Duisburg. Ladeninhaber haben Angst, Anwohner schildern schlimme Zustände in Meiderich. Zunächst hatte sich die Situation gebessert. Dann kam die Messerattacke.

Die Von-der-Mark-Straße gehört zum Revier von Polizeioberkommissar Julian Korf. Als Bezirkspolizist von Mittelmeiderich kennt er die Zustände auf der Einkaufsstraße sehr genau. Er kennt die Geschäftsleute, die aus Angst vor Überfällen ihre Läden vor Einbruch der Dunkelheit schließen. Kennt die Beschwerden über Jugendbanden, Bedrohungen, Pöbeleien. Und er weiß auch von Berichten über Drogenhandel und illegale Prostitution. Weiß von der Online-Petition, die vom Land NRW mehr Sicherheit für Meiderich fordert. Natürlich ist ihm auch die Polizeistatistik bekannt, die die Einkaufsstraße, den Meidericher Bahnhof und die Nebenstraßen als Kriminalitätsschwerpunkt ausweist.

Die Situation auf und um die Einkaufsstraße sei „medial sehr hochgekocht“ worden, berichtet Julian Korf noch am Donnerstagnachmittag der örtlichen Bezirksvertretung – knapp 48 Stunden vor der Messerattacke in Meiderich. Die Lage werde in den Medienberichten „deutlich schlimmer dargestellt, als es tatsächlich ist“. Bei seinen Fußstreifen treffe er regelmäßig auf Meidericher, die sich durchaus positiv über ihre Heimat äußern. „Die Sicherheit ist deutlich gestiegen“, insbesondere seit die Polizei eine Verbrecherbande festnehmen konnte.

Wie sicher ist Meiderich rund um die Einkausstraße und den Bahnhof? So sieht die Polizei Duisburg die Lage

Daran haben auch höhere Polizeipräsenz und Zivilfahnder ihren Anteil. Doch allein an den Anzahl der Straftaten lässt sich dieser Trend wohl nicht ablesen. „Die Zahlen sind angestiegen“, räumt der Polizeioberkommissar gegenüber den Bezirksvertretern ein, aber das seien sie im gesamten Stadtgebiet. Konkreter wird er nicht. Jedoch berichteten Geschäftsleute unserer Redaktion unlängst, dass sie mit Korf in Kontakt stehen und ermutigt werden, mehr Straftaten anzuzeigen. Das schrumpft die Dunkelziffer und ermöglicht künftig mehr Polizeimaßnahmen.

Die beiden Bezirkspolizisten Julian Korf (links) Christian Brick gehen regelmäßig gemeinsam in Mittelmeiderich auf Streife.
Die beiden Bezirkspolizisten Julian Korf (links) Christian Brick gehen regelmäßig gemeinsam in Mittelmeiderich auf Streife. © FUNKE Foto Services | Alexandra Roth

Ist es denn weiterhin „so gravierend“, möchte Günter Back (CDU) wissen, „dass man besondere Maßnahmen ergreifen muss“? Denn das Stadtteilparlament sei davon überzeugt. Deshalb hat es im Oktober ein umfangreiches Handlungskonzept für mehr Sicherheit beschlossen. Dazu gehören neben mehr Fußstreifen und einer Polizeisprechstunde auch drastische Maßnahmen wie eine Messerverbotszone und Polizeikameras. Darauf gibt es jetzt eine Reaktion von der Polizei Duisburg.

Absage für eine Messerverbotszone, aber Entscheidung über Polizeikameras fällt zeitnah

Die rechtlichen Voraussetzungen für eine Waffenverbotszone seien aktuell nicht erfüllt. Denn in ganz Mittelmeiderich habe es von Juli bis Silvester 2024 insgesamt nur drei Straftaten im öffentlichen Raum gegeben, bei denen ein Messer beteiligt war. In allen Fällen ging es um Bedrohung. Statt auf Messerverbotszonen setzt die Behörde im Stadtteil auf „strategische Fahndungen“.

Ob hingegen mobile Polizeikameras nach dem Polizeigesetz aktuell zulässig und „einsatztechnisch sinnvoll“ sind, prüft jetzt das Polizeipräsidium. „Es wird eine zeitnahe Entscheidung geben“, heißt es in dem Schreiben. Denn der Bereich zählt zu den neun Kriminalitätsschwerpunkten in Duisburg, zu Hotspots. Daher hat es dort 2024 nach Polizeiangaben drei Schwerpunkteinsätze gegeben. Weiterhin setzt die Behörde auf mehr Polizeipräsenz inklusive Hundertschaften sowie Streifenpolizisten der Wache in Ruhrort. „Die kontinuierliche Präsenz der Polizei soll weiter fortgesetzt werden.“

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Ergänzend antwortet das Ordnungsamt auf den Beschluss, dass auch der städtische Außendienst häufiger vor Ort ist. Ordnungsdezernent Michael Rüscher hatte bei einer Bürgerversammlung im November den Ladenbesitzern eine Sicherheitseskorte angeboten. Neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sollen künftig als Bezirksbeamte in Doppelstreifen unterwegs sein und ein festes Büro im Stadtteil bekommen.

Ein neues Lichtkonzept sowie Maßnahmen gegen Autofahrer und Fahrradfahrer, die unerlaubt durch die Fußgängerzone fahren, werden im Rathaus noch geprüft. Auch dies sieht das beschlossene Handlungskonzept vor.

„Die Kunden bleiben weg, wir müssen die Kurve kriegen“: Ladenbesitzer sind in Sorge

Die Erfolge der Polizei sehen auch die Ladeninhaber und Kaufleute. „Es hat sich hier normalisiert, zumindest ein Stück weit“, sagt am Freitagabend Heike Wiehe, die Vorsitzende des örtlichen Werberings, im Gespräch mit der Redaktion. Zwar explodieren immer noch Böller und Jugendliche rennen immer noch in Geschäfte, teils um zu stehlen. Aber vieles sei seit dem Herbst schon besser geworden.

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Dennoch sei die hohe Polizeipräsenz weiterhin notwendig, „sie bietet Sicherheit für Geschäftsleute und Kunden“. Insbesondere Ladeninhaber und Verkäufer, die ihren ganzen Arbeitstag in den Geschäften verbringen, haben weiterhin Angst, fühlen sich unsicher. Dass es nun abends, so Heike Wiehe, wieder etwas länger hell ist, verbessere allerdings die Situation.

Der Imageschaden für Meiderich wiegt für einige Kaufleute allerdings schwer, wie der Werbering berichtet. „Die Kunden bleiben weg, wir müssen die Kurve kriegen“, unterstreicht Heike Wiehe den Ernst der Lage. Einige Einzelhändler bangen demnach bereits um ihre Läden und damit um ihre Existenz.

Seit der jüngsten Sitzung der Bezirksvertretung hat sich die Situation jedoch wieder plötzlich und drastisch verschlimmert. Unweit der Einkaufsstraße hat sich am Samstagnachmittag eine Bluttat ereignet.