Bochum. Ein Fan des 1. FC Köln steht vor Gericht. Er soll in Bochum Polizisten angegriffen haben. Nun läuft der Prozess. Was der Fan zu dem Vorwurf sagt.

„Ich werde nie wieder ein Fußballspiel besuchen“, sagt der 26-Jährige. Seit Donnerstag steht der Kölner vor dem Bochumer Landgericht. Die Anklage lautet auf versuchte schwere Körperverletzungen. Beim Auswärtsspiel des 1. FC Köln im Herbst 2023 in Bochum soll er eine Bengalo-Fackel gegen einen Polizisten geschleudert und Beamte geschlagen haben. Dafür schäme er sich zutiefst, beteuerte er zum Prozessbeginn.

Prozess in Bochum: Köln-Fans stürmten den Gästeblock

Die Deutsche Fußball-Liga, die Gewerkschaft der Polizei (GdP) und die Politik schlagen gleichermaßen Alarm: Die Gewalt in den Bundesliga-Stadien nehme wieder zu. Immer häufiger würden „Einsatzkräfte mit einer feindseligen Stimmung konfrontiert“, warnte GdP-Vorsitzender Jochen Kopelke in einem Interview.

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Am 11. November 2023 kam es im und am Vonovia Ruhrstadion zu massiven Krawallen. Vor Anpfiff der Bundesliga-Partie des VfL Bochum gegen den 1. FC Köln (Endstand: 1:1) stürmten nach Polizeiangaben mehrere hundert FC-Anhänger den Gästeblock. Von „erheblichen Auschreitungen und Übergriffen auf Ordner und Polizeibeamte“ war später die Rede, ebenso von einem Angriff mit Pyro-Fackeln.

26-Jähriger sitzt bis heute in Köln in Untersuchungshaft

Polizei und Staatsanwaltschaft richteten eine Ermittlungsgruppe („EG Castroper“) ein. Wichtigste Beweismittel: Fotos sowie Videos, die die Gewaltszenen dokumentieren. Im April wurden sieben Wohnungen in Köln durchsucht. Ein 26-Jähriger kam in Untersuchungshaft. Dort sitzt er bis heute. Vor der 4. Strafkammer des Landgerichts wird ihm nun der Prozess gemacht.

Gepflegtes Äußeres, sprachlich gewandt: Der Angeklagte entspricht in keiner Weise dem Bild eines dumpfen Fußball-Hooligans. Sein bisheriger Lebenslauf ebenso wenig. Abitur als letztes Versprechen an seine früh verstorbene Mutter, Ausbildung zum Groß- und Außenhandelskaufmann, Filialleiter eines Fachhandels für Gebäudetechnik mit „2000 netto im Monat“: Montags bis freitags habe er einen ganz normalen Alltag geführt, schildert der Domstädter.

Angeklagter spricht vom „Filmriss“ am Elften im Elften

Die Wochenenden gehörten dem „Effzeh“. Als Mitglied der Ultra-Fangruppe „Wilde Horde“ ließ er kaum ein Spiel der Geißbock-Elf aus. Seine Dauerkarte galt für Heim- und Auswärtsbegegnungen. Alkohol in großen Mengen, auch Drogen gehörten zum Spieltag dazu. „Man hat sich abgeschossen“, wenn auch meist erst nach dem Schlusspfiff.

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Das war an jenem Novembertag 2023 anders. Es war der Elfte im Elften. Karnevalsauftakt in Köln. Schon morgens um neun habe es in der Südstadt die erste Biere und Schnäpse gegeben. Als es mittags mit Bahn und Bus nach Bochum ging, habe er den ersten „Filmriss“ gehabt. An die Vorgänge rund ums VfL-Spiel könne er sich nur bruchstückhaft erinnern. Was er noch wisse: „Wir durften nicht ins Stadion, obwohl wir doch Karten hatten.“

Aufgeheizt war am 11. November 2023 auch die Stimmung auf dem Platz, hier ein Gerangel unter anderem mit Kevin Stöger (li.). Das Bundesligaspiel endet 1:1.
Aufgeheizt war am 11. November 2023 auch die Stimmung auf dem Platz, hier ein Gerangel unter anderem mit Kevin Stöger (li.). Das Bundesligaspiel endet 1:1. © FUNKE Foto Services | Udo Kreikenbohm

2500 Grad heiße Fackel traf Polizeibeamten am Kopf

Die Anklage legt ihm rücksichtslose Gewalt zur Last. Beim Einlass in den Fanblock an der Castroper Straße seien Ordner getreten und geprügelt worden. Die Eingangstore wurden vorübergehend geschlossen. Bis zu 300 Fans hätten daraufhin versucht, über den Zaun zu klettern. Darunter der 26-Jährige, der einen Polizeibeamten geschlagen und angespuckt haben soll.

Die Fans traten den Rückzug Richtung Busparkplatz am Starlight Express an. Dort, so die Ermittler, habe der 26-Jährige eine 2500 Grad heiße Seenotfackel entzündet und einen Polizisten damit am Kopf getroffen. Nur weil der Beamte sein Helmvisier herunterklappt hatte, sei er unverletzt geblieben. „Glücklichen Umständen“ sei es auch zu verdanken, dass die Uniform nicht Feuer gefangen habe.

Staatsanwaltschaft: Beamter sollte dauerhaft entstellt werden

Die Staatsanwaltschaft geht von Vorsatz aus: Der Fackel-Angriff sollte zur Folge haben, dass der Polizist „dauerhaft entstellt“ werde und das Sehvermögen zumindest auf einem Auge verliert.

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„Erschrocken“ sei er gewesen, als er sich auf den Polizei-Videos erkannt habe, sagt der 26-Jährige. „Peinlich“ sei ihm sein Verhalten, er schäme sich gegenüber seinem Vater und Bruder, der als Zuhörer im Gerichtssaal sitzt. Die U-Haft sei „die Schande meines Lebens“.

Verein musste eine hohe Geldstrafe zahlen

Als „friedlicher und kameradschaftlicher Mensch“ habe er sich beim Fußball „mitreißen“ lassen und Regeln gebrochen. Deshalb sein Entschluss: nie wieder 1. FC Köln. Der wurde gleichfalls geschädigt: Das Sportgericht des DFB verhängte gegen den Verein wegen der Ausschreitungen seiner Fans unter anderem in Bochum eine Geldstrafe in Höhe von 46.000 Euro.

Der Prozess wird fortgesetzt.