Düsseldorf. Die Düsseldorfer Wohlfahrtsverbände warnen vor den Folgen der geplanten NRW-Sparmaßnahmen im Sozialbereich. Die Auswirkungen wären katastrophal.

Noch sei der neue NRW-Haushalt nicht beschlossen, diese Aussage fällt mehrfach, fast schon wie ein Mantra an diesem Donnerstagmorgen (7. November) in den Räumlichkeiten der Jüdischen Gemeinde in Düsseldorf. Die freien Wohlfahrtsverbände der NRW-Landeshauptstadt sind dort zusammengekommen, um ihrer Sorge Luft zu machen. Denn die geplanten Sparmaßnahmen der Landesregierung im Sozialbereich liegen bereits jetzt wie ein Schatten über den Verbänden. Die Auswirkungen, auch hier in der Landeshauptstadt, wären, so das einstimmige Echo, verheerend.

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Sozialkürzungen: Düsseldorfer Wohlfahrtsverbände schlagen Alarm

„Die vorgelegte Planung der Landesregierung würde einen Kahlschlag auch für uns Wohlfahrtsverbände in Düsseldorf bedeuten“, erklärt Bert Römgens von der Jüdischen Gemeinde, seines Zeichens Sprecher der Liga-Wohlfahrt in Düsseldorf. In dieser organisieren sich die Düsseldorfer Verbände der Arbeiterwohlfahrt und der Caritas, der Paritätische Wohlfahrtsverband, das Deutsche Rote Kreuz, die Diakonie Düsseldorf als auch die Jüdische Gemeinde der Landeshauptstadt. 83 Millionen will Schwarz-Grün im kommenden Haushalt im Sozialen sparen, die Auswirkungen auf Angebote der Wohlfahrtsverbände wären einschneidend.

Die Sparmaßnahmen würden dabei viele Bereiche treffen. In der Familienbildung würde gespart, ebenso träfe es verschiedenste Beratungsstellen – seien es Integrationsangebote, Aufklärungsstellen für sexuelle Gesundheit, Schuldenberatungen oder etwa in der Suchthilfe. Die Liste, das wird im Gespräch mit den Verantwortlichen schnell klar, ließe sich fortsetzen. „Wenn diese Pläne so umgesetzt werden, dann gerät das soziale Miteinander ins Wanken“, bringt Römgens die Sorge der Düsseldorfer Wohlfahrtverbände auf den Punkt.

Einsparungen im Bereich Migration: Bei Integration kürzen ohne Folgen zu Bedenken

Die potenzielle Abwärtsspirale, in welche die Sparmaßnahmen führen könnten, machen die Verantwortlichen am Bereich der Integration deutlich. „In den vergangenen Jahren sind die Anfragen für unsere Integrationsberatungen konstant gestiegen“, so Anna Gockel-Gerber, Vorstandvorsitzende der Düsseldorfer Caritas. Würden hier jetzt die Mittel gekürzt, müssten Angebote zurückgefahren werden, was übrig bliebe, wäre überlastet. Daneben würden Gelder, mit denen Ehrenamtliche fortgebildet, Hilfen bei Behördengängen finanziert oder Sprachabende organisiert werden, teilweise gestrichen oder nur eingeschränkt fortgeführt.

Stefan Fischer, Vorstandsvorsitzender des DRK Düsseldorf, nennt ein weiteres Beispiel: so würde etwa auch die „Förderung der Integration Eingewanderter und des Zusammenlebens in Vielfalt“ um 63 Prozent gekürzt. Mit unter diese fallen auch Beratungsstellen zur Islamismus-Prävention. Fehlende Integrationsleistungen und der Abbau von Präventionsangeboten gegen Radikalisierung stellten hierbei nur eines von vielen Pulverfässern dar, welche den sozialen Frieden bedrohten – mit Sicherheit jedoch eines der explosivsten.

Schwangerschaftsberatung, Familienbildung, Suchthilfe: Kürzungen bei vielen sozialen Problemfeldern

Aber im Bereich Migration und Integration würden nicht nur Angebote in der Deradikalisierungsarbeit wegfallen. Eine Beratungsstelle, die komplett verloren ginge, wäre eine NRW-weite Schwangerschaftsberatung für Geflüchtete. Ursprünglich waren hierfür eine Million Euro vorgesehen. Anja Vennedey aus dem Vorstand der Diakonie Düsseldorf fügt hierzu an: „Aktuell scheint es politisch en vogue zu sein, im Migrationsbereich zu kürzen.“ Schlimmer sei jedoch, so Fischer, dass diese „dramatischen“ Kürzungen von den Verbänden nicht einfach kompensiert werden könnten. „In all meinen Jahren habe ich sowas noch nicht erlebt“, so der DRK-Vorstand.

Aber nicht nur im Bereich Migration und Integration bliebe, so die versammelten Verantwortlichen der Düsseldorfer Wohlfahrt, die Landesregierung hinter ihren Versprechen zurück, den sozialen Zusammenhalt zu stärken, so Römgens. Auch bei der Familienbildung würden rund zwei Drittel der Gelder gestrichen, so Marion Warden, Kreisgeschäftsführerin der Düsseldorfer Arbeiterwohlfahrt (Awo). „Das würde ganz besonders einkommensschwache Familien treffen und ihnen den Zugang zu Bildung erschweren“, so Warden. „Und gerade heute wird ja immer wieder deutlich, wie wichtig dieser Zugang auch für das Demokratieverständnis ist.“

Daneben sind auch Suchthilfestellen von den Haushaltsplänen betroffen. Denn auch wenn es keine direkten Kürzungen gäbe, so käme angesichts steigender Zahlen unterm Strich weniger raus. Anja Vennedey beschreibt hierzu die Entwicklung in den vergangenen Jahren. So finanzierten sich etwa 15 bis 20 Prozent der Angebote in diesem Bereich über Landesmittel, die sie über die Kommunen erhalten würden. Diese seien jedoch seit 20 Jahren nicht erhöht worden. „Wo wir früher also zwei Vollzeitstellen bei der Suchthilfe haben konnten, können wir heute vielleicht noch eine finanzieren“, so Vennedey. Gerade in einer Zeit, in der die Drogenszene und der Crackkonsum ein Dauerthema in Düsseldorf darstellt, sei dies nicht zu vertreten.

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Kitabereich in Düsseldorf: Im zweistelligen Millionenbereich unterfinanziert

All dies vervielfältige die Probleme, die bereits beständen, beschreibt es Stefan Fischer. „Wir haben in einem Gutachten gerade erst sehen können, dass uns bei den Kitas der hier anwesenden Träger ein zweistelliger Millionenbetrag fehlt.“ Dabei könnte man sich hier in der Landeshauptstadt sogar noch glücklich schätzen – trotz deutlicher Unterfinanzierung. Die Stadt sei trotz kleinerer Probleme ein verlässlicher Partner, erklärt auch Marion Warden. Dennoch würden die Landespläne gerade Gruppen betreffen, die sich nicht so leicht Gehör verschaffen könnten.

So fräßen Kosten die Angebote für psychisch oder chronisch Erkrankte auf. Daneben nennt die Awo-Vorsitzende aber noch eine weitere überraschende Betroffenengruppe: „Wir bieten Therapien für Sexualstraftäter an. Das sind 25 bis 30 Personen, die jetzt sehr viel länger auf einen Platz warten müssen. Und das sind Leute, von denen wir alle eigentlich hoffen sollten, dass sie schnell Hilfe kriegen.“ Das sage sie als Trägerin eines Frauenhauses, so Warden.

Kürzung im Sozialen: Großkundgebung am 13. November in Düsseldorf

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Was also fordern die Düsseldorfer Wohlfahrtsverbände? „Unsere Mindesterwartung ist, dass es keine Kürzungen gibt“, so Römgens. Besser wären natürlich Erhöhungen. Um ihrer Sorge und ihren Forderungen Ausdruck zu verleihen, ist für den kommenden Mittwoch (13. November) eine Großkundgebung auf den Rheinwiesen in Düsseldorf geplant. 25.000 Teilnehmer sind angekündigt, darunter auch Abgeordnete aus dem Landtag. Denen stehen die Düsseldorfer Wohlfahrtsverbände allerdings skeptisch gegenüber. „Die Abgeordneten wissen, was sie da tun“, betont Stefan Fischer mit Blick auf die Haushaltspläne. „Wir lassen niemanden aus der Verantwortung.“