Bottrop. Drogen, Müll und Ratten sind nur einige der Probleme, die eine Geschäftsfrau in Stadtmitte wahrnimmt. Zuletzt wurde ihr von Jugendlichen gedroht.
Seit 16 Jahren ist Claudia Kisters am Bottroper Kolpingplatz selbstständig. Lange Zeit hat sie sich gemeinsam mit ihrer Mutter um die Blumenbeete und die Sauberkeit gekümmert vor dem Geschäft auf der Sackgasse, die parallel zur Osterfelder Straße etwas versteckt hinter Geschäften verläuft. Schon seit einigen Jahren jedoch gibt es Probleme, die sie immer wieder bei der Stadt angesprochen hat. Nun benennt sie diese öffentlich, denn zuletzt seien sie und ihre Mutter sogar bedroht worden.
Bottroper Unternehmerin: „Wenn ich hier wohnen würde, würde ich umziehen“
„Wenn ich hier wohnen würde, würde ich umziehen“, sagt Claudia Kisters sichtlich verärgert. Mit ihrem Geschäft fühlt sie sich eigentlich am Kolpingplatz wohl. Seit einigen Jahren hat sie am Standort aber immer größer werdende Probleme, beschreibt sie. Die meisten davon hängen mit Jugendlichen und jungen Erwachsenen zusammen, die sich in dort vermehrt treffen.
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„Vornehmlich sind es Gruppierungen junger Männer. Sie trinken und essen hier, lassen ihren Müll und Zigaretten überall liegen und blockieren mit ihren Fahrzeugen häufig die Sackgasse.“ Dabei würden die Autofahrer in Ladezonen, Einfahrten mit Halteverbotsregelungen oder schlicht auf der Straße stehen bleiben und so häufig die Zufahrten zu den Garagen der auf dem Hinterhof liegenden Häuser blockieren.
Hohes Aggressionspotenzial der jungen Männer verunsichert Anwohner
„Dosen von Energy-Drinks, Flaschen und Scherben, Zigaretten, gar Drogen-Tütchen kann ich nahezu täglich vor unserem Geschäft einsammeln. Das ärgert uns natürlich“, erklärt Kisters im Gespräch mit der Redaktion. Und auch die Anwohnerinnen und Anwohner, die ihre Eigentumswohnungen ausschließlich über den Kolpingplatz erreichen, sähen die Probleme. „Die jungen Männer lungern in den Ecken rund um den Platz herum, der an vielen Stellen recht dunkel ist. Man spürt ein hohes Aggressionspotenzial, das viele hier einschüchtert.“ Einige Bewohner aus dem Umfeld fühlten sich so unwohl, dass sie inzwischen Wohnungen verkauft hätten und umgezogen seien.
„Bis 2019 war es hier ruhig. Seitdem, die Lockdown-Zeiten ausgenommen, wird es Jahr für Jahr zunehmend schlimmer. Das habe ich auch schon häufig bei der Stadt angemerkt“, so Claudia Kisters. Sie ist offen, spricht die jungen Männer häufig an. „Ich möchte sie einfach darauf hinweisen, dass das nicht geht. Ich bin immer höflich, in letzter Zeit aber auch immer bestimmender, weil das Problem einfach nicht besser wird. Sie können gerne hier sitzen und sich hier aufhalten, aber Respekt und Ordnung müssen schon sein.“ Wie die Jugendlichen auf die Ansprache reagieren, sei von Fall zu Fall unterschiedlich.
„Manche sind verunsichert, sammeln ihren Müll dann ein und werfen ihn in den Mülleimer wenige Meter weiter, andere jedoch ignorieren mich einfach. Wiederum andere, häufig aus Gruppen heraus, beschimpfen mich, teils weit unter der Gürtellinie“, beschreibt Kisters. Sie lasse sich davon aber nicht einschüchtern. Im Gegenteil: Sie ruft in solchen Momenten beim Kommunalen Ordnungsdienst (KOD) an, der unter anderem für die Überwachung von öffentlichen Plätzen und der Sauberkeit dieser verantwortlich ist.
Kommunaler Ordnungsdienst kann teilweise nicht kommen
Der KOD, so der Eindruck der Geschäftsfrau, mache dann auch grundsätzlich einen guten Job – wenn er denn kommt. Die Mitarbeiter müssten sie bei Beschwerden oft vertrösten, weil alle verfügbaren Kräfte durch andere Einsätze im Stadtgebiet blockiert seien.
„Vermutlich“, so Kisters, „reicht das Personal einfach nicht aus. Mit dem ZOB und dem Ehrenpark gibt es ja noch mehr dunkle Ecken.“ Damit sei den Unternehmerinnen aber nicht geholfen. „Ich sollte mich dann häufig an die Polizei wenden.“ Ohne konkrete Bedrohung würde aber auch diese oftmals nicht aktiv werden, zeigt die Erfahrung. Die Polizei sieht auch auf Anfrage keine Auffälligkeiten: „Der Kolpingplatz ist für einen Innenstadt-Bereich unauffällig“, so eine Pressesprecherin.
Kisters sieht das anders. Auch Oberbürgermeister Bernd Tischler habe sie mehrfach informiert. Der habe auf einem Unternehmerabend vor Jahren versichert, er nehme sich der Problematik an. Daraufhin wurde der Ordnungsdienst verstärkt. „Das reicht aber offenbar immer noch nicht. Zuletzt wurden meine Mutter und ich, nachdem wir eine Gruppe junger Männer auf weggeworfenen Müll angesprochen hatten, bedrängt.“
Auch bedroht habe sie sich gefühlt, als die Männer sich am Dienstagabend, 29. Oktober, nach der Ansprache vor und hinter ihr Auto gestellt und eine Weiterfahrt verhindert hätten. Daraufhin sei es zu einem Wortgefecht gekommen, in dem ein junger Mann ihr entgegnet habe: „Ich darf machen, was ich will. Ich kann auch deine Scheibe eintreten!“
Bottroper Unternehmerin: „Die Stadt muss handeln, bevor etwas Schlimmeres passiert!“
Nun fordert die Unternehmerin: „Die Stadt muss handeln, bevor etwas Schlimmeres passiert.“ Sie fährt fort: „Diesmal lasse ich nicht locker und mich schon gar nicht vertrösten. Ich habe lange genug gehört, was nicht geht, ich will endlich wissen, was geht.“ So fände Kisters eine Videoüberwachung denkbar. „Dies ist wohl bei der aktuellen Gesetzeslage schwierig umsetzbar.“
„Wenn der KOD und die Polizei jeden Tag nur 15 Minuten hier wären, würde es wohl reichen. Wenn man dann zudem durchgreifen würde, würden sich die Jugendlichen wahrscheinlich schnell an Regeln halten.“
Eine bessere Ausleuchtung des Platzes scheiterte zuletzt nach Aussagen der Unternehmerin an Nachbarn im Obergeschoss, die geblendet worden seien. Ein zusätzlicher Mülleimer, der vor längerer Zeit installiert wurde, ist aufgrund von Rattenbefall wieder entfernt worden. „Ratten kann man hier aber weiterhin häufig beobachten.“
Aus Sicht der Selbstständigen gebe es nur eine Lösung: mehr Kontrollen durch den KOD und die Polizei rund um den Kolpingplatz, am liebsten ohne Uniform in zivil. „Wenn der KOD und die Polizei jeden Tag nur 15 Minuten hier wären, würde es wohl reichen. Wenn man dann zudem durchgreifen würde, würden sich die Jugendlichen wahrscheinlich schnell an Regeln halten“, vermutet Kisters. Sie habe zuletzt feststellen können, dass sich die Situation rund um die Vermüllung des Platzes etwas gebessert hat.
Kommunaler Ordnungsdienst hilft Unternehmerin bei Müll-Problemen
„Jemand beim KOD hat sich dafür eingesetzt, dass die Best nun auch vor unserer Tür sauber macht.“ Dafür habe sie jahrelang kämpfen müssen. „Ich war aber machtlos, weil wir nur Mieterinnen und keine Eigentümer sind.“ Das Problem sei damit zwar nicht gelöst, aber es sei immerhin ein Anfang. Nun hoffe sie noch auf mehr Kontrollen. Die würde sich vermutlich auch Ordnungsamtsleiter Michael Althammer wünschen.
Der bestätigt auf WAZ-Anfrage, dass man das Problem vor Ort kennt. „Zuletzt wurden dem KOD Probleme mit Vermüllung und Ratten gemeldet. Es gab mehrere Hinweise. Auch Drogenbesteck wurde gefunden.“ Die Mitarbeiter des Ordnungsdienstes würden den Platz kontrollieren, Rattenfallen würden aufgestellt und überprüft werden.
Dennoch müssten die Kontrollen häufig hinten angestellt werden, wenn eilbedürftige Situationen die Kräfte des Ordnungsamts verlangten. Zuletzt waren die 15 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beispielsweise für die Evakuierung der Menschen in Bottrop-Welheim verantwortlich. Dort wurde ein Blindgänger aus dem Weltkrieg gefunden, der gesprengt werden musste.
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Und auch sonst ist das Aufgabengebiet der Ordnungshüter, die an vielen Tagen schon ab 7 Uhr und häufig bis 1 Uhr nachts im Dienst sind, vielfältig. Neben Kontroll-Einsätzen ist der Fachbereich Recht und Ordnung auch für Gaststätten- und Jugendschutzkontrollen, für die Begleitung von Großveranstaltungen, Kontrollen in Naturschutzgebieten und Grünanlagen, und zahlreiche weitere Aufgabengebiete verantwortlich. „Da wäre es vielleicht gut, wenn neue Leute eingestellt werden“, findet Kisters.
„Ich will in meiner Heimatstadt weiterhin friedlich leben können“
Dass aber bald Stellen aus dem Fachbereich gestrichen werden, wie es im Haushaltssicherungskonzept steht, kann Kisters dabei nicht nachvollziehen. „Ich habe das Gefühl, dass keiner etwas macht.“ Mit einem Brief wolle sie sich jetzt nach mehreren Versuchen erneut an gleich mehrere Stellen innerhalb der Bottroper Stadtverwaltung wenden. „Ich weiß, dass es möglicherweise schwierig ist, die eine Lösung zu finden, aber das Problem wird immer größer. Ich will in meiner Heimatstadt weiterhin friedlich leben können. Bottrop hat so viele tolle Ecken und nette Menschen, das möchte ich mir nicht von den Jugendlichen vermiesen lassen“, so das Fazit.