Bottrop. Alpincenter, Tetraeder und berühmte Kunstwerke: Bottrops Halden sind mit ihren Attraktionen weit über die Grenzen des Ruhrgebiets hinaus bekannt.
Noch heute prägt das Erbe des Bergbaus das Ruhrgebiet: Aus alten Zechen-Gebäuden entstanden Kultureinrichtungen, Orte für Veranstaltungen oder Museen, brachliegende Industrie-Flächen sind zu weitläufigen Parks umgestaltet worden. Doch kaum ein Überbleibsel des Bergbaus veränderte die Landschaft des Ruhrgebiets so nachhaltig, wie die Halden, die über viele Jahre mit übrig gebliebenem Material aus dem Steinkohle-Bergbau aufgeschüttet wurden. Von Moers bis Hamm erstrecken sich die künstlichen Erhebungen, einige sind mehr als 100 Meter hoch.
Bereits in den Zeiten des aktiven Bergbaus in den 80er Jahren begann die RAG und der Regionalverband Ruhr (RVR) damit, die Halden zu renaturieren und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Auf viele Halden führen heute Wanderwege, auf den Gipfeln stehen Kunstwerke oder es wurden große Freizeiteinrichtungen errichtet. Damit stehen sie ein Stück weit sinnbildlich für den Strukturwandel im Ruhrgebiet.
Bottrops Halden wurden seit den 90er Jahren zu Freizeiteinrichtungen umgestaltet
Bottrops Halden wurden seit den 90er Jahren umgestaltet. Mit dem Tetraeder auf der Halde Beckstraße, dem Alpin-Center auf der Halde Prosperstraße und den Totems von Agustín Ibarrola auf Halde Haniel sind nicht mehr wegzudenkende Freizeiteinrichtungen mit überregionaler Strahlkraft entstanden. Wo früher malocht wurde, kann man heute Ski fahren, Kunstwerke bewundern und den Weitblick übers Ruhrgebiet genießen.
Die Halde Beckstraße war 1994 eine der ersten Halden, die in einem Gemeinschaftsprojekt vom RVR, der internationalen Bauausstellung Emscher Park, der Ruhrkohle AG und der Stadt Bottrop zum „Haldenereignis Emscherblick“ umgestaltet wurde. Zuvor wuchs die Halde zwischen 1969 und 1980 aus sogenanntem tauben (also unbrauchbaren) Gestein des Bergwerks Prosper Haniel, das 2018 als letzte Steinkohle-Zeche in Deutschland schloss, auf etwa 73 Meter Höhe.
Tetraeder in Bottrop: Landmarke mit überregionaler Bekanntheit
Wer die Halde erklimmen möchte, sollte gute Kondition mitbringen oder Pausen einplanen. Etwa 20 Minuten dauert der Direktaufstieg über die steile Stahltreppe mit 387 Stufen. Etwas gemütlicher verläuft der Aufstieg über die serpentinenartigen Wanderwege im Grünen. Auf dem Gipfel wartet schließlich der Tetraeder, eine der bekanntesten Landmarken des Ruhrgebiets und eines der Wahrzeichen Bottrops.
Etwa 50 Meter hoch ist die pyramidenförmige Konstruktion, die auf vier massiven Betonsäulen aus der Ferne betrachtet scheinbar über dem Boden schwebt. Schwindelfreiheit vorausgesetzt, wartet hier für jeden Gipfelstürmer die nächste Herausforderung: Das höchste Podest auf 38 Metern hängt leicht schräg an Stahlseilen, die im Wind schonmal schwanken können. Wer von hier den Blick über das Ruhrgebiet schweifen lässt, stößt schnell auf die benachbarte Halde Prosperstraße mit dem markanten Alpincenter. Nur eine Bahnstrecke trennt die beiden Halden in Bottrop-Batenbrock voneinder.
Halde Prosperstraße in Bottrop: Längste Skihalle der Welt und Indoor-Skydiving
Die Halde Prosperstraße ist das ultimative Freizeitparadies für alle, die auf der Suche nach Action, Adrenalin und sportlichen Herausforderungen sind. Mit dem Alpincenter steht dort die längste Skihalle der Welt. Auf 640 Metern und mit 24 Prozent Gefälle geht es das ganze Jahr über rasant abwärts. Auf Party-Begeisterte warten Apré-Ski-Partys, für Ski- und Snowboard-Anfänger sind Einsteiger-Kurse im Angebot.
Ebenfalls schnell vom Gipfel zum Fuße der Halde Prosperstraße führt die einen Kilometer lange Sommerrodelbahn, die einzige ihrer Art im Ruhrgebiet. Die wird allerdings derzeit umgebaut und ist bis voraussichtlich 2025 geschlossen. Wem das noch nicht genug Adrenalin war, der kann in der Indoor-Skydiving-Anlage in einem Windkanal das Gefühl eines Fallschirmsprungs aus mehreren 1000 Metern Höhe erleben.
Paintball, Kletter-Parcours und höchster Biergarten im Ruhrgebiet am Alpincenter Bottrop
Hoch hinaus geht es auch im Kletterpark. Auf zehn Metern Höhe führt ein Parcours über 13 Stationen. Mit einer Paintball-Indoor-Anlage wurde das ohnehin schon üppige Freizeitangebot noch einmal erweitert. Als entspannter Ort für eine Pause, als Rückzugsort für weniger Action-Begeisterte oder einfach zum Genießen an schönen Sommertagen eignet sich der Biergarten (der höchstgelende im Ruhrgebiet) auf dem Gipfel der Halde.
Übrigens: Als eine der wenigen Halden im Ruhgebiet ist die Halde Prosperstraße mit dem Auto befahrbar, oben gibt es einen Parkplatz.
Partys, Events und Escape-Rooms in der Eloria-Erlebnisfabrik in Bottrop
Unweit der Halde Beckstraße und der Halde Prosperstraße steht die Eloria-Erlebnisfabrik. In dem denkmalgeschützten Gebäude der ehemaligen Waschkaue von Zeche Prosper II ist heute ein Ort für Partys und Events mit Escape-Rooms und einer Spiele-Arena entstanden.
Etwas ruhiger, aber keinesfalls langweilig, geht es auf der Halde Haniel im Stadtteil Fuhlenbrock zu. Mit rund 159 Metern ist sie die nach der Halde Oberscholven in Gelsenkirchen die zweitgrößte Halde im Ruhrgebiet, jedoch die höchste begehbare. Entstanden ist die Halde Haniel aus der namensgebenden Zechen Prosper-Haniel 2, 5 und 10 sowie Franz-Haniel.
Hoher Besuch in Bottrop: Papst Johannes Paul II begeht den Kreuzweg auf Halde Haniel
Auf die Halde Haniel führt ein Kreuzweg, der die traditionelle Verbindung von Kirche und Bergbau im Ruhrgebiet darstellen soll. An 15 Stationen wird auf Kupferplatten der Leidensweg Jesu dargestellt, verbunden mit Zitaten aus der Arbeitswelt und von wichtigen Kirchen-Persönlichkeiten. Ganz oben wartet das Gipfelkreuz, das an den Besuch von Papst Johannes Paul II im Jahre 1987 erinnert. Jedes Jahr zu Karfreitag wird der Kreuzweg von zahlreichen Gläubigen gemeinsam mit dem Ruhrbischof des Bistums Essen begangen, auf dem Gipfel findet zudem ein Osterfeuer statt.
Weit über die Grenzen des Ruhrgebiets bekannt sind die „Totems“ von Agustín Ibarrola. Zur Eröffnung der Ruhrtriennale 2002 installierte der baskische Künstler die 105 bunt bemalten Bahnschwellen auf dem Gipfel der Halde Haniel. Die Kunstwerke umrahmen die Bergarena, ein Amphitheater für 800 Besucher. Das befindet sich derzeit in einem schlechten Zustand und ist daher geschlossen.
Neben den drei touristisch genutzten und erschlossenen Halden steht in Bottrop noch eine vierte Halde. Die Schöttelheide wurde bis zum Ende des Bergbaus 2018 auf eine Höhe von 120 Metern aufgetürmt. Derzeit steht sie der Öffentlichkeit nicht zur Verfügung, soll aber perspektivisch wieder erschlossen werden. Allerdings als „stille Halde“, ohne touristische Nutzung. Über die Jahre haben sich dort seltenen Tiere und Pflanzenarten niedergelassen, weshalb die Halde unter Naturschutz gestellt werden soll.