Duisburg. In 21 Fällen verging sich ein Duisburger Physiotherapeut in der Praxis seiner Frau an Patientinnen. Nun wurde der 52-Jährige verurteilt.
Dreieinhalb Jahre Gefängnis. Mit diesem Urteil hatte ein 52 Jahre alter Duisburger offenbar nicht gerechnet. Verzweifelt legte er nach der Urteilsbegründung den Kopf auf die Anklagebank. Bis zuletzt hatte der Angeklagte behauptet, es sei ausdrücklich um die Heilung der Patientinnen gegangen. Das Landgericht am König-Heinrich-Platz sah das nach mehrtägiger Hauptverhandlung deutlich anders und verurteilte den Physiotherapeuten wegen sexuellen Missbrauchs unter Ausnutzung eines Behandlungsverhältnisses.
In 21 Fällen, so die Überzeugung der Richter, habe sich der Mann zwischen 2011 und 2014 an Frauen vergangen. Die waren wegen Migräne, Knie- und Rückenproblemen zu dem Therapeuten gekommen. Doch der Mann, der damals in der Praxis seiner inzwischen getrennt lebenden Ehefrau arbeitete, hielt für alle eine ganz Behandlung für nötig, die mit der Stimulation von Muskeln im oder in der Nähe des Intimbereiches zu tun hatte.
Duisburger Gericht: „Angeklagter brach ein Tabu seines Berufsstandes.“
Zwar gebe es für bestimmte Erkrankungen innerhalb der Osteopathie diese Therapie, so die Richter. Nur, dass der Angeklagte sie als Physiotherapeut gar nicht hätte anwenden dürfen: Ihnen ist alles, was mit dem Eindringen in den menschlichen Körper zu tun hat, verboten. „Dieses Tabu hat er in einer Vielzahl von Fällen gegenüber den Patientinnen gebrochen“, so der Vorsitzende in der Urteilsbegründung. Zwar hatte sich der 52-Jährige nach eigenen Angaben intensiv mit dem Thema beschäftigt, die entsprechenden Ausbildungsabschlüsse hatte er hingegen nicht.
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Und während von Osteopathen eine sorgfältige Aufklärung der Patientinnen erwartet werde und ihnen ausreichend Zeit zur Entscheidung darüber gelassen werden müsse, ob sie zu derartigen Behandlungsmethoden bereit seien, habe der Angeklagte viele der Geschädigten völlig überrumpelt, stellte das Gericht fest. In einigen Fällen hatte er die Behandlung sogar wiederholt, obwohl die Patientinnen ihm das nach dem ersten Schreck ausdrücklich verbaten.
Viele Indizien wiesen auf sexuelle Motivation hin
Dass bei dem Angeklagten das sexuelle Interesse im Mittelpunkt gestanden haben, sahen die Richter aufgrund zahlreicher Indizien als erwiesen an. Mehrere Patientinnen hatte der Angeklagte über deren Sexualleben ausgefragt, in einigen Fällen vor Beginn der Behandlung den Raum verdunkelt und sich in mindestens einem Fall an seine Hose gegriffen.
Bis zum letzten Moment schien der 52-Jährige vom ganzheitlichen Ansatz seiner Therapie überzeugt. „Ich entschuldige mich bei allen, die sich dadurch verletzt fühlten“, sagte er in seinem letzten Wort. Zu Gunsten des Angeklagten wirkte sich am Ende vor allem der Umstand aus, dass er zuvor noch nie mit dem Gesetz in Konflikt geraten war und die Taten inzwischen lange zurück liegen. Wegen rechtsstaatswidriger Verfahrensverzögerung – die Anklage stammte bereits aus dem Jahre 2017 – gelten sechs Monate der Strafe bereits als verbüßt.
>>Gericht verhängte zweijähriges Berufsverbot
- Bereits vor drei Jahren war dem Angeklagten aufgrund der Anschuldigungen die Erlaubnis zur Berufsausübung entzogen worden. Der 52-Jährige klagte dagegen. Das Verwaltungsgericht bestätigte die Entscheidung der Stadt Duisburg aufgrund drohender Wiederholungsgefahr.
- Die sah auch das Landgericht beim Strafverfahren und verhängte zusätzlich zur Freiheitsstrafe ein Berufsverbot. Noch zwei Jahre lang darf der Angeklagte nun keinen Beruf ausüben, der mit der Behandlung von Menschen zu tun hat.