Gladbeck. In der Bäckerei Walinski in Gladbeck wird in diesen Wochen weihnachtlich gebacken: Plätzchen, Spekulatius, Stollen. Die WAZ war dabei.

Am frühen Dienstagmorgen ist es bitterkalt. Es ist dunkel und die parkenden Autos an der Gildenstraße in Gladbeck sind von feinem weißem Eis überzogen. Nur der Kiosk ist hell erleuchtet – und die Bäckerei Walinski. Die Fensterscheiben sind beschlagen. Um sieben Uhr kommt eine Kundin herein und verweist auf ihre tägliche Bestellung von drei Brötchen, die schon eingetütet im Regal liegt. „Das sind die Stammkunden aus der Nachbarschaft“, erklärt die Verkäuferin, „die bezahlen immer für die Woche und holen sich dann jeden Morgen frisch ihre Brötchen ab. In so einer kleinen Bäckerei kann man das machen“, sagt sie und schmunzelt.

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Hinter der Theke geht es durch eine urige Küche in die Backstube, die Wirkungsstätte von Bäckermeister und Eigentümer Markus Walinski. Während andere Menschen gerade die Zeitung aufschlagen oder frühstücken, ist er bereits seit sieben Stunden auf den Beinen. Um halb sechs gehen schließlich schon die ersten frischen Brötchen über die Ladentheke. Die zwei Gesellen der Bäckerei haben um sieben Uhr Feierabend. Für Markus Walinski steht am Dienstag jedoch noch die letzte Runde Weihnachtsbäckerei an. Christstollen, Gewürzspekulatius und Vanillekipferl stehen auf dem Plan. Die Bäckerei Walinski ist einer der drei Betriebe in Gladbeck, in denen noch in Handarbeit selbst gebacken wird. „Für die Stollen habe ich gestern schon den Teigansatz gemacht und die Rosinen in Rum eingelegt“, erklärt der 54-Jährige.

Bäckermeister Markus Walinski (rechts) und sein Vater Klaus Walinski backen noch immer gern gemeinsam. Und Stutenkerle und Spekuatius gehört für sie zur Weihnachtszeit einfach dazu.
Bäckermeister Markus Walinski (rechts) und sein Vater Klaus Walinski backen noch immer gern gemeinsam. Und Stutenkerle und Spekuatius gehört für sie zur Weihnachtszeit einfach dazu. © FUNKE Foto Services | Lutz von Staegmann

81-jähriger Bäckermeister hilft seinem Sohn noch immer gerne in der Backstube

In der Backstube stehen drei Froster, zahlreiche mannshohe Wägen mit Blechen, 25 Kilo-Säcke mit Mehl und Sonnenblumenkernen. Mit Hilfe einer großen Teigknetmaschine vermengt Walinski den Stollenteig mit den Rosinen, Mandeln, Zitronat und Orangeat. Langsam dreht sich der armdicke Knethaken im Kreis, mehr Tempo würden die Rosinen nicht mitmachen. Den fertigen Teig trennt Walinski ab, drückt ihn flach und legt anschließend je eine Rolle Marzipan in den Teig. „Die rohen Stollen müssen jetzt in die Formen und anschließend mindestens eine dreiviertel Stunde lang in den Gärraum. Durch die Wärme und die Feuchtigkeit geht der Teig vor dem Backen noch mal richtig schön auf“, erklärt Markus Walinski.

Rezept für Vanillekipferl

Bäckermeister Klaus Walinski hat zwar alle Rezepte handschriftlich von seinem Vater überliefert bekommen, die Mischung für Vanillekipferl kann er aber aus dem Kopf ansagen. Die Mengen beziehen sich allerdings auf zehn Bäckerbleche (Angaben in Klammern), daher wurden sie hier auf circa zweieinhalb haushaltsübliche Bleche umgerechnet:Zutaten: 212 Gramm Mehl (850 Gramm); 175 Gramm Butter (700 Gramm); 87 Gramm Mandelgries (350 Gramm); 75 Gramm Zucker (300 Gramm); 10 Gramm Vanillezucker (40 Gramm); ein Eigelb (4). Die Zutaten zu einem Teig vermengen, die Kipferl formen und anschließend für zehn bis zwölf Minuten bei 160 Grad backen.

Für die Herstellung der beiden Plätzchensorten, die während der Gärzeit vorbereitet werden, kommt auch Klaus Walinski aus seiner Wohnung über der Bäckerei dazu. Der 81-Jährige hat den Betrieb 1988 an der Gildenstraße 5 eröffnet und seit seiner Rente an seinen Sohn übergeben. „Mir macht es immer noch Spaß, hier zu helfen. Ich finde es einfach schön zu sehen, was am Ende aus der Arbeit wird“, so der Bäckermeister.

Ein weihnachtlicher Duft breitet sich in der Backstube aus

Während er zehn Kilo Teig für den Butterspekulatius noch einmal durchknetet, füllt sich der Raum mit weihnachtlichem Duft. Nelken, Zimt und Kardamom verleihen dem Gebäck seinen unverkennbaren Geruch. Auf einer Maschine liegt ein mehlbestäubtes, in Leder gebundenes Buch. Darin hat Klaus Walinskis Vater, der ebenfalls Bäcker war, seine Backrezepte niedergeschrieben. Reinschauen muss Klaus Walinski aber schon lange nicht mehr, die Rezepte kennt er in- und auswendig.

In einem alten Rezeptbuch finden sich viele Geheimtipps, wie etwa zu den Zutaten für Gewürz- und Butterspekulatius.
In einem alten Rezeptbuch finden sich viele Geheimtipps, wie etwa zu den Zutaten für Gewürz- und Butterspekulatius. © FUNKE Foto Services | Lutz von Staegmann

Zum Backen bereiten die Walinskis eine Keksmaschine vor, die ein Aufkleber auf 1975 datiert. Markus Walinski setzt eine Walze ein, die aus dem Teig die Spekulatiusfiguren presst. „Diese Art zu backen, das ist schon sehr altertümlich, das macht eigentlich kein Mensch mehr so“, vermutet Markus Walinski, „umso schöner ist es, dass wir das hier noch so machen können.“ Sein Vater ergänzt: „Das machen wir hier noch genau so, wie ich das damals in meiner Ausbildung in Haltern gelernt habe.“ Nach über einer Stunde ist die letzte Spekulatiusfigur auf dem Keksblech gelandet. 40 Bleche voller Spekulatius, das mit Milch besprüht wird, bevor sie für zehn Minuten in den viergeschossigen Ofen kommen. „Das sorgt für den Glanz.“ Danach wird die Walze in der Plätzchenmaschine ausgetauscht und eine für Vanillekipferl eingesetzt. Am Ende des frühen Arbeitstages kommt die Maschine in einen Nebenraum, bis im kommenden Oktober die nächsten Weihnachtsplätzchen gebacken werden.