses Geständnis vortragen lassen.

Die Kammer sah in der Tatausführung und den dreisten Lügen, die der Angeklagte der Versicherung auftischte, eine erhebliche kriminelle Energie beim Angeklagten. Und die Tat hätte leicht auch Menschen schädigen können. „Wenn sie 30 Jahre jünger wären, gesund und wir ein Jahr nach der Tat hätten verhandeln können, wären sie unter drei Jahren nicht weggekommen“, so der Vorsitzende.