Witten. Das Jahr 2020 wird war ein chaotisches für den KSV Witten. Sportlich fiel alles aus - aber auch neben der Matte lief es unrund.

Auf ein ereignisreiches Sportjahr blickt man beim KSV Witten 07 zurück. Die Corona-Pandemie hatte auch die Bundesliga-Ringer aus der Ruhrstadt fest im Griff und sorgte nicht nur für den vorzeitigen Rückzug des Teams aus dem Ligabetrieb und den anschließenden Saisonabbruch, sondern auch für einen öffentlich ausgetragenen Streit der Verantwortlichen samt Rücktritten und einer Neuverpflichtung.

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Zu Jahresbeginn war beim Traditionsverein an der Mannesmannstraße noch alles in bester Ordnung. Zwar war im Bundesliga-Viertelfinale nach zwei Niederlagen gegen den hochfavorisierten KSV Köllerbach-Püttlingen Schluss, doch gerade im Rückkampf zeigte man beim 10:23 eine achtbare Leistung – wahrte sein Gesicht.

KSV Witten verpflichtet Adam Juretzko als Trainer

Da war schon klar, dass Coach Fatih Sirin nach vier Jahren auf dem Bock das Traineramt aus beruflichen Gründen nicht weiterführen wird. Mit Altmeister Adam Juretzko hatte der KSV-Vorstand um den Vereinsvorsitzenden Thomas Altstadt aber bald schon einen äußerst erfahrenen wie bei den Fans beliebten Nachfolger als Cheftrainer und sportlichen Leiter gefunden.

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Trotz der durch das Covid-19-Virus zunehmend schwierigen Vorbereitungszeit – ein normaler Trainingsbetrieb auf der Matte war quasi nicht möglich – freute man sich beim KSV auf die neue Kampfzeit, meldete fristgerecht Ende Juli für die Saison 2020/21.

Am 3. Oktober wollte man mit einem neu zusammengestellten Team gegen den SV Alemannia Nackenheim ambitioniert starten. Doch dazu kam es nicht.

Mit einem positiven Coronatest beginnt eine Posse

Nur Tage vorher wurde ein neuer Ringer des KSV Witten positiv auf das Coronavirus getestet. „Über das Gesundheitsamt wurden dann umgehend die Kontaktdaten ausgetauscht, damit die Infektionskette festgestellt werden konnte“, so Altstadt damals. Einige Aktive und auch der Clubchef selbst waren für 14 Tage in Quarantäne.

Kurz darauf entschloss man sich dazu, das ganze Team vom Ligabetrieb abzumelden. Der betroffene Ringer hatte nach seinem Test noch Kontakt zu weiteren Personen aus dem Mannschaftskreis. Auch das Trainingszentrum Ostermannhalle wurde bis auf weiteres geschlossen. Man wolle die Verantwortung nicht tragen, eventuell zu einem Corona-Hotspot zu werden, so Altstadt im Oktober.

Vereinsboss Altstadt und Trainer Juretzko geraten aneinander

Der Bundesliga-Start des KSV fiel ins Wasser, wie letztlich auch die ganze Saison. In Abstimmung mit den Vereinen wurde die Ringer-Bundesliga Anfang November abgebrochen. Doch die Quarantäne-Posse barg bei den Ruhrstädtern weiterhin Zündstoff.

Vereinsboss Altstadt hatte Bundesliga-Coach Juretzko als Hauptschuldigen ausgemacht, als sich der besagte mit Covid-19 infizierte Ringer statt auf das Ergebnis seines Tests zu warten unter die übrigen Sportler im Leistungszentrum Ostermannhalle gemischt hatte, u. a. gemeinsam mit mehreren Ringern saunierte.

Juretzko verhehlte nicht, dass das Ganze „sicherlich nicht glücklich gelaufen“ sei, er seine „Augen aber nicht überall“ haben könne. Er hatte dem Ringer erlaubt – nach eigener Aussage unter Zustimmung Altstadts – in der Ostermannhalle zu trainieren, wenn dort niemand anderes sei. Zum Sündenbock wollte sich das Ringer-Urgestein jedenfalls nicht abstempeln lassen.

Club-Präsident und Hauptinvestor Martin Sesjak wirft das Handtuch

Und es kam noch dicker: Der KSV-Vorstand ging sogar so weit, bereits am 9. Oktober Adam Juretzko für das Trainingszentrum Hallenverbot zu erteilen. Angesprochen darauf hatte Thomas Altstadt in einem WAZ-Bericht drei Wochen später geleugnet, dass ein solches Verbot existiere.

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Danach drohte der Club dem 49-Jährigen, dem nach eigenem Bekunden bis zuletzt noch keine konkrete Äußerung des KSV-Vorstandes darüber vorlag, ob er nun nicht mehr als Trainer dort arbeiten dürfe, sogar mit einem Vereinsausschluss, sollte er die Halle noch einmal betreten.

Das alles veranlasste schließlich den Club-Präsidenten und Hauptinvestor des siebenmaligen Deutschen Meisters, Martin Sesjak, Ende November mit deutlichen Worten zum Rücktritt: „Der aktuelle Vorstand gibt kein gutes Bild ab. Thomas Altstadt ist mit Adam Juretzko völlig respektlos umgegangen. Das kann ich so nicht gut heißen. So geht man mit einem verdienten Sportler nicht um, die menschliche Komponente kam da viel zu kurz. Eine Wittener Ringer-Ikone wurde hier demontiert.“

Ayhan Aytemiz soll die Wogen glätten - mit einer neuen Philosophie

Das selbst ausgegebene Ziel, mit dem KSV bis 2023 die Deutsche Meisterschaft wieder an die Ruhr zu holen, rückte sich dem Jahreswechsel nähernd in ganz weite Ferne.

Immerhin konnten die Wittener mit dem erfahrenen Ayhan Aytemiz Anfang Dezember einen neuen Sportlichen Leiter präsentieren, der den Verein wieder in ruhigeres Fahrwasser führen soll und die Verantwortlichen nach eigener Aussage an einen Tisch bringen will. „Mit gegenseitigen Schuldzuweisungen ist niemandem geholfen“, so der 48-Jährige Kölner. Mit Adam Juretzko hat Aytemiz schon telefoniert. Ob der Altmeister noch einmal zurückkehrt zu seiner alten Liebe, bleibt abzuwarten. Der Trainerposten ist derzeit nach wie vor vakant.

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