Duisburg. Gewalt, Drogen und Prostitution: Geschäftsinhaber und Politiker klagen über die „Abwärtsspirale“ in Meiderich. Sie schildern heikle Momente.
Das Herz von Meiderich ist seine Einkaufsstraße. Doch Udo Winkler befürchtet den Infarkt. Viele Leerstände und kaum Laufkundschaft. Dafür Gewalt, Überfälle, Diebstähle, Drogenhandel und illegale Prostitution. All das will der Sozialdemokrat nicht hinnehmen und setzt sich deshalb für mehr Sicherheit ein.
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„Viele Menschen, gerade viele Ältere, fühlen sich hier nicht mehr sicher“, sagt der Duisburger im Gespräch mit der Redaktion beim Ortstermin. Er nehme eine „extreme Abwärtsspirale“ wahr, deren Symptome ein hoher Leerstand und Kundenrückgang seien. So habe er selbst Drogendeals beobachten können. Aber auch, dass Sex gegen Rauschgift angeboten wird.
Drogen, Diebstahl, Prostitution und Gewalt: „Meiderich darf nicht zu einem Brennpunkt werden“
Längst ist bekannt, dass auch gewaltbereite Kinder- und Jugendbanden die Von-der-Mark-Straße heimsuchen. Alkoholiker und Obdachlose treffen sich täglich am Busbahnhof. „Meiderich darf nicht zu einem Brennpunkt werden“, mahnt der Lokalpolitiker und sieht die Polizei in der Pflicht. „Durch ihre Anwesenheit müssten Polizistinnen und Polizisten Sicherheit schaffen.“ Genau das würden die Ordnungshüter zuletzt nur unzureichend schaffen, kritisiert Winkler.
Ob tatsächlich aus Angst weniger Laufkundschaft kommt? Darauf möchte sich der Gastronom Ali Oruk nicht festlegen. Jedoch bemerkt der Chef vom „Bazar Streetfood“ einen deutlichen Besucherrückgang in der Fußgängerzone und beim Wochenmarkt. Die Zahlen seien nicht mehr so hoch wie vor der Corona-Pandemie.
Dabei liegt sein Lokal am U-Bahnhof und nahe dem Edeka-Supermarkt sowie dem Bezirksamt, die alle wichtige Frequenzbringer sind. Allerdings hätten viele Kundinnen und Kunden merklich weniger Geld im Portemonnaie, und auch die Preise seien notgedrungen gestiegen. „Nicht alle können sich noch einen Döner leisten.“
Mehr Kundinnen und Kunden wünscht sich auch Aykan Çoban für seinen Schuh- und Schlüsseldienst. Dass sich die Menschen in der Einkaufsstraße nicht mehr wohlfühlen, merkt der gebürtige Meidericher nicht nur durch Gespräche. Auch daran, dass bei ihm Tränengas zum Verkaufsschlager geworden ist.
Kaufleute an der Von-der-Mark-Straße fürchten sich vor Überfällen
Tatsächlich hätten Kaufleute fast täglich Ärger mit Jugendlichen und Kindern, die Passanten bepöbeln, schubsen und beklauen, sagt Heike Wiehe vom örtlichen Werbering. Da dies kein neues Problem sei, wachse der Frust bei den Geschäftsleuten und bei der Kundschaft.
„Tagsüber geht es“, räumt die Vorsitzende ein, „aber hier herrscht Angst vor der Herbstzeit, wenn es früher dunkel wird.“ Daher würden einige inhabergeführte Geschäfte neuerdings früher schließen, damit die Kaufleute nicht im Dunkeln alleine im Laden sind oder nach Feierabend alleine zum Auto laufen müssen. Sie befürchten Überfälle. „Mit mehr Polizeipräsenz würden wir uns besser und sicherer fühlen“, so Heike Wiehe.
Kriminalitätsschwerpunkt: Polizei Duisburg setzt jetzt mehr Streifen und Zivilfahnder ein
Die Polizei Duisburg kennt die Situation gut. Der Bereich um den Bahnhof Meiderich samt Von-der-Mark-Straße und Nebenstraßen sei ein Kriminalitätsschwerpunkt, „ein absoluter Hotspot“, so Polizeisprecherin Ronja Baerecke gegenüber der Redaktion.
Das mangelnde Sicherheitsgefühl der Geschäftsleute und Passanten kann die Polizei durch Zahlen belegen. So zeigt die Statistik von Neujahr bis Ende August 2024 insgesamt mehr als 400 Straftaten in diesem Bereich. Darunter fallen über 50 Körperverletzungen. Häufig gehe es um Jugendkriminalität und Drogendelikte, so Baerecke, und bei Einsätzen wurden durchaus schon Klappmesser und andere Waffen sichergestellt. An manchen Tagen stellen Polizistinnen und Polizisten dort sogar rund 50 Straftaten fest.
Außerdem gebe es dort „eine hohe Dunkelziffer“ für Verbrechen. So kann die Polizei beispielsweise nicht bestätigen, dass sich häufig Süchtige sich unerlaubt prostituieren und mit Drogen bezahlt werden. Solche Geschäfte werden natürlich nicht angezeigt. Dennoch hat sich die Lage rund um den Bahnhof nachweislich verschärft. So weist die Kriminalitätsstatistik für Januar bis Ende August 2023 nur circa 270 Straftaten auf.
Aktuell zeige die Polizei „besonders viel Präsenz“ und setze auch Zivilfahnder ein, skizziert die Behördensprecherin eine Gegenmaßnahme. Diese fruchtet bereits, wie Heike Wiehe jetzt berichtet: „Wir sind auf einem guten Weg.“ So stehe etwa der neue Bezirkspolizist Julian Korf schon mit den meisten Ladenbetreibern in Kontakt.
Polizeikameras und messerfreie Zonen sollen Straftaten eindämmen
All dies reicht Udo Winkler jedoch nicht. Als SPD-Chef in der Bezirksvertretung Meiderich/Beeck fordert er gemeinsam mit seiner Fraktion, mit der CDU und dem Wählerbündnis „Solidarität für Duisburg“ mehrere Maßnahmen, um die Kriminalität zu bekämpfen.
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Im Bereich des Bahnhofs und der Einkaufsstraße sollen beispielsweise mehr Fußstreifen eingesetzt werden. Mobile Polizeikameras wie auf dem Altmarkt sollen aufgestellt werden. Außerdem wollen die Parteien messerfreie Zonen. Zusätzlich soll ein neues Beleuchtungskonzept entwickelt werden.
>> Sondersitzung der Bezirksvertretung Meiderich/Beeck
- Dieser Antrag für mehr Sicherheit wird auf einer Sondersitzung der Bezirksvertretung diskutiert.
- Sie ist öffentlich und findet statt am Donnerstag, 17. Oktober, um 15 Uhr im Bürgerhaus Hagenshof (Wiesbadener Straße 104).