Bochum-Wattenscheid. Ausgerechnet in der Bochumer Friedenskirche eskalierte ein Polit-Talk, stand sogar kurz vor dem Abbruch. Das war der Auslöser.

Eklat bei einer politischen Podiumsdiskussion in der Friedenskirche in Bochum-Wattenscheid: Knuth Meyer-Soltau von der AfD drohte dem Grünen-Politiker Max Lucks mit einer Ohrfeige. Die Veranstaltung stand kurz vor dem Abbruch, wurde dann aber doch fortgesetzt. Das sind die Reaktionen auf den Vorfall, von dem Radio Bochum als erstes berichtete.

Mit Ohrfeige gedroht: Eklat um AfD-Politiker bei Diskussion in Bochumer Friedenskirche

Die evangelische und katholische Kirche in Wattenscheid hatte für Dienstagabend alle Bochumer Bundestagskandidaten eingeladen – auch AfD-Mann Knuth Meyer-Soltau. Mit rund 400 Personen war die Friedenskirche rappelvoll. Alle wollten im Vorfeld der Bundestagswahl die Diskussion der womöglichen künftigen Volksvertreter verfolgen.

Mehr zum Thema

Bundestagswahl 2025 in Bochum: Weitere Inhalte zum Thema

Und diese sollte es in sich haben. Beim Thema Migration kam es zum Eklat. Nachdem Max Lucks kritisiert hatte, dass es in Berlin zum umstrittenen Fünf-Punkte-Plan der CDU zur Migration eine Abstimmung mit Rechtsextremen und Nazis gegeben habe, platzte es aus Meyer-Soltau heraus. Er drohte dem Grünen-Politiker mit einer „Backs“, wenn dieser ihn noch einmal Nazi nennen sollte. Auf Nachfrage der übrigen Diskussionsteilnehmer erklärte der AfD-Mann, was mit „Backs“ gemeint ist: eine Ohrfeige.

Max Lucks, Grüne

„Das war ein Versuch, mich einzuschüchtern. Aber das lasse ich nicht zu.““

Max Lucks, Grüne, zur Drohung durch Knuth Meyer-Soltau (AfD)

Max Lucks, das Opfer, bezeichnet Meyer-Soltaus Verhalten als eine „unglaubliche Entgleisung“ und „einen Versuch, mich einzuschüchtern“. Aber es sei „spannend, dass er sich angesprochen gefühlt hat“. Berührt habe ihn der Rückhalt, den er durch die anderen Politiker erfahren habe, sagt Lucks. „Die standen alle hinter mir.“

Diese Texte haben viele Menschen interessiert

Er sei aber schockiert, wie offen hier mit Gewalt gedroht worden sei. Eine Entschuldigung von Seiten Meyer-Soltaus habe es nicht gegeben, auch hinterher keinen Austausch.

Fee Roth, CDU

„Solche aggressiven Äußerungen haben in einer demokratischen Debatte keinen Platz und sind absolut inakzeptabel.“

Fee Roth, CDU

„Ich war zutiefst schockiert über die Drohung“, sagt Fee Roth von der CDU am Tag danach. „Solche aggressiven Äußerungen haben in einer demokratischen Debatte keinen Platz und sind absolut inakzeptabel. Das ist der Stil, mit dem die AfD die Gesellschaft in unserem Land spalten möchte. Ich verurteile dieses Verhalten aufs Schärfste.“

+++ Wollen Sie keine Nachrichten mehr aus Bochum verpassen? Dann abonnieren Sie hier unseren kostenlosen Newsletter! +++

Es sei unerlässlich, „dass wir, trotz unterschiedlicher politischer Ansichten, respektvoll miteinander umgehen und die Grundwerte unserer Demokratie hochhalten. Gewaltandrohungen oder Einschüchterungsversuche dürfen niemals Teil unseres politischen Diskurses sein.“

Serdar Yüksel, SPD

„Das ist ein einzigartiger Vorfall, den ich in 15 Jahren Politik so noch nicht erlebt habe.“

Serdar Yüksel, SPD

Serdar Yüksel von der SPD spricht von einem Tabu-Bruch, einem „einzigartigen Vorfall, den ich in 15 Jahren Politik so noch nicht erlebt habe“. Meyer-Soltau habe die Drohung „aggressiv herübergebracht“, das sei „schon ernst gemeint“ gewesen. Aus seiner Sicht habe die Veranstaltung danach auf der Kippe gestanden. Man sei aber bemüht gewesen, „die Diskussion nicht zu schreddern“.

Leon Beck, FDP 

„Bei einer politischen Diskussion geht es durchaus mal hitzig zu. Aber nie so.“

Leon Beck, FDP

Léon Beck von der FDP sieht in Meyer-Soltaus Verhalten „eine Grenzüberschreitung“. Bei politischen Diskussionen gehe es durchaus auch mal hitzig zu, „aber nie so“. Er habe kurz überlegt, die Runde zu verlassen, dann aber doch umgedacht. „Das stärkt nur das ,Alle gegen uns‘-Narrativ der AfD.“ Er halte eine Person, die sich nicht unter Kontrolle hat, für „nicht geeignet, im Bundestag Bürger zu vertreten“.

Cansin Köktürk, Linke

„Wer zu Gewalt greift, dem ist nicht an einer inhaltlichen Auseinandersetzung gelegen.“

Cansin Köktürk, Linke

Cansin Köktürk von den Linken kritisiert, dass Meyer-Soltaus „respektloses“ Verhalten keine Konsequenzen nach sich gezogen hat. „Das hätte ich mir schon gewünscht.“ Wer zu Gewalt greife, dem sei nicht an einer inhaltlichen Auseinandersetzung gelegen. Ein sachlicher Austausch sei mit dem AfD-Mann den ganzen Abend über nicht möglich gewesen.

+++Was macht die WAZ Bochum eigentlich bei Instagram? Die Redakteurinnen Inga Bartsch und Carolin Muhlberg geben im Video einen Einblick.+++

Empfohlener externer Inhalt
An dieser Stelle befindet sich ein externer Inhalt von Instagram, der von unserer Redaktion empfohlen wird. Er ergänzt den Artikel und kann mit einem Klick angezeigt und wieder ausgeblendet werden.
Externer Inhalt
Ich bin damit einverstanden, dass mir dieser externe Inhalt angezeigt wird. Es können dabei personenbezogene Daten an den Anbieter des Inhalts und Drittdienste übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung

Knuth Meyer-Soltau bestätigt die Vorkommnisse. „Stimmt, ich habe das gesagt. Aber ich hätte das natürlich nicht getan. Ich bin ja Anwalt und weiß, wo die Grenzen sind“, versichert er im Hinblick auf die angedrohte Ohrfeige. Diese versucht er im Gespräch mit dieser Zeitung zunächst etwas runterzuspielen. Er komme aus Hamburg, da spreche man von einer „Backs“. Das sei aber nur ein leichtes Streifen über die Wange, um zu zeigen „Achtung, das geht so nicht“. Eine Ohrfeige sei heftiger.

Knuth Meyer-Soltau, AfD. 

„Da sind die Pferde mit mir durchgegangen, das hätte man anders lösen können.“

Knuth Meyer-Soltau, AfD

Er habe sich von Lucks beleidigt gefühlt. „Und das lasse ich mir nicht gefallen.“ Er sei nicht bereit, sich mit „Verbrechern wie den Nazis“ vergleichen zu lassen. „Das ist eine ehrverletzende, massive Beleidigung.“ Dass Lucks‘ Äußerung nicht ihm persönlich gegolten habe, sei von ihm anders verstanden worden. „Wir von der AfD sind alle in einer Partei, da habe auch ich mich angesprochen gefühlt.“

+++ Lesen Sie mehr Nachrichten aus Bochum! +++

Letztlich räumt Meyer-Soltau ein, überreagiert zu haben. „Da sind die Pferde mit mir durchgegangen, das hätte man anders lösen können.“ Das will er Max Lucks gegenüber nun auch persönlich zum Ausdruck bringen. „Ich werde bei nächster Gelegenheit auf ihn zugehen und mich entschuldigen.“

Polit-Talk drohte der Abbruch

Die Veranstalter der politischen Diskussion sind froh, die Veranstaltung gut zu Ende gebracht zu haben. Der Vorfall um AfD-Mann Knuth Meyer-Soltau hätte durchaus zu einem Abbruch führen können, räumt Pfarrerin Kirsten Sowa ein. Es hätten aber alle Teilnehmer sehr verantwortungsvoll gehandelt und weitergemacht.

Stadtdechant Michael Kemper ist bemüht, den Zwischenfall nicht zu hoch zuhängen. Wenn es anschließend nicht schnell wieder ruhig geworden wäre, hätte man aber „in Richtung des AfD-Vertreters aktiv werden müssen“. Er selbst schaue rückblickend jedoch nicht so sehr auf diesen Moment, sondern lieber auf die gesamte Veranstaltung. „Und die war richtig gelungen.“