Düsseldorf. Vor dem Düsseldorfer Rathaus haben am Mittwoch Mieter gegen die Verdrängung durch Investoren protestiert. Welche Lösungsideen es schon gibt.
Für die von Verdrängung und Entmietung betroffene Anwohnerschaft in Düsseldorf-Golzheim stand am Mittwoch (13. November) wieder ein Protest auf dem Programm. Vor dem Rathaus versammelten sich rund 40 Mieterinnen und Mieter aus dem Viertel, im Verwaltungsgebäude wurden weitere Anwohnende von Oberbürgermeister Stephan Keller empfangen, die dem Stadtoberhaupt ihre Sorgen und Verdrängungsängste in einem rund zweistündigen Gespräch schilderten.
Denn seit Monaten kämpfen in Golzheim und den angrenzenden Stadtteilen Pempelfort und Derendorf viele Menschen gegen das Vorgehen von Investoren, die die teils leerstehende Mehrfamilienhäuser in den Quartieren sanieren oder abreißen wollen, um neue Luxuswohnungen entstehen zu lassen. Insgesamt 19 Häuser sind dort betroffen, zahlreiche Wohnungen stehen leer und sind unbewohnt.
Bei den übrig gebliebenen Mietern der Wohnhäuser regte sich zuletzt immer wieder Protest. Anfang November besetzten Aktivisten an der Bankstraße in Golzheim für knapp 24 Stunden sogar eine leerstehende Wohnung. Wenig später folgte von OB Keller dann die Einladung ins Rathaus.
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Mieter-Demo in Düsseldorf: OB Keller zeigt sich betroffen
Einer, der am Mittwoch beim Gespräch im Rathaus dabei gewesen ist, ist Jan Kownatzki. Er selbst lebt an der Mauerstraße und ist ebenfalls von drohender Entmietung durch einen Investor betroffen, der das Wohnhaus abreißen und vorher alle Mieter loswerden will. Im Rathaus sei es eine angenehme Gesprächsatmosphäre gewesen, erzählte der Golzheimer nach dem Termin beim Oberbürgermeister. „Wir waren am Anfang natürlich nervös, aber der OB hat sich alles sehr konzentriert angehört und uns auch die Zeit gegeben, unsere Probleme anzusprechen.“ Bei einigen Schilderungen sei Stephan Keller sogar entsetzt gewesen, meint der Anwohner.
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„Wir haben OB Keller die vielen Fälle in dem Viertel sehr emotional und sehr umfassend geschildert.“ Dabei sei allen Anwesenden aus der Verwaltung klar geworden, dass es sich bei der Mieterverdrängung in Golzheim und anderen Stadtteilen nicht mehr um Einzelfälle handele, berichtet Kownatzki. „Außerdem haben wir dem OB klargemacht, wie Investoren, institutionelle Investoren vorgehen, um Mieterinnen und Mieter zu schikanieren und zu entmieten und dabei auch rechtliche Mittel nutzen, weil sie da sehr bewandert sind, anders als viele Anwohner.“
Jan Kownatzki vermutet eine Methode hinter dem Vorgehen solcher Investorengruppen: „Sie schießen bewusst Nebelkerzen, damit man in diesem Wirrwarr selbst Fehler begeht und auf anderem Wege fristlos gekündigt werden kann.“ Im Rathaus konnten die Mieter, die auch stellvertretend für weitere betroffene Menschen aus dem Viertel bei OB Keller vorsprachen, anhand mehrerer Beispiele aufzeigen, dass sich zuletzt vor allem in Golzheim Muster in Sachen Mieterverdrängung entwickelt hätten, so Kownatzki weiter. Dennoch weiß er, dass es auch an anderen Stellen in Düsseldorf ähnliche Probleme gibt: „Wir sind nur die Spitze des Eisbergs.“
Mieterforderung: OB Keller soll sich „gegen die Masche der Wohnraumvernichtung im Bestand“ positionieren
Während des Gesprächs habe OB Keller direkt klargestellt, dass er nur beschränkte Handlungsmöglichkeiten hat, berichtet der Mieter weiter. Für die Anwohnerschaft in den betroffenen Stadtteilen ging es beim Gespräch aber zunächst vordergründig darum, dass sich Stephan Keller nun „auch öffentlich für die Mieter und für die Menschen in der Stadt und gegen die Masche der Wohnraumvernichtung im Bestand positioniert“.
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Außerdem sollen die Behörden nun ihre Ermessensspielräume für die Bürger nutzen, „um Entscheidungen für die Mieter zu treffen und Bau- und Abrissvorhaben von Investoren, sofern sie unklar, oder auch fadenscheinig oder konstruiert klingen, nicht zu genehmigen.“ Denn damit könne die Stadt Düsseldorf laut Kownitzka auch signalisieren, „dass Investoren hier kein leichtes Spiel haben“.
Hans-Jochem Witzke, Vorsitzender des Mietervereins Düsseldorf, fordert, dass die Landeshauptstadt endlich die ihr zur Verfügung stehenden Instrumente nutzt, um Mieter vor Verdrängung durch Investoren und weiteren Miethaien zu schützen. „Denn der Leerstand, der in Düsseldorf und vor allem in den Stadtteilen akut verbreitet ist, ist auch eine Form von Zweckentfremdung von verfügbarem Wohnraum.“
Neben der Einhaltung der Mietpreisbremse bringt Witzke auch eine soziale Erhaltungssatzung ins Spiel. Denn so wären zumindest in der Theorie Umbauten, Abrisse und Modernisierungen nicht nur nach dem Baurecht, sondern auch unter Berücksichtigung sozialer Faktoren genehmigungspflichtig. Die Stadt könnte der Mieterverdrängung dann einen Riegel vorschieben.
Forderung nach Erhaltungssatzungen für ganz Düsseldorf
Für den Stadtbezirk 3 wurde in der zuständigen Bezirksvertretung (BV) zuletzt eine solche Satzung und Zonen, die vor Entmietung schützen soll, ausgearbeitet und vorgelegt. In der BV 3 soll die Erhaltungssatzung bald als Pilotprojekt an den Start gehen. Die Protestierenden vor dem Rathaus und das Bündnis für bezahlbaren Wohnraum fordern, dass solche Instrumente überall in Düsseldorf genutzt und vor allem erstmal ausgearbeitet werden.
„Es gibt Möglichkeiten, wo die Stadt etwas tun kann. Wir haben lange eine Millieuschutzsatzung gefordert, darüber wird aktuell auch beraten, aber nur im Stadtbezirk 3“, ärgert sich Helmut Schneider, Sprecher des Bündnisses für bezahlbaren Wohnraum. „Warum wird darüber nicht auch in anderen Stadtbezirken beraten?“, fügt er fragend an. Denn die Verwaltung habe im Stadtgebiet „längst acht andere Bezirke identifiziert, die man auch relativ kurzfristig mit einer solchen Satzung belegen könnte“.
Bündnis für bezahlbaren Wohnraum nimmt an BV-Sitzung teil
Und wie geht es nun weiter für die betroffenen Mieter in Golzheim? Oberbürgermeister Keller will die prekäre Lage an der Bank- und Mauerstraße weiter beobachten, sich selbst vor Ort ein Bild machen und mit betroffenen Mietern in Kontakt bleiben, hieß es nach dem Gesprächstermin im Rathaus. Am kommenden Freitag (15. November) tagt die Bezirksvertretung 1 (unter anderem zuständig für Golzheim, Pempelfort und Derendorf). Auch Vertreter des Bündnisses werden bei der BV-Sitzung dabei sein und die Forderung nach der Einführung einer sozialen Erhaltungssatzung dort vorbringen, kündigt Schneider an.
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Ein Ende des Mieterprotestes ist damit dennoch nicht in Sicht, wie Johannes Dörrenbächer vom Bündnis nun verrät: „Das Gespräch im Rathaus und unser Protest war mit Sicherheit nur ein Anfang und ist nicht das Ende. Es wird weitere Aktionen und weitere Vernetzungen geben. Denn das, was in Golzheim passiert, passiert auch in vielen anderen Stadtteilen.“