An Rhein und Ruhr. Der Solarpunk entwirft eine nachhaltige Utopie für die Zukunft. Was dahinter steckt und wo am Niederrhein Teile davon umgesetzt werden.

Die Zukunft wirkt oft recht düster und auch wenn es die Nachrichten über positive Entwicklungen gibt, gehen sie doch oft in der Flut aus Negativmeldungen unter. Kurz gesagt: wirklich gute Visionen der Zukunft gibt es wenige. Eine davon, der sogenannte Solarpunk erhält jedoch in den letzten Jahren immer mehr Zulauf, sodass man beinahe von einer Bewegung sprechen kann.

So entwickelt der Solarpunk eine Welt, in der Menschen mithilfe von erneuerbaren Energien und einer nachhaltigen Lebensweise den Klimawandel besiegt und eine utopische Zukunft geschaffen haben. Der „Punk“-Aspekt im Namen bezieht sich auf die Vorstellung, diese Welt als aktivistische Gegenkultur zu erstreiten und nicht durch die Politik. Doch kann so eine Welt überhaupt Realität werden? Die NRZ hat sich nach Projekten an Rhein und Ruhr umgesehen, die Aspekte des Solarpunks umsetzen.

Solarpunk: Die Idee von einer besseren Zukunft

So sieht der Solarpunk im gleichnamigen Computerspiel des Essener Entwicklerstudios Cyberwave aus.
So sieht der Solarpunk im gleichnamigen Computerspiel des Essener Entwicklerstudios Cyberwave aus. © rokaplay | Cyberwave

Ein mögliches Bild, wie diese utopische Zukunft aussehen kann, entsteht aktuell beim Essener Entwicklerstudio Cyberwave. Zwar nur im virtuellen Raum, aber vielleicht gerade dadurch nochmal stärker geeignet, die Ideen hinter Solarpunk populärer zu machen. Denn das zweite Computerspiel des zweiköpfigen Teams, bestehend aus Gründern Ben Braß und Patrick de Rijk, stellt das nachhaltige Leben und Wirtschaften in den Vordergrund.

„Wir wollten uns ganz bewusst von der düsteren Atmosphäre abheben, die in so vielen anderen Spielen herrscht“, erklärt Braß. Als die beiden dann auf die Solarpunk-Bewegung aufmerksam wurden, habe es „einfach Klick gemacht und wir wussten, das ist es.“ Und so startet ein Spieler oder eine Spielerin als (Luft-)Schiffbrüchiger in einer Welt aus fliegenden Inseln, die es zu erkunden gilt, während gleichzeitig erneuerbare Energien und nachhaltige Landwirtschaft genutzt werden muss, um zu überleben.

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Tierglück und erneuerbare Energien: Das gibt es im Solarpunk-Spiel

„Dabei macht der Spieler auch eine Entwicklung durch“, erklärt de Rijk. So müssten Spieler neue Technologien erforschen und diese nutzen, um sich eigene Kreislaufwirtschaften zu errichten. Daneben würde auch das Wohl der virtuellen Tiere im Spiel großgeschrieben, so Braß. „Geschlachtet wird in unserer Welt nicht und glückliche Tiere bringen die besten Erträge – wie sie das am besten hinbekommen, das müssen die Spieler dann herausfinden.“

Dass die Idee ankommt, zeigt die Unterstützung, die das Projekt über die Plattform Kickstarter sammeln konnte. Mehr als 300.000 Euro von 6.300 Unterstützern kamen zusammen - ein riesiger Erfolg für das kleine Studio. „Das motiviert natürlich und hat uns viele Möglichkeiten und Freiheiten eröffnet“, freut sich Braß. Dafür werden die Unterstützer auch als Erstes die Möglichkeit erhalten, in die Welt von „Solarpunk“ einzutauchen – wann genau hält de Rijk jedoch noch offen: „Wir haben da hohe Ansprüche an uns selbst, daher übereilen wir da nichts.“

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Solarenergie in Krefeld: Die Energiewende von unten

Annelie Wulff und Kurt Biedenbick von der Energiegenossenschaft Krefeld an der neuen Photovoltaikanlage auf dem Dach des Cornelius-de-Greiff-Stifts.
Annelie Wulff und Kurt Biedenbick von der Energiegenossenschaft Krefeld an der neuen Photovoltaikanlage auf dem Dach des Cornelius-de-Greiff-Stifts. © FUNKE Foto Services | Lars Heidrich

Wenn der Wandel im Großen nicht schnell genug vonstattengeht, dann macht man es eben im Kleinen selbst. Diese Motivation zieht sich durch das Handeln der Energiegenossenschaft Krefeld. Was 2008 – damals noch als Verein – mit der Errichtung einer Photovoltaik-Anlage auf dem Krefelder Rathaus begann, ist seit 2018 eine genossenschaftlich organisierte Gruppe vom Menschen, welche die Energiewende im Lokalen vorantreiben will.

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Das Prinzip der Genossenschaft ist dabei denkbar einfach. Mitglieder investieren einen Mindestbetrag von 1000 Euro, dieses Geld fließt in den Aufbau neuer Photovoltaik-Anlagen. Diese werden dann verpachtet und der Strom, den die Pächter nicht selbst verbrauchen, wird in öffentliche Netz eingespeist. Nach 20 Jahren gehen die Anlagen dann schließlich in den Besitz der Pächter über.

So zum Beispiel beim aktuellsten Projekt der Genossenschaft, einer Anlage auf dem Dach des Seniorenheims Cornelius de-Greiff-Stift in Krefeld. Hier arbeitete das ehrenamtliche Aufbau-Team zusammen mit Spezialisten und errichtete innerhalb weniger Monate eine Anlage, die beinahe das komplette Dach einnimmt.

Energiegenossenschaft Krefeld: Neue Solar-Projekte trotz Hindernissen

„Dadurch, dass wir viel in Eigenarbeit machen“, erklärt Kurt Biederbick, Vorstandsmitglied und Mitgründer der Genossenschaft, „können wir unseren Partnern Angebote bieten, die besser sind, als die von vielen Firmen.“ Dabei würden die Mitglieder der Genossenschaft zwar nicht reich, aber darum gehe es auch nicht.

„Ich gehöre ja selbst zu der Generation, die alles versaut hat“, findet Biederbick deutliche Worte. Ebenso deutlich spricht er über die Hürden, welche seine Arbeit seit mehr als 15 Jahren begleiten. Es sei ein langer Prozess passende Dächer zu finden, dieser würde dann durch langwierige Prüf- und Genehmigungsverfahren zusätzlich verlängert. Auch war das Pachtmodell nicht immer geplant gewesen. Ursprünglich sollte der Strom direkt ins öffentliche Netz fließen. Durch die massiv gesunkene Einspeisevergütung mussten die Verantwortlichen jedoch umdenken, um keinen Verlust zu machen.

Trotz dieser Hindernisse seien jedoch bereits weitere Projekte in Planung. Es ginge dabei aber auch nicht darum, möglichst viele Anlagen zu bauen. „Wir wollen zeigen, was möglich ist“, erklärt Biederbicks Vorstandskollegin Annelie Wulf. Letztlich sei das mögliche Wachstum auch dadurch beschränkt, wie viele Mitglieder die Genossenschaft hat. Aktuell sind es ungefähr hundert, die sich an der Idee der eigenen kleinen Energiewende beteiligen.

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Permakultur am Niederrhein: Landwirtschaft neu denken

Christopher Henrichs, Vorsitzender des Vereins Permakultur Niederrhein.
Christopher Henrichs, Vorsitzender des Vereins Permakultur Niederrhein. © Permakultur Niederrhein e.V. | Ulrike Kleinmanns

Dass es mit der aktuellen Landwirtschaft nicht auf ewig so weitergehen kann, davon ist Christopher Henrichs überzeugt. Der 46-Jährige aus Kalkar ist Mitbegründer des Vereins Permakultur Niederrhein. „Wenn ich gefragt werde“, erklärt er die Idee hinter dem Verein, „sage ich, dass wir uns für eine enkeltaugliche Landwirtschaft einsetzen.“ Und um dies zu erreichen, bedient sich der Verein an dem Werkzeugen der sogenannten Permakultur.

Bei dieser, so beschreibt es Henrichs, geht es um die Gestaltung von Landschaften im Einklang mit den natürlichen Gegebenheiten vor Ort. „Wenn man gegen die Natur plant, ist es unproduktiv und auf lange Sicht nicht nachhaltig“, fasst er zusammen. Dabei geht die Permakultur allerdings über das reine Gestalten hinaus und betont auch einige ethische Grundsätze.

So richten sich die Projekte des Vereins am achtsamen Umgang mit der Erde, aber auch den Menschen aus. Daneben sollen Überschüsse im Ertrag verteilt und der eigene Verbrauch begrenzt werden. „Das unterscheidet uns auch von Naturschützern, die eine klare Trennung zwischen Mensch und Natur vornehmen, um Letztere zu schützen“, so Henrichs. „Wir arbeiten im Gegensatz darauf hin, im Einklang mit der Natur zu leben und zu wirtschaften.“

Die Mitglieder des Vereins Permakultur Niederrhein bei der Gestaltung eines Gartens.
Die Mitglieder des Vereins Permakultur Niederrhein bei der Gestaltung eines Gartens. © Permakultur Niederrhein e.V. | Ulrike Kleinmanns

Kooperation mit Hochschulen: „Transformative Forschung“ für die Zukunft

Dass diese Transformation natürlich nicht über Nacht stattfinden kann, stellte sich zeitweise als etwas frustrierend heraus, gibt Henrichs zu. „Gerade am Anfang unserer Arbeit haben wir gelernt, dass Landwirtschaft und besonders Permakultur langfristig gedacht werden muss“, erklärt er. Die Lösung war aber denkbar einfach: mehrere parallel laufende Projekte. „So haben wir immer alle Hände voll zu tun.“

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Sei es die Umgestaltung eines Hofes in Kalkar, um Arbeitsabläufe für die Nachfolge-Generation zu vereinfachen, die Erstellung eines „urbanen Waldgartens“ in Kleve oder ein neues Konzept für einen grüneren Campus an der Hochschule Rhein-Waal – die Projekte sind vielfältig und werden wissenschaftlich von der Hochschule begleitet. „Wir nennen das transformative Forschung“, erklärt Henrichs. Daneben gibt es Bildungsprojekte sowohl für Kinder als auch für Erwachsene.

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Erkenntnisse aus den einzelnen Projekten werden außerdem mit einem großen Netzwerk ähnlich ausgerichteter Gruppen und Wissenschaftler geteilt. „Für uns in der Permakultur heißt es, das Problem ist die Lösung“, so der 46-Jährige. „Und wir erleben auch, wie wichtig es ist, für etwas zu sein und nicht nur gegen problematische Entwicklungen. Deshalb prüfen und demonstrieren wir unsere Methoden für eine regenerative Landwirtschaft und zukunftsfähige Lebensweisen.“

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