Kleve. Nahe der Fußgängerzone am Rilano-Hotel ist plötzlich der Beginn eines Waldgartens eingesät. Was sagen die Ausschüsse Umwelt und Städtebau dazu?
Mitten in Kleve nahe der Fußgängerzone wird ein kleiner Waldgarten entstehen. Vielmehr: Er wächst schon. Mit dieser Überraschung wartete Christopher Henrichs vom Verein Permakultur Niederrhein im Klima- und Umweltausschuss auf. Zusammen mit dem Fachbereich 64 Klimaschutz, Umwelt und Nachhaltigkeit der Stadtverwaltung hat der kleine Verein dieses Projekt gestartet. „Vom Fachbereich 64 verwaltet, von uns gestaltet, von der Hochschule begleitet“, beschrieb es Henrichs. Denn es sollen auf dieser Grünfläche mehrere Bachelor- und Masterarbeiten ihr Thema finden.
Wald und Büsche mit essbaren Früchten
Der Verein will zeigen, dass Permakultur und regenerative Landwirtschaft auch in unserer Klimazone funktionieren – nach einem Vorbild im niederländischen Groesbeek. „Die Fläche zu finden, war das Problem“, sagte Fachbereichsleiter Dirk Posdena. Sie sollte unbedingt zentral sein, um sie den Bürgern vor Augen zu führen, sollte nahe der Hochschule Rhein-Waal liegen, aber keine Sichtachse stören, den Denkmalschutz nicht berühren und auch keine Angsträume herstellen. Wobei: Zu einem dichten dunklen Wald wird das Stückchen Erde sowieso nie wachsen. Pflanzen in verschiedenen Wuchshöhen inklusive schattenspendenden Bäumen – am liebsten mit essbaren Früchten – werden bald ausgesucht. Eine bunte Magerwiese ist bereits eingesät. Jede Komponente des Systems erfüllt verschiedene Funktionen, alles im System ist miteinander verbunden.
2000 Quadratmeter vor dem Rilano Hotel Cleve habe Modellcharakter
Die Wissenschaft bekommt den ersten Spatenstich. Die ganzen 2000 Quadratmeter vor dem Rilano Hotel Cleve habe Modellcharakter, sagte Henrichs. Die ersten Bodenproben wurden genommen. Von April bis Dezember darf hier alles – von Menschenhand etwas beeinflusst – wachsen, ab Mai beginnt die Gestaltung und im August komme ein Landschaftsplaner dazu.
Christian Nitsch, SPD, begrüßte zwar das Projekt grundsätzlich, hakte aber nach: ob die Wallgrabenzone als kulturelle Landmarke in Kleve berührt sei? Ob die Schützen mit Aufgabe ihrer Schützenwiese (zum Stadtschützenfest einmal im Jahr) einverstanden seien? Bis zu welcher Höhe sollten die Bäume wachsen? Könnten Bürger am Projekt mitwirken? „Wir hätten gerne frühzeitig eine Beteiligung gewünscht, vielleicht andere Flächen vorgeschlagen. Im Ausschuss für Stadtgestaltung wird das rappeln“, sah er voraus. „Meine Kritik trifft nicht das Projekt, aber den Weg dahin.“
Mit den Schützenvereinen ist der Verzicht auf die Wiese schon „eingetütet“
Fachbereichsleiter Dirk Posdena erklärte, man hatte erst die Fläche neben der Volksbank am Fußweg vorgesehen, aber bei einer potenziellen Bebauung des Minoriten-Parkplatzes wäre dort die Tiefgarageneinfahrt. „Also sind wir auf die andere Seite des Kreisverkehrs gesprungen“.
Mit den Schützen sei die Idee „schon eingetütet“, auch das Hotel informiert, das diese Ruhezone sicherlich begrüße. Schulen sollten hier Umweltbildung betreiben. Aber dennoch stecke das Projekt ja ganz am Anfang, beschwichtigte er. Peter Brückner, SPD, schlug generell Brachflächen oder bisher versiegelte Flächen zur Umgestaltung vor. Posdena antwortete, bei diesem „Show-Projekt“ gehe es um die wirklich zentrale Lage mitten in der City. Auf Vorschlag der Politik könnten gerne weitere Flächen folgen. Udo Weinrich, Offene Klever, war vom Waldgarten „angenehm überrascht. Wir finden das sehr toll“.
Verein sucht Resthof oder landwirtschaftliche Fläche für ein Real-Labor
Außerdem sucht der gemeinnützige Verein Permakultur Niederrhein e.V. für ein „Permakultur-Reallabor“ einen Resthof oder landwirtschaftliche Fläche (ab einem Hektar) im Kreis Kleve zum günstigen Kauf oder zur langfristigen Pacht.
Grund: Alternative Landnutzungssysteme sollen weiterentwickelt werden, weil die Ernährungssysteme dem Klimawandel trotzen müssen. Man will natürliche Ressourcen erhalten und Ökosystemleistungen erbringen, ohne die Ernährungsfunktion zu reduzieren.
Der Verein und die Hochschule Rhein-Waal wollen Permakultur durch wissenschaftliche Standards aus ihrer Nische herausholen. Permakultur sei auch kommerziell und in größerem Maßstab umzusetzen. Die Schweiz mache vor, dass dafür auch Agrarförderung möglich ist.