Düsseldorf. Die Lage am Worringer Platz in Düsseldorf verschlechtert sich zusehends. Die Drogenhilfe gibt auch der Stadt die Schuld. Was nun passieren muss.
Dass die Crack-Welle schon längst in deutschen Großstädten angekommen ist, überrascht mittlerweile kaum mehr. Schon als vor einem Jahr die Baugrube des Grand Central an der Kölner Straße in der Düsseldorfer Innenstadt geräumt wurde, war das Problem bekannt. Waren Crack-Szenen in der Vergangenheit auf Städte wie Hannover und Hamburg beschränkt, findet die hochgefährliche Substanz auch in Düsseldorf immer größeren Absatz. Doch was kann getan werden?
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Drogenhilfe Düsseldorf: „Worringer Platz ist eine Katastrophe“
Michael Harbaum, Leiter der Drogenhilfe Düsseldorf, spricht davon, dass sich am Drogen-Hotspot Worringer Platz katastrophale Zustände finden lassen. Das liege aber auch daran, dass es andere zentrale Treffpunkte der Szene nicht mehr gibt. So sei mit „der Räumung der Baugrube auch ein Rückzugsraum weggefallen“. Ähnliche Auswirkungen habe die bauliche Umgestaltung des Immermann-Hofes gehabt. Das Ergebnis: Am Worringer Platz konzentriert sich die Szene – und damit ist genau das eingetreten, wovor Fachleute schon vor vielen Jahren gewarnt hatten. Die Szene massiert sich. Harbaum: „Die Situation am Worringer Platz hat sich signifikant verschlechtert.“
Aus Mangel an anderen Rückzugsorten blieben „viele Konsumenten den ganzen Tag am Worringer Platz.“ Hier bekommen sie Nachschub, können sich aber auch vernetzen. „Wir dürfen nicht vergessen“, so Harbaum weiter, „dass auch die Konsumenten nicht gerne am Worringer sind.“ Und dadurch, dass die Szene am Platz konzentriert werde, komme es zu der „teilweise paradoxen Situation“, dass sich einige Konsumenten auch darüber freuen, wenn der OSD patroulliert. „Sie fühlen sich sicherer.“ Auch die Szene ist in sich heterogen: „Die Menschen machen das ja nicht, weil sie einen schlechten Charakter haben.“ Wichtig sei es, dass die gemeinsamen Interessen aller Beteiligten gesehen werden würden.
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„Die Konsumenten wollen ja auch nur ihre Ruhe haben“, so Harbaum. Doch klar sei auch, dass die Anwohner unter der derzeitigen Situation leiden. Die Problematik sei aber so komplex, dass OSD und Polizei das nicht alleine schaffen. Die Düsseldorfer Drogenhilfe hat deshalb einige Maßnahmen formuliert, die zu einer Entlastung führen könnten. Harbaum ordnet aber direkt ein: „Das sind Maßnahmen, die teilweise lange brauchen, aus unserer Sicht aber notwendig sind.“ Gleichwohl steht fest, „dass keine dieser Maßnahmen alleine verhindern wird, dass sich am Worringer Platz Menschen mit Suchterkrankung aufhalten“. Wohl aber könne eine Entzerrung erreicht werden.
Welche Maßnahmen helfen könnten, die Szene am Worringer Platz zu entzerren
Grundsätzlich wäre schon damit geholfen, die Öffnungszeiten des Drogenkonsumraums, der Notschlafstelle und des Cafés der Drogenhilfe unweit des Worringer Platzes auszuweiten. „Ideal wäre es natürlich, die Öffnungszeiten auf 24 Stunden auszudehnen.“ Drogensucht kennt schließlich keine Nacht- und Ruhezeiten. Durch Crack verschiebt sich zudem der Tag-Nachtrhythmus bei vielen Konsumenten. Als ein Anfang würde aber schon eine Erweiterung der Öffnungszeiten an Sonn- und Feiertagen helfen.
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Außerdem schlägt der Sozialpädagoge vor, einen öffentlichen Platz in Nähe des Hauptbahnhofs so umzugestalten, damit die Szene sich dort treffen könnte. Etwa durch Container. Es würden mindestens zwei Plätze benötigt – neben dem Worringer Platz. Auch das könnte eher kurzfristig geschehen, denkt Harbaum. Zwei bis drei Monate Vorlauf würden wahrscheinlich benötigt. Langfristig bräuchte es aber mehr Fachkräfte – „denn der Fachkräftemangel herrscht auch bei uns“ – und mehr Angebote. Wichtig sei die Vernetzung zwischen Trägern, Ordnungsbehörden und allen anderen Interessengruppen.
All das kostet Geld. Sollten Konsumraum, Notschlafstelle und Café der Drogenhilfe irgendwann rund um die Uhr geöffnet sein, läge man bei rund 2,2 Millionen pro Jahr, schätzt die Drogenhilfe. Um die Einzelfallhilfe zu verbessern, bräuchte man nach Ansicht des Leiters drei Fachkräfte, die pro Jahr etwa 300.000 Euro kosten würden. Und auch die anderen Maßnahmen kosten nicht gerade wenig. Gleichwohl würde es sich um Investitionen in die Zukunft handeln.
Drogenhilfe kann Substanzen nicht selbst testen – ein Problem
„Das zugrundeliegende Problem sind eben nicht die Konsumenten am Worringer Platz, die sind nur das Symptom. Wir müssen grundsätzlich davon abkommen, Substanzen zu kriminalisieren.“ Harbaum verweist auf das Beispiel Zürich. Hier gehe man pragmatischer an die Sache ran. Die Drogenhilfe in Düsseldorf könne im Moment noch nicht mal testen, was in den Drogen wirklich alles drin ist. Genau das sei aber wichtig, damit man überhaupt weiß, womit man es zu tun hat.
Die Crack-Welle ist in der Landeshauptstadt nach wie vor da – doch es gibt ja auch andere Baustellen, synthetische Opiate wie Fentanyl etwa. Um wirklich zu erfahren, was in der Szene los ist, muss man wissen, was im Stoff drin ist, betont Michael Harbaum.
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