Bochum-Wattenscheid. Die Wattenscheider Politik kommt nicht zur Ruhe – speziell die zerstrittene SPD. Denn der abgewählte Bezirksbürgermeister sorgt für neue Brisanz.
Das ist wirklich eine Überraschung: Eigentlich wollte der vor der Sommerpause als Bezirksbürgermeister abgewählte Hans-Peter Herzog sein Mandat als Mitglied der SPD-Fraktion in der Bezirksvertretung Bochum-Wattenscheid abgeben und sich aus der Politik zurückziehen. Nun die Kehrtwende: Herzog behält seinen Sitz und hat obendrein noch interessante fraktionsinterne Ziele. Somit droht der SPD weiteres Ungemach.
Nach Polit-Beben in Bochum-Wattenscheid: SPD droht neuer Zoff
Dabei hätten die Sozialdemokraten nichts lieber als wieder Ruhe in den eigenen Reihen. Die Unruhe indes haben sie selbst zu verantworten. Wolfgang Rohmann, Vorsitzender der SPD-Fraktion, gilt als Initiator des Abwahlverfahrens von Herzog. Dieser war durch Äußerungen in der Debatte um die Farbe der Sitze im Lohrheidestadion in Ungnade gefallen. In einem WAZ-Interview hatte er gesagt, er könne den ganzen Wirbel nicht verstehen. Mit dieser Meinung stand er innerhalb der Bezirksvertretung ziemlich allein. Viele Politiker des Gremiums sprachen anschließend von Vertrauensverlust und brachten, initiiert von der SPD, einen Abwahlantrag auf den Weg.
- CDU-Bürgermeister siegt mit Stimme von Rechts: SPD entsetzt
- Polit-Posse in Bochum: Die Moral bleibt auf der Strecke
- Wahl mit Geschmäckle: CDU stellt neuen Bezirksbürgermeister
- Nach Krach in Wattenscheid: Krisensitzung von SPD und Grünen
Rohmanns Plan, selbst Bezirksbürgermeister zu werden, ging in der Folge nicht auf. Weil nicht genügend Befürworter seiner Wahl zugegen waren und auch die Grünen gegen ihn votierten, war schließlich Marc Westerhoff (CDU) Nutznießer und plötzlich Bezirksbürgermeister – ziemlich sicher gewählt auch durch die Stimme von Lars Schmidt, ehemals AfD, jetzt Bündnis Deutschland.
Rohmann und Herzog nun wieder gemeinsam in der Fraktion – das birgt einiges an Konfliktpotenzial. Rohmann zeigt sich erstaunt über Herzogs Sinneswandel, wolle sich ansonsten jedoch „bedeckt halten“. Aber es sei richtig gewesen, Hans-Peter Herzog abzuwählen. Das sei nichts Persönliches. Er wolle mit ihm dann eben in dieser Konstellation weiter konstruktiv zusammenarbeiten. Den Fraktionsvorsitz will Rohmann behalten, auch wenn er zusätzlich zum stellvertretenden Bezirksbürgermeister gewählt worden ist.
„ Die SPD hat den Bezirksbürgermeisterposten verloren, ihr Ansehen ist auf dem Tiefpunkt. Das war keine Meisterleistung.“
Rohmann wähnt die Mehrheit in der Fraktion hinter sich. Ein Rücktritt, wie von SPD-Chef Serdar Yüksel gefordert, sei keine Option gewesen („blöder Vorschlag“). Er selbst bezeichnet die Stimmung innerhalb der Fraktion auch als ruhig. Das sieht Hans-Peter Herzog anders. „Wolfgang Rohmann hat für viel Chaos innerhalb der Fraktion gesorgt. Die SPD hat den Bezirksbürgermeisterposten verloren, ihr Ansehen ist auf dem Tiefpunkt. Das war keine Meisterleistung. Von daher kann es kein ,Weiter so‘ geben.“
Wende in Bochum-Wattenscheid: Ex-Bezirksbürgermeister will den SPD-Fraktionsvorsitz
Deshalb zeigt Herzog selbst Interesse am Fraktionsvorsitz. „Ich werde dieses Thema forcieren“, sagt er. Rohmann haben den Posten zwar inne, Herzog aber hält das interne Befürworterverhältnis bei „Fifty-Fifty“. Bei der ersten Fraktionssitzung nach der Sommerpause waren er und Rohmann erstmals wieder aufeinandergetroffen. Eine Aussprache habe es nicht gegeben und das Verhältnis untereinander auch nicht thematisiert worden. „Wir sind ja erwachsene Menschen mit gewissen Umgangsformen und werden geschäftsmäßig zusammenarbeiten.“ Aber Herzog stellt auch klar: „Rohmann und ich werden keine Freunde mehr.“
„Die hatten sich bei der Abstimmung zugunsten Westerhoffs ja irgendwie verbrüdert.“
Dass er sein Mandat doch behält, führt Hans-Peter Herzog auf das Drängen seines Ortsvereins zurück. „Die haben mich gebeten, weiterzumachen.“ Nach einem Tag Bedenkzeit habe er zugestimmt. „Mir macht die Politik ja noch Spaß. Und in Wattenscheid passiert ja auch viel. Außerdem ist es nicht schlecht, wenn jemand wie ich einen guten Draht zur Verwaltung und zur Stadt-SPD hat.“
Diese Texte haben viele Menschen interessiert
- „Brummbär“ eröffnet Popup-Store in Bochumer Innenstadt
- A40-Sperrung: „Schon viel zu lange eine Zerreißprobe“
- Haus bauen? Stadt Bochum verkauft mehrere Grundstücke
Auch Hans-Josef Winkler von der „UWG:Freie Bürger“ sieht „die Unklarheiten innerhalb der SPD noch nicht ausgeräumt“. Und auch er zeigt sich überrascht vom Verbleib Herzogs in der Fraktion. Ebenso spannend findet er aber, wie CDU und Grüne nach der umstrittenen Bezirksbürgermeisterwahl reagieren und miteinander umgehen. „Die hatten sich bei der Abstimmung zugunsten Westerhoffs ja irgendwie verbrüdert.“
„So kann ich mir je nach Thema die Partei suchen, die am besten zu unserer Meinung passt.“
Das sieht Oliver Buschmann von den Grünen anders. Von Verbrüderung könne keine Rede sein. Nachdem seine Partei im Zuge der Querelen um die Abwahl von Herzog der SPD die Koalition aufgekündigt hatte, stehe man nun halt vor unklaren Mehrheitsverhältnissen. „Es wird nun schwieriger, Mehrheiten für eigene Themen zu finden. Wir werden immer wieder von Thema zu Thema gucken müssen.“ Und auch mit der CDU werde man weiterhin sprechen, wie zuvor auch schon.
+++ Folgen Sie der WAZ Bochum auf Facebook! +++
Wolfgang Rohmann hält die Konstellation ohne Mehrheiten sogar für komfortabel. „So kann ich mir je nach Thema die Partei suchen, die am besten zu unserer Meinung passt.“ Ob Rolf Heyer, Einzelkämpfer der FDP, dazu gehören wird, bleibt abzuwarten. Er selbst habe die Koalition mit der SPD nicht beendet. Wie es weitergeht, müsse man abwarten. „Wir haben ein Gespräch vereinbart.“