Essen. Millionen Fahrgäste von Bussen und Straßenbahnen müssen am Dienstag wegen umfangreicher Warnstreiks auf andere Verkehrsmittel ausweichen. Die Gewerkschaft Verdi ruft in NRW zum Warnstreik auf. Auch Kitas, Müllabfuhr oder Krankenhäuser können betroffen sein. Was Sie jetzt wissen müssen.

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Viele Bürger an Rhein und Ruhr müssen sich am Dienstag auf Streiks im öffentlichen Dienst einstellen. Weil die kommunalen Arbeitgeber in einer ersten Verhandlungsrunde am Donnerstag noch kein Angebot vorgelegt haben, macht die Gewerkschaft Verdi nun Druck durch Arbeitsniederlegungen. Landesweit hat Verdi über 45.000 Beschäftigte zu stundenweisen bis ganztägigen Warnstreiks aufgerufen. Unter anderem wird der Öffentliche Nahverkehr lahm gelegt. Die wichtigsten Fragen und Antworten:

Busse und Bahnen - was fährt nicht?

Nutzer des Öffentlichen Nahverkehrs müssen am Dienstag in vielen Städten mit massiven Behinderungen rechnen. Das Personal streikt seit 3 Uhr. Geplant ist ein ganztägiger Warnstreik bis 3 Uhr am Mittwochmorgen. In Essen weist die Evag darauf hin, dass am Dienstag keine ihrer Busse und Bahnen fahren werden. Davon betroffen sind auch städteübergreifende Linien wie die U18, die Straßenbahnlinien 104 und 107 sowie die Buslinien 143 und 145. Auch die Evag-Kundencenter sind während des Streiks geschlossen.

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Auch die Bogestra in Bochum, Gelsenkirchen, Witten und weiteren umliegenden Städten wird bestreikt. Am Montag informierte das Verkehrsunternehmen die Pendler auf seinen Anzeigetafeln über die Auswirkungen. "Auch Fahrten durch Fremdunternehmen werden am Dienstag nicht durchgeführt", heißt es seitens der Bogestra. "Es entfallen aufgrund des Warnstreiks von Gewerkschaftsseite sowohl die Mobilitätsgarantie als auch das Pünktlichkeitsversprechen."

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Das gilt auch für die Nutzer von Bus und Bahn in Dortmund. Sämtliche Stadtbahn-, Straßenbahn- und Buslinien der DSW21 fahren dort nicht. Betroffen sind auch alle Nachtexpresslinien und Buslinien, die die DSW21 in den Nachbargemeinden Castrop-Rauxel (480, 482 und NE 11) und Schwerte (430, 435 und NE 25) betreibt. 200.000 Fahrgäste werden davon betroffen sein.

Die Duisburger Verkehrsgesellschaft DVG rechnet mit 170.000 Pendlern, die in der Stadt betroffen sein werden. Auch in Mülheim, Bottrop und Oberhausen stehen Busse und Bahnen still.

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Die Rheinbahn in Düsseldorf empfiehlt ihren Kunden, sich frühzeitig über Alternativen zu Straßenbahn, U-Bahn und Bus zu informieren. Wegen des Streiks sei ein großer Teil ihres Bedienungsgebiets betroffen - neben Düsseldorf also auch der Kreis Mettmann, Meerbusch sowie Verbindungen nach Duisburg, Krefeld, Neuss und Ratingen.

Die Niag hatte zwar am Montag angekündigt, einen Notfahrplan für den Berufs- und Schülerverkehr aufstellen zu wollen, doch im linksrheinischen Teil des Kreises Wesel und auf Linien von und nach Duisburg ist es am Dienstagmorgen zu mehr Ausfällen gekommen als erwartet. "Die von uns zur Verfügung gestellten Notfallpläne können so nicht gefahren werden", heißt es auf der Webseite der Niag.

Was fährt?

Im Kreis Kleve und im rechtsrheinischen Teil des Kreises Wesel (Dinslaken, Voerde und Wesel) fahren alle Busse der Niag nach regulärem Fahrplan.

Die Verkehrsgesellschaft Ennepe-Ruhr hat einen Notfahrplan mit privaten Busunternehmen auf die Beine gestellt. Statt der regulären 120 können so immerhin 22 bis 24 Busse fahren.

In Hagen fahren die Busse nach dem Fahrplan der Nachtexpress-Linien. Der Anschluss an Linien der umliegenden Städte könne dabei allerdings nicht gesichert werden.

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Nicht betroffen sind die Züge der Deutschen Bahn, also auch S-Bahnen und Regionalbahnen. Pendler können daher zum Teil innerhalb der Städte diese Verbindungen ausweichen. In Essen kann so zum Beispiel die S 9 die Straßenbahn 109 in Richtung Hauptbahnhof ersetzen, die S 6 den Bus 142 in Richtung Innenstadt sowie S 9 und RE 14 die Straßenbahnlinien 101 und 103 ebenfalls in Richtung Innenstadt.

Wie sind städtische Kindertagesstätten betroffen?

Da der Warnstreik der Verdi-Mitglieder Auswirkungen auf alle Bereiche des öffentlichen Dienstes haben kann, sind zum Teil auch städtische Kitas betroffen. Eltern seien bereits im Vorfeld informiert worden.

Die Stadt Dortmund hat bereits bestätigt, dass am Dienstag in den 102 städtisch betriebenen Einrichtungen Streiks drohen. Der Stadtelternrat gab zudem bekannt, dass keine Notbetreuungsplätze verhandelt werden konnten.

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In punkto Kitas sei in Essen nicht mit einer zentralen Notfallbetreuung zu rechnen, sagt Stadtsprecherin Nicole Mause. "Die Kitas organisieren das in der Regel selbst". Für die etwa 80 städtisch getragenen Kitas in Duisburg werde das Jugendamt einen Notdienst organisieren, sagt die dortige Stadtsprecherin Gabi Priem.

Auch im siegerländischen Kreuztal ist man zuversichtlich. Im Ernstfall gebe es eine Notfallbetreuung. Wahrscheinlich werde keine Kita komplett geschlossen, sagt Sozialdezernent Dieter Loske.

Dürfen Eltern wegen des Streiks zu Hause bleiben? 

"Leider nicht", sagt Marc Traphan, Fachanwalt für Arbeitsrecht aus Essen. Wenn die Erzieher in Kitas streiken, "ist das das persönliche Risiko der Eltern." Möglich sei es, der Arbeit unbezahlt fern zu bleiben oder Urlaub zu nehmen. "Das muss dann mit dem Arbeitgeber kurzfristig abgeklärt werden", sagt Traphan. Einen Anspruch darauf gebe es aber nicht. "Der Arbeitgeber darf Urlaub aus betrieblichen Gründen ablehnen."

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Auch der Ausfall von Bussen und Bahnen sei keine hinreichende Entschuldigung, wenn Arbeitnehmer zu spät im Büro erscheinen. Stattdessen müsse man sich nach Alternativen umsehen: Fahrgemeinschaften bilden, mit dem Taxi oder Fahrrad fahren. "Wer sich trotzdem verspätet, kann rein formell sogar abgemahnt werden", sagt Traphan.

Welche Dienstleistungen sind noch betroffen?

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Sparkassen und Dienstleister in Stadtverwaltungen sind am Dienstag nur teilweise erreichbar. Sparkassenangestellte aus 14 Städten des Ruhrgebietes sowie aus Düsseldorf und Krefeld haben zu einer Kundgebung in Recklinghausen aufgerufen. Zu Arbeitsniederlegungen kommt es auch in den Theatern in Bochum, Dortmund, Düsseldorf und Essen. Versorgungsbetriebe, Müllabfuhr, Beschäftigte in Jobcentern und Arbeitsagenturen sowie das Personal in vielen Kliniken streiken ebenfalls. Auch an einigen Schleusen ist mit Stillstand zu rechnen.

In Bottrop geht Best-Vorstand Uwe Wolters davon aus, dass die Müllwagen nicht fahren und keine Straßenreinigung erledigt werde.

Auch in Lünen müssten Bürger damit rechnen, dass Mülltonnen nicht geleert werden und der Wertstoffhof geschlossen bleibt. Das gilt auch für das Bürgerbüro und die Ausländerbehörde.

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Der Dortmunder Entsorgungsbetrieb EDG entleert am Dienstag keine Bio- und Restmülltonnen. Sperrmülltermine sollen in Absprache mit den Kunden verschoben werden. Die Deponie Dortmund-Nordost, das Kompostwerk Wambel, die sechs Recyclinghöfe und die Möbelbörse bleiben voraussichtlich geschlossen. Planmäßig geleert werden hingegen die Gelben und Blauen Tonnen.

Warum streiken die Beschäftigten?

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3,5 Prozent mehr Gehalt fordert die Gewerkschaft Verdi für die rund zwei Millionen Beschäftigten von Bund und Kommunen; außerdem soll es eine pauschale Anhebung der Gehälter um 100 Euro monatlich geben. Beim Nahverkehr sollen außerdem noch einmal 70 Euro Sonderleistungen im Monat gezahlt werden. In den Krankenhäusern will man die Nachtzuschläge von 15 auf 20 Prozent anheben. Außer den Lohnerhöhungen fordert Verdi eine Übernahmegarantie für Auszubildende.

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„Auf zarte Hinweise reagiert die Arbeitgeberseite heutzutage leider gar nicht mehr, deshalb müssen wir gleich deutlich werden“, sagt Verdi-Sprecher Günter Isemeyer. „Im öffentlichen Dienst und seinen Unternehmen erwarten die Beschäftigten für gute Arbeit mit hoher Verantwortung und großen Belastungen auch ordentliche Bezahlung. Bisher gibt es nicht einmal ein Angebot “.

Die Verhandlungen sollen am kommenden Donnerstag und Freitag fortgesetzt werden.