Gladbeck. 2021 war geprägt von der Corona-Pandemie. So blickt Bettina Weist auf ihr erstes Amtsjahr zurück – und das hat sie sich für 2022 vorgenommen.
Bettina Weist ist seit etwas mehr als einem Jahr die erste Bürgermeisterin der Stadt Gladbeck. Mitten in der Corona-Pandemie startete sie in einer schwierigen Zeit ins Amt. Die WAZ sprach zum Jahresende mit ihr über eine erste Bilanz, das Impfen und die Pläne für 2022.
Frau Weist, wie ist Gladbeck aus Ihrer Sicht durch das Corona-Jahr 2021 gekommen?
Bettina Weist: Ich habe direkt in der Krise losgelegt, mit einer Verwaltung, die diese Aufgabe hervorragend gemeistert hat. Zum effektiven Corona-Krisenmanagement gehörten die bislang sechs mobilen Impfaktionen mit rund 2000 Impfungen, die Schulung für Impflotsinnen und -lotsen, die Corona-Infostände in der Innenstadt, die großangelegte Impfkampagne der Stadt, zuletzt der Impfgipfel mit Ärzte- und Apothekerschaft, dem DRK und dem Kreis Recklinghausen.
Haben Sie alles getan, um in Gladbeck die Impfkampagne voranzutreiben?
Wir haben unheimlich viel Zeit und Mühe investiert, um für das Impfen zu werben, mit Lautsprecherdurchsagen und Plakaten, mit Social-Media-Kampagnen, mit den großen Impfaktionen, mit vielen Gesprächen. Das hat Kraft gekostet, aber jeder und jede Geimpfte war die Mühe wert. Wir haben uns besonders dafür eingesetzt, eine Impfstelle, die das DRK betreibt, in Gladbeck zu bekommen, das ist nicht in jeder Stadt des Kreises so.
Auch wenn es bisher noch keinen Omikron-Fall in Gladbeck gibt, das ist wohl auch nur eine Frage der Zeit: Welche besonderen Vorbereitungen trifft die Stadt Gladbeck wegen der neuen Variante und der sich somit verschärfenden Lage?
So genau wissen wir alle noch nicht, was auf uns zukommt. Ich vertraue aber darauf, dass Bund, Land und auch der für uns zuständige Kreis Recklinghausen die Lage richtig bewerten und uns gut vorbereiten. Eine wichtige Erkenntnis dazu hat auch der Impfgipfel gebracht: Wir haben in Gladbeck ausreichende Impfkapazitäten, es gibt immer freie Termine. Im Januar werden wir zu einem zweiten Impfgipfel einladen und uns mit der dann herrschenden Situation beschäftigen.
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In den vergangenen Wochen waren die Haushaltsberatungen ein wichtiges Thema. Sehen Sie sich angesichts der knappen Mehrheit bei der Verabschiedung des Etats für das kommende Jahr gerüstet oder sehen Sie Ihre Handlungsmöglichkeiten eingeschränkt?
Unsere Handlungsmöglichkeiten wären eingeschränkt oder sogar verwehrt, wenn wir keine Mehrheit bei diesem Haushaltsbeschluss bekommen hätten. Dann könnten wir die Stadt nicht weiterentwickeln, könnten nicht investieren, könnten keine Fördermittel einwerben. Das haben wir in vielen, vielen Gesprächen über viele Wochen immer wieder dargelegt, auf die Wichtigkeit hingewiesen. Der Mehrheit des Rates bin ich jetzt sehr dankbar für das gezeigte Vertrauen.
Bürgersprechstunden in den Stadtteilen geplant
Bürgermeisterin Bettina Weist hat sich für das kommende Jahr vorgenommen, wieder verstärkt mit den Menschen ins Gespräch zu kommen. So möchte sie ihre Bürgersprechstunden auch vor Ort in den Stadtteilen anbieten. „Ich hoffe, Anfang kommenden Jahres damit starten zu können.“Auch Anlassbezogen möchte sie häufiger „Rede und Antwort stehen“. „So wie im Sommer gemeinsam mit Ratsherr Dustin Tix zum Thema Steinstraße“, so die Bürgermeisterin.
Vor Amtsantritt haben Sie gesagt, dass Sie das Klima im Stadtrat verändern und einen anderen Umgang mit den Fraktionen pflegen wollen. Das scheinen Sie geschafft zu haben, es gibt jedenfalls viel Lob von den Parteien für die neue Zusammenarbeit. Sehen Sie in einem weiteren Punkt Verbesserungsbedarf?
Es gibt nur 23 Prozent Frauen im Stadtrat – das ist zu wenig. So bildet sich Gesellschaft im Rat nicht ab. Vielleicht ist es der raue Ton, der viele Frauen abschreckt, in die Kommunalpolitik einzusteigen. Um dieser Entwicklung entgegen zu wirken, habe ich gemeinsam ein Treffen mit den elf Ratsfrauen organisiert. Wir entwickeln nun ein Mentorenprogramm. Dabei sollen im Sinne der Frauenförderung Frauen angesprochen werden, die man langsam an die Arbeit heranführen kann. Ich kann mir vorstellen, dass wir dazu Kontakt über die Frauenorganisationen der Parteien oder Jugendorganisationen knüpfen können.
Ein Thema, das Sie auch das ganze Jahr beschäftigt hat, war die Situation an der Steinstraße. Wie bewerten Sie die Lage dort jetzt?
Es ist deutlich ruhiger geworden. Schon seit längerer Zeit haben wir nun keine Anwohnerbeschwerden mehr. Es wird aber nie „Schöner Wohnen“ werden, die Mieterstruktur ist schwierig. Der Standort hat ein schlechtes Image. Indem wir in dem Haus eine Wohnung gekauft haben, sind wir nun Miteigentümer und so auch immer vor Ort.
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Viele Menschen beschäftigt immer wieder auch die Lage in der Innenstadt. Wie beurteilen Sie diese und wie wollen Sie die Entwicklung vorantreiben?
Die City ist das Herz einer Stadt. Insgesamt bin ich sehr zufrieden mit der Entwicklung, das sah vor rund eineinhalb Jahren noch deutlich schlechter aus. Toll finde ich etwa, wie sich das Glückauf-Center entwickelt hat. Da ist ein richtiges Pfund entstanden, das den Markt beleben wird. Wir brauchen einen Mix aus Handel, Dienstleistung und Kultur. Jetzt wollen wir noch die Goethestraße erneuern und etwa die Spielgeräte auf der Lambertistraße. Es sollen kleinere Elemente entstehen, die die Aufenthaltsqualität erhöhen. Starten wollen wir im Februar.
Wenn Sie noch einmal auf das Jahr zurückblicken, was hätte 2021 besser laufen müssen, wo haben Sie Fehler gemacht?
Ich habe oft schwer aushalten können, dass Beschaffungsvorgänge so lange gedauert haben. Obwohl Mittel im Haushalt bereitstanden, gab es große Probleme bei der Lieferung von mobilen Endgeräten aber auch interaktiven Tafeln für die Schulen. Das lag auch daran, dass Firmen gegen die Vergabe geklagt hatten und die Vergabe so neu ausgeschrieben werden musste. Wir sind aber in einer pandemischen Lage und diese Geräte sind wichtig für die Bildung. Das ist kaum vermittelbar. Mir ist wichtig, dass wir weiterhin gesellschaftlich zusammenhalten. Hassausbrüche in sozialen Medien beschäftigen mich sehr. Staat und Stadt können nicht alles alleine richten, wir brauchen die Mithilfe eines jeden Einzelnen. Jeder muss sich an Regeln halten und sollte sich impfen lassen.
Mit Blick auf das neue Jahr: Was haben Sie sich für 2022 vorgenommen? Wo sehen Sie dringend Handlungsbedarf?
Wir gehen die Themen Digitalisierung und Zukunftsmanagement an, haben für beides engagierte neue Beauftragte, die uns guttun werden. Unter anderem soll eine Zukunftsstrategie für Gladbeck entwickelt werden. Wie wollen wir 2031 leben, was soll Grundlage unseres Handels sein? Für solche Fragen brauchen wir einen Leitfaden. Da spielen viele Themen rein, Digitalisierung, Mobilitätswende, gesellschaftliches Zusammenleben. Wir wollen eine digitale Stadt Gladbeck entwickeln, dazu wollen wir auch die Sicht der Bürger miteinbeziehen: Was brauchen wir, welche Dienstleistungen soll es in digitaler Form geben? Mit dem neuen Zukunftsmanager wollen wir zudem eine Respektkampagne starten. Mitarbeiter beim Bürgeramt, ZBG oder der Feuerwehr sind oft der Fußabtreter für alles, da haben wir echt ein gesellschaftliches Problem.
Welche Themen werden Gladbeck 2022 noch beschäftigen?
Ein großes Thema für die Stadtverwaltung wird die Neuplanung der Sporthalle in Rentfort-Nord sein, auch der Umzug des SV Zweckel ist eine riesige Aufgabe. Auch das Riesener-Gymnasium wird vorrangig behandelt. Weiterhin wichtig: Klimaschutz und Mobilität, Bildungsgerechtigkeit und ein gutes Zusammengehörigkeitsgefühl. Wichtigste Aufgabe bleibt natürlich in gesundheitlicher, aber auch in wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Sinn das Krisenmanagement während der Corona-Pandemie.
Eine persönliche Frage zum Schluss: Wie feiern Sie Weihnachten und Silvester, und wie entspannen Sie sich von diesem Corona-Jahr?
Ich freue mich einfach immer, wenn ich Zeit mit meiner Familie verbringen kann. Das werden wir sehr ausgiebig tun. Und ich freue mich für unseren Hund Hotte, der diesmal wieder keine Angst vor dem Silvester-Feuerwerk haben muss und so ganz entspannt ins neue Jahr starten kann.