Düsseldorf. Die Verdrängung von Mietern in Düsseldorf-Golzheim ist nun Sache der Politik. Ein Bündnis hofft jetzt auf Hilfe der Stadt. Was gefordert wird.
Die Verdrängung und Entmietung von Anwohnerinnen und Anwohnern in Golzheim und angrenzenden Stadtteilen ist nun ein Fall für die Düsseldorfer Politik. Nachdem betroffene Mieter am Mittwoch (13. November) von Oberbürgermeister Stephan Keller ins Rathaus eingeladen wurden, um dort ihre Situation zu schildern, nahmen am Freitag (15. November) ein Vertreter des Bündnisses für bezahlbaren Wohnraum sowie eine von Entmietung betroffene Anwohnerin an der Sitzung der Bezirksvertretung 1 (BV) teil, die für die Stadtteile Golzheim, Derendorf, Pempelfort, Altstadt, Carlstadt und Stadtmitte zuständig ist.
Weil die Mieterverdrängung und der Protest zuletzt hohe Wellen geschlagen hat und die Situation für viele Mieter im Viertel prekär ist, wurde das Thema zum Tagesordnungspunkt 1 erklärt. Bezirksbürgermeisterin Annette Klinke (Grüne) verwies jedoch gleich zu Beginn der Sitzung, dass es zunächst darum gehe, dass „wir als BV 1 erstmal etwas über die Arbeit des Bündnisses erfahren“.
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BV1-Sitzung in Düsseldorf: Wohnraum-Bündnis stellte sich vor
Als Sprecher des Bündnisses für bezahlbaren Wohnraum gab Helmut Schneider dann auch zunächst einen Einblick in die Arbeit der Mietervertretung. Dabei hob er einen wichtigen Punkt hervor: „Bei uns gilt ein wichtiger Grundsatz: Wir machen keine Stellvertreterpolitik, sondern versuchen reale Fälle von Mietern, die auf uns zukommen und von Verdrängung und Entmietung betroffen sind, öffentlich zu machen, zu skandalisieren und zu helfen.“
Zudem erklärte Schneider den anwesenden Bezirksvertreterinnen und Vertretern, welche rechtlichen Möglichkeiten Vermieter, Miethaie und Immobilieninvestoren haben, um Mieter loszuwerden: „Ein Mietverhältnis rechtens zu kündigen, kann drei Gründe haben: Der Mieter zahlt mehrfach seine Miete nicht, die Eigenbedarfskündigung seitens des Vermieters, oder eine Verwertungskündigung.“
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Laut Mietrecht geht der Gesetzgeber bei Verwertungskündigungen davon aus, dass ein Eigentümer durch die Fortsetzung des Mietverhältnisses an einer angemessenen wirtschaftlichen Verwertung des Grundstückes gehindert wird und ihm dadurch erhebliche Nachteile entstehen. Die Möglichkeit, durch eine Neuvermietung eine höhere Miete zu erzielen, falle jedoch nicht darunter, stellt der Bündnissprecher klar.
Bündnis für bezahlbaren Wohnraum: „Wohnen ist keine Ware“
Genau diese Art der Neuvermietung beziehungsweise Neuverwertung des Wohnraums in Golzheim werde von Investoren aber angestrebt, die nun Mieter in einigen Mehrfamilienhäusern an der Bankstraße und Mauerstraße sowie weiteren Gebäuden im Viertel loswerden wollen, meint Schneider. Alleine im Stadtteil wurden 19 Fälle, in denen Entmietungen drohen, vom Bündnis für bezahlbaren Wohnraum identifiziert.
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Petra Geers, die an der Mauerstraße wohnt, nahm am Freitag ebenfalls an der BV-Sitzung teil und gab einen Einblick darüber, wie es seit einigen Monaten in ihrem Wohnhaus läuft: „Wir sind im Mai von den Kündigungen und den Plänen des Eigentümers DUS Invest XXII regelrecht überrascht worden. Zehn Bewohner leben dort, teilweise mehr als fünf Jahre. Und wir alle sollen Mitte nächsten Jahres ausziehen. Dadurch wird die Hausgemeinschaft komplett zerstört.“
Solch ein Vorgehen sei „ein Angriff auf die Existenzen der Mieter“, schimpft Helmut Schneider. Denn immerhin sei „Wohnen keine Ware, sondern ein Grundrecht“, so der Bündnissprecher weiter, der lange Zeit als Dozent an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf und der Uni Duisburg-Essen zum Thema Stadtgeografie gelehrt hat. Zudem habe er festgestellt, dass für Immobilienfirmen, Eigentümern und Investorengruppen das „Geschäft mit dem Verkauf von Eigentumswohnungen in Düsseldorf aktuell nicht lukrativ“ sei. „Leute zu entmieten, und die Wohnung anschließend teurer neu zu vermieten, lohnt sich für solche Firmen jedoch schon. Denn bei Neuvermietungen langen Investoren beim Preis richtig zu, wenn vorher eine Sanierung stattgefunden hat, sogar noch mehr.“
Bündnissprecher: Stadt Düsseldorf hat mehrere Möglichkeiten zum Mieterschutz
Und genau dies passiere gerade auch in Golzheim. Dabei gebe es aus Sicht von Helmut Schneider mehrere Möglichkeiten, wie die Stadt Düsseldorf die Mieterverdrängung verhindern könnte. „Es gibt die Wohnraumschutzsatzung, man kann eine soziale Erhaltungssatzung einführen und man kann Mietern ein Vorkaufsrecht für die Wohnung einräumen.“
Nach Angaben der Stadt soll die Wohnraumschutzsatzung unter anderem dafür sorgen, dass „die Wohnraumversorgung der Bevölkerung in der Stadt Düsseldorf gewährleistet“ werde und „Wohnraum vor ungenehmigter Zweckentfremdung geschützt werden“ soll. Mit einer sozialen Erhaltungssatzung wären Umbauten, Abrisse und Modernisierungen zu Luxuswohnungen nicht nur nach dem Baurecht, sondern auch unter Berücksichtigung sozialer Faktoren genehmigungspflichtig. Das Problem laut Schneider: „Die Frage ist, was bedeutet Luxus? Das ist in den Satzungen nicht definiert.“
Soziale Erhaltungssatzung in Düsseldorf: Änderungsantrag für Einführung in allen Bezirken wird auf den Weg gebracht
Dennoch forderte der Bündnissprecher am Freitag in der Sitzung, dass die BV1 auch eine soziale Erhaltungssitzung für den Bezirk erstellt. Denn immerhin wurde eine solche Satzung für den Stadtbezirk 3 als Pilotprojekt von der Verwaltung vorgelegt, die Anfang 2025 vom Stadtrat verabschiedet werden soll.
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Zu wenig, findet Helmut Schneider: „Wir als Bündnis fordern nun, dass es nicht reicht, wenn es nur in einem Stadtteil eine solche Satzung gibt. Immerhin hat die Verwaltung acht weitere Viertel in Düsseldorf identifiziert, wo Mieter vor ähnlichen Problemen stehen. Das sind ja alles keine Einzelfälle. Deswegen, liebe BV1, setzt euch dafür ein, dass auch hier eine Satzung eingeführt wird.“
Wie Bezirksbürgermeisterin Annette Klinke nun ankündigte, habe die BV1 genau dieses Thema bereits auf dem Schirm. Deswegen sei bereits ein Änderungsantrag auf den Weg gebracht worden, „damit die soziale Erhaltungssatzung in allen Stadtbezirken angewendet werden kann. Darüber muss nun aber der Rat entscheiden“, betont die Grünen-Politikerin.