Gladbeck. Sabine Ridderskamp hat einen wildbienenfreundlichen Garten angelegt. Einzige Teilnehmerin beim Wettbewerb „Deutschland summt“ aus dem Ruhrgebiet.

Wer träumt nicht davon, eine Gemeine Löcherbiene zu Gast zu haben oder einer Natternkopf-Mauerbiene ein sonniges Plätzchen neben dem Liegestuhl anzubieten? Oder – wem das zu gefährlich klingt – der kann auch mit einer Gehörnten Mauerbiene, einer Glockenblumen-Scherenbiene oder einer Spargel-Schmalbiene sein Glück versuchen. Sie alle leben im Garten eines Einfamilienhauses in einer 60er-Jahre-Siedlung in Rentfort.

„Naturgarten NRW“ steht auf einem kleinen weißen Schild am Holzzaun. „Willkommen im Wildbienenparadies“ träfe es ebenso gut, denn als einzige Bewerberin aus dem Ruhrgebiet nimmt die Gladbeckerin Sabine Ridderskamp am Wettbewerb „Deutschland summt“ teil. Fast 400 Beiträge, darunter auch Firmen, Schulklassen und Vereine gehen mit ins Rennen. Unter dem Motto „Vielfalt im Ruhrgebiet“ hat sich Ridderskamp beworben, nachdem sie in den vergangenen acht Jahren den Garten hinter dem kleinen Einfamilienhaus Schritt für Schritt umgestaltet hat. Ihr Ziel: möglichst vielen Wildbienen und anderen Insekten sollen hier einen Lebensraum finden.

Das Grundstück in Rentfort ist nach einem Drei-Zonen-Konzept angelegt

„Im Laufe dieses Prozesses gab es Zwischenphasen, in denen in meinem Freundeskreis durchaus Bedenken laut wurden, ob ich nicht eher eine Landebahn für Segelflieger als eine Einflugschneise für Bienen, Wespen und Hummeln anlege“, erinnert sich die Sozialpädagogin.

Aber inzwischen sind alle Zweifel verflogen. Das Grundstück ist als sogenannter Hortus nach einem Drei-Zonen-Konzept angelegt und von der deutschen „Natur im Garten“-Gesellschaft ausgezeichnet.

Motivation der Gladbeckerin ist die Überzeugung, dass Naturschutz überall möglich ist

Kriterien für die Jury von „Deutschland summt“ sind dabei nicht nur Art und Anzahl der verwendeten heimischen Blühpflanzen, sondern es geht auch um optisch weniger spektakuläre, aber überlebenswichtige insektenfreundlichen Strukturen. Dieser Aspekt ist auch Sabine Ridderskamp als Naturschützerin besonders wichtig. Nach und nach sind auf dem 1000 Quadratmeter großen Grundstück acht verschiedene Lebensräume für Insekten entstanden, darunter ein Sandarium, ein Sumpfbeet, mehrere Steinpyramiden und sogar ein Käferkeller mit Totholz. Und auch ein Insektenhotel und ein Mäuerchen Naturstein dürfen natürlich nicht fehlen.

Sabine Ridderskamp hat einen wildbienenfreundlichen Garten, hier ist eine Garten-Wollbiene am Woll-Ziest zu sehen.
Sabine Ridderskamp hat einen wildbienenfreundlichen Garten, hier ist eine Garten-Wollbiene am Woll-Ziest zu sehen. © FUNKE Foto Services | Olaf Fuhrmann

Klingt nach einer Menge Arbeit? Ist es auch! „Meine Motivation ist dabei vor allem die Überzeugung, dass Naturschutz überall möglich ist, auf dem Balkon, in Blumentöpfen auf dem Hinterhof, in einem Garten, in Parks, sogar auf landwirtschaftlich genutzten Flächen. Ich möchte meinen Beitrag dazu leisten, und zwar ganz unabhängig davon, ob Wettbewerbe stattfinden oder Preise vergeben werden. Und damit die Freude am Gärtnern lebendig bleibt, nehme ich mir grundsätzlich nur Projekte vor, die ich selber stemmen kann“, erklärt die Naturgärtnerin ihre Prinzipien.

Ein Stück im Garten ist zur Blühwiese geworden

Den Wunsch nach einem Sonnenbeet mit einheimischen Pflanzen hat sie sich in diesem Jahr erstmals erfüllt. Ein Stück der Wiese auf der Südseite des Grundstücks hat sie zur Blühwiese entwickelt, indem sie im vergangenen Herbst eine etwa 70 Quadratmeter große Fläche gerodet hat. „Eigentlich war der Plan, sofort einzusäen“, erinnert sie sich, „aber Naturgärtnern ist nicht nur arbeitsintensiv, man muss manchmal auch einen langen Atem haben. Mein Lieblingsgartenstück war massiv von Quecke bewachsen, und ich musste die gesamte Fläche von Wurzeln befreien. Lediglich einige Initialpflanzen konnte ich setzen und mehr als 500 Krokusse. Dann hieß es abwarten, Quecke zupfen und schon mal Samen besorgen.“

Die kamen übrigens nicht aus dem Baumarkt, sondern wurden in einem Fachhandel bestellt, der darauf achtet, dass die Pflanzen auch in der Region heimisch sind, in der sie ausgesät werden sollen. Denn wenn Pflanze und Klima nicht „matchen“, hat das weitreichende Folgen. Eine Kornblumensorte, die etwa in Bayern heimisch ist, blüht zu einer anderen Zeit als eine Kornblumensorte, die genetisch an nordisches Klima angepasst sind. Wenn die Südpflanze also schon verblüht ist, während die Nektarsammler im Ruhrpott grade erst Hunger entwickelt, guckt die Biene nicht nur buchstäblich in die Röhre, sie kann auch ihrerseits keinen Beitrag zur Bestäubung und Weiterverbreitung der Pflanze leisten.

Nicht nur Insekten, auch Hund, Kater, Hühner und Igel haben in dem Garten einen Platz

Inzwischen sind neben den zum Bestand gehörenden Obstbäumen 71 verschiedene einheimische Pflanzen, Halbsträucher und Gehölze auf dem Gartenstück beheimatet und bieten mehr als 800 Tierarten wie Raupen, Schmetterlingen, Schwebfliegen, Käfern und Co. Nahrung und Lebensraum. Übrigens sind bei der Sozialpädagogin durchaus nicht nur Insekten willkommen. Auch Hund, Kater, Hühner und Igel finden in der Rentforter Oase ihren Platz.

In Sabine Ridderskamps Garten ist nicht nur Platz für Insekten, auch Hund Lubo gehört dazu.
In Sabine Ridderskamps Garten ist nicht nur Platz für Insekten, auch Hund Lubo gehört dazu. © FUNKE Foto Services | Olaf Fuhrmann

Klingt also buchstäblich alles nach eitel Sonnenschein, oder? „Ehrlich gesagt bleibt das eine oder andere Nutzkraut im insektenfreundlichen Garten schon auf der Strecke“, räumt die Naturgärtnerin ein. „Ich habe Zitronenfalter, Weißlinge, C-Falter, Admiral, Pfauenauge und jede Menge Nachtfalter zu Gast in meinem Garten. In ihrer Raupenphase haben diese einen großen Appetit auf Nutzpflanzen, die auch uns Menschen schmecken. In diesem Jahr habe ich zum Beispiel kaum Kohl geerntet, aber diesen Preis zahle ich gerne dafür, dass am Ende so viele Arten wie möglich in meinem Garten ein Zuhause finden.“

Das nächste Projekt steht auch schon fest

Und, ist denn jetzt alles fertig? „Von fertig kann gar keine Rede sein“, sagt die Wahl-Gladbeckerin und lacht. „Als nächste lege ich einen Recyclingweg an, der längs im Garten verläuft. Als Material setze ich ausschließlich Natursteine aus zweiter Hand ein.“

Bleibt zu hoffen, dass Sabine Ridderskamp mit ihrem Projekt „Vielfalt im Ruhrgebiet“ in die Endausscheidung kommt, die am 21. September 2024 in Berlin stattfindet. Gladbeck drückt jedenfalls die Daumen.

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