Düsseldorf. Nach Mieter-Problemen in Golzheim hatte die Stadt Ende 2024 versprochen, „Ermittler-Teams“ zu schaffen. SPD-Politikerin Martens kritisiert OB Keller.
Nicht enden wollende Bauarbeiten im Treppenhaus, ein stillgelegter Aufzug oder eine Heizung, die seit Wochen nicht funktioniert - Die Methoden, mit denen Spekulanten Mieterinnen und Mieter aus ihren Wohnungen vertreiben wollen, sind ebenso vielfältig wie zynisch. Die Stadt Düsseldorf will nun Betroffenen mit so genannten Ermittler-Teams helfen. Das machte OB Stephan Keller (CDU) in seiner Jahresbilanz Anfang Dezember öffentlich. Außerdem soll eine Anlaufstelle im Rathaus geschaffen werden, an die sich Mietende wenden können, die das Gefühl haben, gerade aus ihrer Wohnung rausgeekelt zu werden. In der NRW-Landeshauptstadt leben 80 Prozent der Leute zur Miete. Eine längst überfällige Maßnahme der Stadt also.
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Nur: Wann und wie konkret soll das eigentlich umgesetzt werden? Das wollte auch die Düsseldorfer SPD-Ratsfraktion wissen und fragte im Ausschuss für Modernisierung und Wohnungswesen am Montag (20. Januar) nach. Die drängendsten Fragen dabei: Wann und wie wird die Anlaufstellestelle besetzt und wann werden die „Ermittler-Teams“ ihre Arbeit aufnehmen? Die Antwort der Verwaltung: „Aufgrund der personellen Vergrößerung und hinsichtlich effizienten Einsatzes wird der vorhandene Fachbereich in zwei Ermittlungsteams aufgeteilt. In den Ermittlungsteams werden sodann sowohl erfahrene als auch durch Stellenbesetzung neu hinzugekommene Mitarbeiter*innen zum Einsatz kommen“, heißt es schwammig.
„Der CDU-Oberbürgermeister hat die Ermittlerteams als Teil seiner Wohnraumschutz-Strategie groß angekündigt. Doch die Antwort der Stadtverwaltung zeigt, dass es bisher nur eine leere Versprechung geblieben ist: Es gibt kein Konzept, keinen Zeitplan und keine besetzten Stellen“, kritisiert die Düsseldorfer SPD-Bundespolitikerin Zanda Martens. „Das ist für Mieterinnen und Mieter in Düsseldorf extrem bitter. Die Stadt braucht nicht mehr PR, sondern Lösungen.“ Der OB müsse endlich zeigen, dass er die Probleme der Bürgerinnen und Bürger ernst nimmt, statt abermals nur Schlagzeilen zu produzieren“, so Martens. „Wir fordern deshalb die sofortige Einrichtung der Ermittlerteams, die zudem auch die Verfolgung und Ahndung von Mietwucher in ihr Repertoire aufnehmen sollten.“
Wann dann umgesetzt wird, steht in den Sternen. „Es gibt Interessenten, aber die Stellen müssen erst einmal geschaffen werden“, sagte die zuständige Dezernentin Cornelia Zuschke im Ausschuss. Die Menschen, die im Ermittler-Team arbeiten, sollen eine „soziale und auch technische Expertise mitbringen“. Die Teams sollen unter dem Dach der Stadtverwaltung der Wohnaufsicht unterstellt sein. Es könnten sich Leute von innen wie von außen bewerben“, so Zuschke. Das Verfahren zur Einrichtung der neuen Struktur und insbesondere der neuen Stellen befände sich aber „noch in der Umsetzung“.
Auch SPD-Fraktionschefin Sabrina Proschmann zeigte sich verwundert. „Die Antwort der Stadt enttäuscht: Die Ermittler-Teams wurden vom Oberbürgermeister groß in seinem Bilanzinterview angekündigt. Jetzt müssen wir feststellen, dass es für die Teams noch kein richtiges Konzept gibt und dass die Stadt auch noch keinen Zeitplan hat, wann die Teams mit den neuen Stellen anfangen sollen zu arbeiten“, so die Sozialdemokratin. „Bei dem hohen Druck, der auf Mieterinnen und Mietern lastet, ist das eine schlechte Nachricht. Es scheint leider wieder ein Fall zu sein, bei dem der Oberbürgermeister ankündigt, aber weder etwas direkt liefert und noch nicht schnell umsetzt.“ Grünen-Ratskollege Harald Schwenk war ebenso verdutzt: „Eine Wohnaufsicht hatten wir ja bisher auch schon, was also ist neu an dem ganzen Thema?“
OB Keller hatte nach einem Gespräch mit Betroffenen aus Golzheim im Herbst 2024 ein „genaueres Hinschauen“ der Stadt angekündigt. Wer das Gefühl hat, von Verdrängung betroffen zu sein, könne sich melden. Auf solche Hinweise könnten dann die Ermittler-Teams tätig werden und beispielsweise schauen, ob Umbaumaßnahmen im Wohnhaus überhaupt rechtens sind. Keller hat diese Maßnahme angekündigt, nachdem der Druck auf die Stadtspitze durch die Geschehnisse in Düsseldorf-Golzheim immer größer wurde. Dort, in einem Stadtteil, in dem die Menschen oft eine vierstellige Summe für ihre Miete bezahlen, waren eine Vielzahl von Kündigungen in den Briefkasten geflattert. Mieter sollen aus ihren Wohnungen herausmodernisiert werden.
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„Die Lage vor Ort bleibt weiter sehr angespannt“, sagt Johannes Dörrenbächer vom Düsseldorfer Bündnis für bezahlbaren Wohnraum. In einem betroffenen Wohnhaus an der Bankstraße 11 in Golzheim ginge zwar inzwischen der vormals stillgelegte Aufzug wieder, „aber der Investor hat auch schon angekündigt, den Fahrstuhl wegen Bauarbeiten im April wieder außer Betrieb zu nehmen“. Ein paar Ecken weiter, in einem Haus der Mauerstraße, haben nun laut Dörrenbächer einige Mieter eine Räumungsklage erhalten: „Der Investor meint es ernst, für die Betroffenen ist das aber immerhin insofern okay, weil sie jetzt rechtlich dagegen vorgehen können. Es wird zum Prozess kommen.“
Es hatte vor Ort Anfang November sogar eine Demo mit Hausbesetzung gegeben: Aktivisten „kaperten“ eine leerstehende Wohnung an der Bankstraße 11 für rund 24 Stunden, um auf die prekäre Situation in den dortigen Mehrfamilienhäusern hinzuweisen. Daraufhin lud der OB betroffene Mieterinnen und Mieter ins Rathaus ein und versprach Hilfe von oberster Stelle.
Alleine im Stadtteil Golzheim wurden im November vergangenen Jahres 19 Fälle, in denen Entmietung droht, vom Bündnis für bezahlbaren Wohnraum identifiziert. Bündnissprecher Dörrenbächer hält es für „das richtige Signal“, dass die Stadt jetzt was unternehmen will. Was er jedoch kritisiert: „Die Stadt liegt falsch, wenn sie ständig von Einzelfällen spricht.“ Wohnraum-Spekulation und Verdrängung sei „längst systemimmanent“ geworden. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass so genannte Ermittler-Teams da viel dran ändern können“, glaubt Dörrenbächer.
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