Mülheim. 50 Jahre Budenzauber in Mülheim: Emotionen, Skandale und Kultfiguren. Hier sind die Highlights der bewegten Turniergeschichte.

Alle wussten es - nur einer nicht. „Wir verlosen für das nächste Tor das Achter-Six-Pack von der König-Brauerei“, kündigte Moderator Manfred Rixecker im Jahre 1997 in einem Spiel der Hallenfußball-Stadtmeisterschaft für das 100. Tor an jenem Tag an. Was nicht ausblieb, war großes Gelächter auf den Rängen und der Kommentar: „Der trinkt wohl kein Bier.“ Nur eine von vielen Anekdoten aus nunmehr 50 Jahren Mülheimer Hallenfußball-Stadtmeisterschaften.

Während Rixecker in den 90er Jahren mit dem späteren Fachschaftsleiter Jochen Guß durch das Programm führte, übernehmen diese Rolle seit fast einem Vierteljahrhundert Sascha Brattge und Andreas Ernst. Gemeinsam decken sie gut drei der fünf Jahrzehnte der Mülheimer Traditionsveranstaltung ab – für uns blickten sie zurück.

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Bester Spieler

Würde man den früheren Mülheimer Klassiker zwischen dem VfB Speldorf und dem TuS Union 09 zugrunde legen, stünde es 2:1 für Union. Den Speldorfer Punkt steuert Sascha Brattge bei: „Ich sage definitiv Dirk ,Mütze‘ Roenz – als Spieler und vor allem auch als Mensch ein super Typ“.

Aber natürlich fällt auch der Name Joachim Bohra, der in den Neunzigern unzählige Preise abräumte, entweder für Jubiläumstreffer oder das Tor des Turniers. „Unvergesslich die Szene, als 50 DM ausgelobt wurden und Bohra in rasendem Tempo am Sprechertisch, der damals noch direkt am Spielfeldrand stand, mir den Schein aus den Händen riss“, erinnert sich Rixecker.

Zwei der besten Spieler von einst: Michael Klauß und Joachim Bohra.
Zwei der besten Spieler von einst: Michael Klauß und Joachim Bohra. © WAZ FotoPool | Kerstin Bögeholz

Für Andreas Ernst ist es hingegen Michael Klauß – ebenfalls Union 09. „Dass seine Profi-Zeiten noch nicht lange zurücklagen, war deutlich zu sehen.“ Er bringt aber noch einen weiteren Namen ins Spiel: „Ich erinnere mich auch an Nizamettin Akyüz, der in den Neunzigern für Vatan Spor spielte. Ein unglaublicher Zauberer.“

Beste Mannschaft

Wieder fällt die Entscheidung unter anderem zwischen Speldorf und Union. „Für mich ist es der VfB Speldorf mit den Spielern Rafael Synowiecz, Christian Flöth, Jaroslaw Stankiewicz und vielen mehr“, sagt Brattge. Sein Kollege hält dagegen: „Wie Union 09 Ende der Neunziger in der alten Carl-Diem-Halle in der Besetzung Thommy Verwaayen, Marcello Latone, Jörg Gebauer, Joachim Bohra, Michael Klauß und Stefan Hohensee gezaubert hat, das war schon erstklassig.“

Für Manfred Rixecker war es hingegen das Team von Galatasaray Mülheim aus dem Jahr 2006/2007, das acht Spiele in Folge gewann und dann erst im Halbfinale überraschend im Neunmeterschießen an Rot-Weiss Mülheim scheiterte. Zur Mannschaft gehörten unter anderem der überragende Torjäger Burhan Erkis und Abwehrchef Hakan Turna. „Es war die verrückteste Meisterschaft in bis dahin 35 Jahren“, findet Rixecker.

Kult-Spieler

Einer davon spielt auch in diesem Jahr noch mit: Patrick Renning vom 1. FC Mülheim. „Jahr für Jahr macht es mir viel Spaß, ihn anzukündigen“, sagt Andreas Ernst. Zu nennen sei aber auch Joachim Bohra, der für verschiedenste Vereine von Union bis Rot-Weiss in unterschiedlichen Funktionen Jahrzehnte beteiligt war - und sich auf die Halle stets ganz besonders freute. Sascha Brattge denkt aber auch an Hans „Hennes“ Tyrasa. „Wer ihn in seiner unverwechselbaren Art zu laufen in der Halle gesehen hat, weiß wovon ich rede. Einen Beinschuss bei ihm zu machen, war wirklich einfach.“

War schon 2006 dabei: Patrick Renning, mittlerweile 43 Jahre alter Torwart des 1. FC Mülheim.
War schon 2006 dabei: Patrick Renning, mittlerweile 43 Jahre alter Torwart des 1. FC Mülheim. © Andreas Köhring | Andreas Köhring

Bestes Duo

„Matthias Lierhaus und Marco Brings zusammen bei Blau-Weiß Mintard zu sehen, war häufig eine Augenweide“, sagt Ernst und findet die Tatsache, dass beide am Sonntag beim NRW-Traditionsmasters zu den Mülheimer Allstars gehören werden „nachvollziehbar.“

Die Trainer

Trainer reagieren bis heute höchst unterschiedlich auf die Halle. Einigen ist sie lästig, eine Verletzungsgefahr für die Rückrunde. Dirk Pusch beispielsweise mochte sie nie. Andere wie Fritz Holtei, der früher Raadt und Mintard trainierte, sagten: „Für Hallenfußball kannst du mich nachts wecken.“ Viele wurden als Trainer oder Funktionäre zu langjährigen Begleitern des Turniers – etwa Detlef Weides vom 1. FC Mülheim.

Ein Ex-Profi an der Bande: Dirk Pusch, hier als Trainer von Rot-Weiss Mülheim.
Ein Ex-Profi an der Bande: Dirk Pusch, hier als Trainer von Rot-Weiss Mülheim. © FUNKE Foto Services | Michael Ketzer

Die schwierigsten Momente

Die schwärzeste Stunde des Wettbewerbs war das Jahr 2008, als das Turnier wegen Ausschreitungen abgebrochen werden musste. Medien aus ganz Deutschland berichteten. „Leider haben einige wenige immer noch nicht daraus gelernt und es kommt immer wieder zu hässlichen Situationen, die ich menschlich nicht nachvollziehen kann“, bedauert Brattge.

2008 musste die Stadtmeisterschaft nach einer Massenschlägerei abgebrochen werden.
2008 musste die Stadtmeisterschaft nach einer Massenschlägerei abgebrochen werden. © Andreas Köhring | Andreas Köhring

„Aber auch jede Verletzung, jede Schiedsrichter-Kritik unter der Gürtellinie, jede Rangelei - ob auf dem Platz oder auf den Rängen - bringt mich zum Nachdenken“, ergänzt Andreas Ernst und denkt auch an einen Spieler, der in der Vorrunde noch Tore schoss und wenig später tödlich verunglückte. „Ihm vor Beginn der Endrunde zu gedenken, ist allen sehr schwergefallen.“

Besondere Momente & Anekdoten

Die schönen Situationen gab es natürlich auch. „Dass wir noch vor der offiziellen Eröffnung vor ausverkauftem Haus die erste Veranstaltung in der neu gebauten Halle ansagen durften, war ein stolzer Moment“, erinnert sich Andreas Ernst – ebenso wie an eine jahrelang aktive Tipprunde auf der Tribüne. „So wurden auch vermeintlich klare Angelegenheiten stimmungsvoll - und es war nicht egal, ob es 11:2 oder 12:2 stand.“

Dass einmal die Feuerwehr anrücken musste, sorgte im Nachhinein eher für Schmunzeln: Anfang der der 2000er Jahre traf ein Akteur vom SC Croatia in der Vorrundenbegegnung gegen den TSV Heimaterde den Feuermelder und löste dadurch einen Fehlalarm aus. Schläuche kamen nicht zum Einsatz.

Der damalige Gladbach-Profi Marvin Schulz mit Hallensprecher Sascha Brattge und Fachschaftsleiter Peter Hein im Januar 2016.
Der damalige Gladbach-Profi Marvin Schulz mit Hallensprecher Sascha Brattge und Fachschaftsleiter Peter Hein im Januar 2016. © FUNKE Foto Services | Michael Ketzer

„Immer im Gedächtnis bleibt mir hier das Interview mit Marvin Schulz“, erinnert sich Sascha Brattge an den Besuch des heutigen Holstein-Kiel-Profis, der damals für Borussia Mönchengladbach spielte. „Als Gladbach-Fan eines meiner Highlights als Sprecher bei den Hallenstadtmeisterschaften. So viele Bundesligaspieler kommen ja leider nicht aus Mülheim und wenn der dann noch für seinen Herzensclub spielt…“

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