Duisburg. Drogen, Gewalt und Überfälle: Anwohner und Ladenbesitzer fürchten um Meiderichs Einkaufsstraße. Sie berichten von Machenschaften krimineller Clans.

Die Menschen in Meiderich kämpfen um ihre Einkaufsstraße. Aus Angst vor Überfällen schließen einige Geschäfte vor Einbruch der Dunkelheit. Wegen Jugendbanden schickt die Polizei Duisburg mehr Streifen auf die Von-der-Mark-Straße und prüft, ob Polizeikameras aufgestellt werden können. Doch die Probleme sind deutlich zahlreicher und komplexer, als die Kriminalitätsstatistik vermuten lässt.

Leerstehende Ladenlokale und eine hohe Fluktuation bei den Geschäften, so berichten Hauseigentümer und Anwohner, seien ein Symptom für eine Abwärtsspirale und für Machenschaften von Verbrecherbanden. Von den alteingesessenen Eigentümerfamilien, die teils seit 1890 in Meiderich Immobilien besitzen, sind kaum noch welche geblieben.

Viele Eigentümer haben ihre Häuser längst an Investorengruppen verkauft. Oder, so heißt es im Flüsterton, an Mittelsmänner des organisierten Verbrechens, an Handlanger krimineller Clans. Geboten wurden und werden demnach oft Kaufpreise weit über von Gutachtern ermittelten Marktwerten.

Meidericher beklagen deutlich zahlreichere Probleme im Stadtteil als nur kriminelle Jugendbanden

Die Einkaufsstraße hat sich längst gewandelt. Auch die Bevölkerung. Und der Ruf. So erzählen Vermieter, dass junge Familien – mit und ohne Migrationshintergrund – nicht mehr in freie Wohnungen auf der einstigen Vorzeigemeile ziehen wollen. Geschäftsleute beklagen, dass die Kundschaft aus Angst wegbleibt. Umso mehr, seitdem die Bezirksvertretung eine Messerverbotszone möchte und das Sicherheitsproblem im Stadtteil überregional thematisiert wird.

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Zudem gilt es als ein offenes Geheimnis im Viertel, dass es in Hinterzimmern, in nicht einsehbaren Innenhöfen und Kellern illegales Glücksspiel und illegale Prostitution gebe. Drogendeals und -konsum liefen dagegen längst ungeniert am helllichten Tag. Skrupellose Vermieter quartieren verzweifelte Menschen angeblich in überbelegte Wohnungen ein und schmeißen sie gewaltsam raus, sobald jemand aufmuckt.

Zwar ordnet die Polizei die Einkaufsstraße samt Meidericher Bahnhof und Umgebung als Kriminalitätsschwerpunkt ein. Verbotene Prostitution beispielsweise kann sie aber nicht bestätigen. Allerdings: Für solche und andere Straftaten, die selten angezeigt werden, nimmt die Behörde eine besonders hohe Dunkelziffer an.

Anwohner in Angst: „Wenn wir jetzt nichts tun, haben wir unseren Stadtteil verloren“

„Wir haben schon fünf nach zwölf; wenn wir jetzt nichts tun, haben wir unseren Stadtteil verloren. Dann haben sich unsere Vorfahren jahrzehntelang umsonst abgerackert“, beklagt eine Hauseigentümerin. Wie viele weitere Gesprächspartner der Redaktion will sie ihren Namen nicht in der Zeitung lesen; so wollen sie ihre Familien vor rachsüchtigen Übeltätern auf der Von-der-Mark-Straße schützen. „Wir sind ein vergessener Stadtteil“, kritisiert die Meidericherin weiter, „immer geht es nur um Marxloh oder Hochfeld“.

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Ihren Hilferuf wollen die Anwohner keineswegs als Ausländerfeindlichkeit verstanden wissen. Seit Jahrzehnten leben sie mit „Menschen aus ganz vielen Nationen zusammen“ und es habe keine nennenswerten Probleme gegeben. „Uns geht es um die Spekulanten, die hier Häuser aufkaufen und andere Menschen ausbeuten.“

Zu den Opfern, erzählen die Meidericher, gehören Familien mit Kindern, die kaum Deutsch können, geschweige denn ihre Rechte kennen. So würden sich verschleierte Frauen mit arabischem Niqab, der lediglich einen Sehschlitz für die Augen freilässt, nur spätabends oder nachts aus ihren Wohnungen trauen.

Wunsch nach großangelegten Razzien wie im Weißen Riesen in Hochheide

Großangelegte Razzien wie zuletzt im Weißen Riesen in Hochheide seien notwendig, vor allem auf dem hinteren Ende der Einkaufsstraße. So begrüßen die Meidericher und Meidericherinnen, dass die Polizei bereits die Präsenz erhöht hat und neuerdings mehr Streifen auf die Von-der-Mark-Straße schickt.

Doch es müsse viel mehr passieren. Ob die geforderte Messerverbotszone hilft? Die Zweifel sind groß. Aber den Verbrechern, den Ausbeutern und den migrantischen Jugendbanden wollen die Meidericher ihre Basarstraße, das Herz ihres Stadtteils, nicht kampflos überlassen. Dafür brauche es aber nicht nur Polizisten und Polizistinnen oder das Ordnungsamt. Die Betroffenen sehen alle Ordnungsbehörden in der Pflicht.

Dass ihr Hilferuf die Polizei und die Lokalpolitiker bereits erreicht hat, werten sie als gutes Zeichen. Doch sie verlangen, dass Probleme ab sofort klar benannt und nicht ignoriert werden. Unabhängig davon, ob sich Verbrechen als Anzeigen in der Kriminalitätsstatistik niederschlagen. Sie erhoffen sich nachhaltige Erfolge – aber dafür kann größere Polizeipräsenz nur der Anfang sein.