Düsseldorf. Im White-Max-Wohngebäude frieren hunderte Mieter. Wohnungen haben weder Heizung noch warmes Wasser. Laut Eigentümer ist noch keine Lösung in Sicht.
Er habe nun notgedrungen eine Camping-Dusche bestellt, erzählt der junge Familienvater und deutet auf das Amazon-Paket im Flur der Wohnung, in der er mit seiner Frau und dem zehn Tage alten Kind des Paares lebt. Es ist eine gemütliche Wohnung hier im 13. Stock des White-Max-Wohngebäude im Düsseldorfer Stadtteil Lörick. Was allerdings auffällt sind die elektrischen Heizkörper die leise vor sich hin summend in der Wohnung verteilt sind. Die habe er von Freunden bekommen, nachdem er, seine Frau und das neugeborene Kind vom Krankenhaus in eine eiskalte Wohnung zurückgekehrt waren. Die Camping-Dusche und ein Wasserkocher sollen jetzt das warme Duschen wieder möglich machen.
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Keine Heizung, kein warmes Wasser: Familie mit Kleinkind kam in kalte Wohnung
Die junge Familie – die lieber ungenannt bleiben möchte – sind nicht die einzigen Mieter, die aktuell im White Max unter eigentlich untragbaren Umständen leben. Dutzende Wohnungen sind betroffen. In einer Whatsapp-Gruppe, in der sich die Mieterinnen und Mieter organisieren, sind am Freitagmittag (29. November) bereits über 170 Mitglieder. Doch die Lage, in der sich die dreiköpfige Familie befindet, zeigt stellvertretend den Ernst und die Auswirkungen von mehreren Wochen ohne warmes Wasser und Heizung.
Zwischen dem 24. und 25. Oktober habe es die ersten Anzeichen dafür gegeben, dass etwas in den Haus in Düsseldorf-Lörick nicht stimmte, erzählt der Vater, der als Mediziner arbeitet. „Eine Woche später war das Wasser dann eiskalt.“ Seine Frau, ebenfalls Medizinerin und zum damaligen Zeitpunkt hochschwanger, erinnert sich an die Schmerzen, die sie wegen der Schwangerschaft hatte. Warm duschen oder baden zu können, hätte hier helfen können. Die Chance dazu gab es aber nicht. „Wir fahren aktuell alle zwei Tage 5 Kilometer zu Freunden, um da zu duschen.“ Das Angebot der Hausverwaltung, man könne in einem drei Kilometer entfernten Schwimmbad duschen, fällt für sie ebenfalls weg. „Ich hatte einen Kaiserschnitt. Meine Ärztin meinte, ich soll das nicht machen wegen des Infektionsrisikos.“
White Max in Düsseldorf: Mieter haben seit Jahren Probleme - jetzt aber neues Level erreicht
Allgemein habe man das Gefühl, nicht ernstgenommen zu werden. „Schon vor der Geburt sind wir zur Hausverwaltung gegangen. Da hat man uns gesagt, dass es ihnen leidtut“, so die junge Mutter. Passiert sei seitdem nichts. Mehrfache Versuche das Problem zu finden und zu beheben, seien erfolglos gewesen, soweit es die Betroffenen wissen. Denn auch an der Kommunikation der verantwortlichen Unternehmen äußern nicht nur die Familie, sondern auch weitere Mieter Kritik.
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„Wir werden hier mit irgendwelchen Standard-Antworten abgespeist“, empört sich ein weiterer Mieter, der sich mit anderen Betroffenen am Freitagmittag vor dem Gebäude in Lörick versammelt hat. Er wohne bereits seit 27 Jahren in dem Gebäude und habe schon einiges mitgemacht. „So oft wie ich in den Jahren beim Mieterschutzbund war“, erinnert er sich. Regelmäßig habe es in den vergangenen Jahren Probleme mit den Aufzügen gegeben, jetzt sei aber eine nie dagewesene Härte erreicht. Alle paar Tage sehe er Techniker und Handwerker am Gebäude, verbessert habe sich an der Situation jedoch nichts. Eine andere Mieterin, die 30-jährige Kimberly, weiß, dass andere Mieter mit Schimmel zu kämpfen haben.
Auch sie selbst macht sich deswegen Sorgen. Wenn sie sich mal kurz in der Wanne aufwärmen wollte, liefe nicht nur der Wasserkocher in einem durch. „Wo soll ich meine Wäsche zum Trocknen aufhängen?“, fragt sie. Denn Durchlüften sei aktuell nicht drin. Dann wäre auch das letzte bisschen Wärme weg. Vor einigen Wochen als die Temperaturen in Düsseldorf so stark fielen, dass es anfing zu schneien, habe sie nachts um die 10 Grad in der Wohnung gemessen. „Das FitX hier rettet mich echt“, erklärt die 30-Jährige und deutet auf das Fitnessstudio im Erdgeschoss des White Max, bei dem das warme Wasser noch funktioniert. Sie habe hier eine Mitgliedschaft und könne so zumindest regelmäßig duschen.
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Kalte Wohnungen von der sechsten Etage aufwärts: Hunderte Mieter frieren
Allgemein seien erst Wohnungen ab der sechsten Etage von insgesamt 17 betroffen. Darunter sei die Versorgung mit warmem Wasser – aus unbekannten Gründen – glücklicherweise stabil, auch die Heizungen funktionieren. Für die weiteren Betroffenen wie den 25-jährigen Leonhard oder Riaz, der mit seiner Familie und einem ebenfalls kleinen Kind aktuell in kalten Wohnungen leben muss, ist das jedoch nur ein schwacher Trost. Man habe in den vergangenen fünf Wochen zwar recht schnell erkannt, dass viele Leute im Gebäude kein warmes Wasser und keine funktionierende Heizung hätten, doch auf ein öffentlichkeitswirksames, gemeinsames Vorgehen verständigte man sich erst durch die gemeinsame Whatsapp-Gruppe.
„Ich habe das Gefühl, die Leute haben da nur drauf gewartet“, erzählt Roya Alvani, welche die Gruppe initiierte. Auslöser war die Situation der Familie aus dem 13. Stock. „Als ich das gehört habe, musste ich was tun.“ Sie habe dann überall im Haus QR-Codes verteilt, über welche man sich in der Gruppe vernetzen konnte, schließlich kannte sie die meisten ihrer Nachbarn nicht – auch wenn sie bereits seit zehn Jahren im Gebäude lebt. „In letzter Zeit verschwinden die Codes allerdings jeden Morgen“, erzählt die junge Frau. Sie vermutet, dass die Hausverwaltung diese über Nacht entferne.
Dafür erscheinen in unregelmäßigen Abständen neue Info-Schreiben an den Wänden des Eingangsbereichs des White Max. „Die Kommunikation ist echt eine Katastrophe“, so Alvani. „Wir sind so enttäuscht und sauer.“ Ein direkter Kontakt fände quasi überhaupt nicht statt und dann auch nur zu einzelnen Mieterinnen und Mietern. Einige hätten sich bereits an Anwälte gewendet. Die Whatsapp-Gruppe sei ein Versuch, das Vorgehen zu koordinieren. „Wir haben in der Gruppe 170 Leuten mit ganz unterschiedlichen Vorstellungen davon, was passieren soll und was wir fordern sollen. Und dann haben wir hier noch Leute – gerade ältere – die vielleicht nicht so gut mit Technik umgehen können oder mobil sind. Die zu erreichen ist nochmal schwieriger.“
Forderung der betroffenen Mieter: 70 Prozent Mietsenkungen wegen kalter Wohnungen
Dennoch mache man Druck. Am Freitag versendete man einen Brief mit Forderungen – unterzeichnet von 90 betroffenen Parteien. „In der Vergangenheit haben wir unsere Mieten immer pünktlich und vollständig gezahlt – trotz zahlreicher Mängel im Gebäude und Ihrer wiederholten Ignoranz gegenüber unseren Anliegen“, heißt es in diesem etwa. Man fühle sich zunehmend respektlos behandelt und nun sei eine Grenze erreicht. Es beständen erhebliche Mietmängel, weswegen man sich dazu entschlossen habe, ab Dezember nur noch 30 Prozent der Miete zu bezahlen. Ein Angebot der Hausverwaltung, die Miete nur um 15 Prozent zu senken, lehnen die Betroffenen ab. „Dazu kommt, dass dieses 15-Prozent-Angebot auch nicht jeder gekriegt hat, der betroffen ist, sondern nur die, die sich beschwert haben“, verrät Roya Alvani.
Die SPD-Bundestagsabgeordnete Zanda Martens setzt sich einiger Zeit für die Betroffenen in Lörick ein. „Das sind Zustände, die nicht nur moralisch verwerflich sind, wie etwa für eine junge Frau und ihr eine Woche altes Baby, die am vergangenen Freitag aus dem Krankenhaus in die unbeheizte Wohnung zurückgekehrt sind“, so die Politikerin. „Sie hält die Wohnung für ihr Neugeborenes mit einem Elektro-Heizstrahler 25 Grad warm, aber das Duschen in einem Schwimmbad kurz nach einem Kaiserschnitt hat die Ärztin der jungen Mutter verboten.“ Diese Situation sei für die Mieter auch sehr teuer, wo sie ohnehin schon um die 15 € bis 20 € pro Quadratmeter an Miete zahle.
Martens wandte sich persönlich an die Eigentümer, an das Unternehmen „Hansainvest“. „Bei nahendem Wintereinbruch wären stattdessen zügige Instandhaltungsmaßnahmen nötig, um die Gesundheit der Mieter nicht zu gefährden. Mit einer nicht funktionierenden Heizung verletzen Sie als Eigentümer Ihre Pflicht, die Wohnungen instand zu halten und gewisse Mindestanforderungen zu erfüllen. Die von den Mietern selbst aufgestellte Elektroinfrarotheizungen, strombetriebene Radiatoren oder gasbetriebenen Heizgeräte bergen eine Gefahr für das Leben und die Gesundheit der Mieter, die umgehend unterbunden werden muss.“ Die Düsseldorfer SPD-Chefin informierte zudem das Düsseldorfer Amt für Wohnungswesen.
Unbefriedigende Antworten des Eigentümers
Auf den Brief der SPD-Frau gab es nun eine eher unbefriedigende Antwort: „Wir haben am Mittwoch erfahren, dass es in der Immobilie White Max seit Anfang November sukzessive aufgetretene Probleme gibt“, heißt es von Hansainvest. „Der Zustand, dass die Heizung und die Warmwasserversorgung nicht zuverlässig funktionierten, stelle die Mieter somit vor eine herausfordernde Situation. „Wir können Ihnen mitteilen, dass sowohl der von uns eingesetzte Asset Manager als auch der Hausverwalter vor Ort mit Hochdruck an einer Lösung arbeiten. Die genaue Ursache konnte jedoch trotz intensiver Bemühungen bisher nicht gefunden werden. Es wurden mehrere und vor allem unterschiedliche Fachfirmen beauftragt, u.a. waren auch heute wieder die Stadtwerke vor Ort, um die Ursache zu finden und zu beheben. Es ist nicht auszuschließen, dass das Problem ein Teil der Fernwärmeversorgung ist. Weil sich die Arbeiten deutlich schwieriger als erwartet gestalten, hält der unbefriedigende Zustand unverändert an. Dies bedauern wir zusammen mit unseren Partnern ausdrücklich. „
Und was fordert die Familie im 13. Stock? Sie gehören ebenfalls zu den Unterzeichnern der Beschwerde, wünschen sich aber eigentlich, ihre Wohnung zu verlassen – zumindest temporär. „Dass uns kein Hotel angeboten wurde, ist eigentlich kaum zu glauben“, zeigt sich der junge Vater enttäuscht. Auch seiner Frau ist die Schwere der Situation, aber auch der Ärger deutlich anzumerken. „Wir werden alleine gelassen, unsere Situation interessiert die nicht“, sagt sie mit Blick auf das neugeborene Kind neben ihr. Sie mache sich sorgen, wie sich die aktuellen Umstände auf ihr Kind und ihre Gesundheit auswirken. „Das kann doch nicht wahr sein. Das ist unmenschlich.“
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Investmentmanager und Hausverwaltung: Auf der Suche nach Ursache
Eine Bitte um Stellungnahme an die verantwortliche Hausverwaltung Heinrich Bossert Immobilien wurde bereits am Freitagabend (29. November) durch das Grünwalder Unternehmen KGAL beantwortet. Bei diesem handelt es sich um einen Investment- und Assetmanager mit Sitz in München. Laut einem Unternehmenssprecher befänden sich viele Mitarbeitende des „Partners“ Bossert Immobilien im direkten Austausch mit den Betroffenen, daher sei man sich der Schwierigkeiten bewusst, mit denen diese aktuell leben würden. Angesprochen auf die Kritik an der intransparenten Kommunikation, antwortet man: „Die Priorität für alle Ansprechpartner vor Ort hat das Auffinden der Ursache und die Lösung des Problems. Alle Anfragen der Mieter werden so zeitnah wie möglich beantwortet.“
Man sei aktuell noch auf der Suche nach der Ursache des Problems, zum wiederholten Male seien auch am Freitag wieder Mitarbeitende der Stadtwerke und Fachfirmen vor Ort gewesen, heißt es auch dort. Man habe zuletzt den Wärmetauscher des Gebäudes geprüft „sowie diverse Leitungen gespült.“ Zusätzlich zu dem Angebot der Duschmöglichkeiten im Schwimmbad an der Pariser Straße wolle man auch Heizstrahler zur Verfügung stellen. Auf die Frage, ob es Kompensationen für die Betroffenen geben soll, antwortet das Unternehmen: „Unser Partnerunternehmen Bossert-Immobilien wird sich nach der vollständigen Beseitigung des Mangels um Kompensationsangebote kümmern.“