Düsseldorf. Vor einem Jahr überfiel die Hamas Israel. Wie die Jüdische Gemeinde Düsseldorf am Sonntag der Todesopfer des Terrorangriffs gedenken möchte.
Am kommenden Sonntag jährt sich der Überfall der Hamas auf Israel. Seit dem 7. Oktober 2023 versinkt der Nahe Osten zunehmend in Krieg und Gewalt. Die Jüdische Gemeinde Düsseldorf ruft daher nun zu einem „Marsch des Lebens“ auf, der an den Terrorangriff auf das Land und deren Opfer erinnern und ein Zeichen gegen Antisemitismus setzen soll.
Marsch des Lebens in Düsseldorf: „Erinnerung an die 1200 ermordeten Menschen“
Die Jüdische Gemeinde bezeichnet den Überfall der Hamas als einen „Akt beispielloser Brutalität, der tiefe Wunden hinterlassen hat“. Erinnert werden müsse „an die 1200 ermordeten Männer, Frauen und Kinder, die abgeschlachtet wurden.“ Deshalb sei es wichtig, „ein klares Zeichen der Solidarität mit Israel“ zu setzen, wie die Jüdische Gemeinde Düsseldorf mitteilte.
Neben der Jüdischen Gemeinde, beteiligen sich auch die Initiative „Run for their lives“, der Jüdische Studierendenverband NRW, die Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit sowie die Deutsch-Israelische Gesellschaft in Düsseldorf und Kehila NRW an dem Gedenkmarsch.
Beginnen soll der Marsch um 16 Uhr am Graf-Adolf-Platz und gegen 16.45 Uhr auf dem Johannes-Rau-Platz mit einer Kundgebung enden. Sprechen werden – neben Vertretern der veranstaltenden Organisationen – auch die Düsseldorfer Beigeordnete für Kultur Miriam Koch und Mona Neubaur, die stellvertretende Ministerpräsidentin von Nordrhein-Westfalen.
Jüdische Gemeinde Düsseldorf: „Der 7. Oktober hat alles verändert“
Die Jüdische Gemeinde Düsseldorf betont, wie sehr sich die Situation für Jüdinnen und Juden seit dem 7. Oktober 2023 verschärft habe, auch in Düsseldorf. „Es hat sich einfach alles verändert“, teilt die Gemeinde weiter mit. „Der Hass ist extremer geworden“, vor allem aber ist er öffentlicher. Deswegen zögerten auch immer mehr Mitglieder der Gemeinde, in der Öffentlichkeit jüdische Symbole zu tragen. Pöbeleien und Angriffe seien häufiger geworden, überhaupt „sinkt die Hemmschwelle, Hass zu artikulieren“.
Dabei würden nicht nur Jüdinnen und Juden angegangen, sondern auch Menschen, die sich für Freiheit und Demokratie einsetzen, berichtet ein Sprecher der Jüdischen Gemeinde auf Nachfrage der NRZ. Auch Menschen, die sich für die Befreiung der Hamas-Geiseln ausgesprochen haben, seien Ziel von Anfeindungen geworden. „Gefühlt werden es immer mehr Menschen, die sich offen gegen Israel aussprechen“, so der Sprecher weiter.
7. Oktober in Düsseldorf: Was die Jüdische Gemeinde außerdem plant
Diese Entwicklung seit dem 7. Oktober 2023 gelte für ganz Deutschland, auch für Düsseldorf: „Der Antisemitismus hierzulande hat eine neue Dimension erreicht“. Und auch darum geht es bei dem anstehenden Marsch am kommenden Sonntag in der Innenstadt.
Am Montag, dem 7. Oktober, wird außerdem ab 5.29 Uhr eine Mahnwache vor der Düsseldorfer Synagoge abgehalten. „Es ist der Moment, an dem vor genau einem Jahr um 6.29 Uhr Ortszeit die Terroristen Israel überfielen und begannen wehrlose Menschen abzuschlachten“, heißt es in einer Ankündigung der Jüdischen Gemeinde Düsseldorf. Um 18 Uhr werden auf dem Paul-Spiegel-Platz vor der Synagoge zudem 1200 Kerzen im Gedenken an die Opfer entzündet.
Studie zeigt: Antisemitismus ist stark verbreitet
Die von der Jüdischen Gemeinde beklagten Zustände werden auch von der Wissenschaft gestützt. In einer Studie, die auch von der Heinrich-Heine-Universität (HHU) durchgeführt wurde, hieß es unlängst: „Die Zahlen antisemitischer Vorfälle und Delikte steigen bereits seit über einem Jahrzehnt, haben aber gleichwohl seit dem 7. Oktober noch einmal einen enormen Anstieg erfahren.“
Die Studie hat knapp 1300 Menschen befragt und gilt als repräsentativ für NRW. Dabei fällt auf, dass Antisemitismus in urbanen Regionen häufiger ist als auf dem Land. Insbesondere der sogenannte moderne camouflierte Antisemitismus sei in der Großstadt stärker ausgeprägt. Diese Form des Antisemitismus ist besonders problematisch, da er nicht direkt als Antisemitismus erkannt werden kann. Er tritt camoufliert auf, reproduziert also antisemitische Stereotype, ohne sich direkt als judenfeindlich zu offenbaren.
Im Regierungsbezirk Düsseldorf ist Antisemitismus stärker ausgeprägt als in Köln und Münster
Außerdem geht aus der Studie hervor, dass Antisemitismus im Regierungsbezirk Düsseldorf stärker ausgeprägt ist als in den Bezirken Münster und Köln. Der offene Antisemitismus ist im Regierungsbezirk Düsseldorf sogar höher als in allen anderen Regierungsbezirken.
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Die Dokumentation antisemitischer Vorfälle für 2023, die von der Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus Nordrhein-Westfalen (RIAS) herausgegeben wurde, zeigt, dass es im Jahr 2023 zu 176 antisemitischen Vorfällen im Regierungsbezirk Düsseldorf gekommen ist. NRW-weit wurden im vergangenen Jahr 664 Vorfällen verzeichnet.
Dramatische Zunahme antisemitischer Vorfälle seit Oktober 2023
Fast zwei Drittel dieser Vorfälle fielen demnach ins letzte Quartal 2023. Demnach kam es zwischen Oktober und Dezember 2023 zu 435 antisemitischen Übergriffen und Straftaten in NRW. Darunter gab es auch Fälle extremer Gewalt. In den ersten drei Monaten dieses Jahres wurden landesweit bis zu 123 antisemitischen Straftaten gezählt.
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Bisher ist Düsseldorf von Fällen, in denen massive Gewalt gegen jüdische Menschen eingesetzt wurde, seit vielen Jahren verschont geblieben. Und doch zeigt sich, dass es innerhalb der Jüdischen Gemeinde Düsseldorf ein Unsicherheitsgefühl gibt, berichtet der Gemeindesprecher weiter.
Das liegt unter anderem auch an den eindeutig antisemitische Schmierereien und das umstrittene Protestcamp auf dem HHU-Campus, aus dem heraus gefordert wurde, das an der Uni aufgehängte Plakat mit den Hamas-Geiseln gegen eines auszutauschen, auf dem die „Märtyrer von Gaza“ geehrt werden sollten. Auch bezeichnende Sprüche und Plakate auf diversen Demonstrationen in der Stadt haben das Gefühl innerhalb der Gemeinde noch verstärkt.
Jüdische Gemeinde lobt Zusammenarbeit mit Stadt Düsseldorf
Dennoch ist man in der Gemeinde überzeugt, auf die Stadt Düsseldorf setzen zu können. Der Gemeindesprecher erklärte, dass über die Beziehung zwischen Gemeinde und Stadt „nichts Negatives“ berichtet werden könne. „Da sind wir der Stadt sehr dankbar; sie ist ein wichtiger Partner.“
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So hatte sich Oberbürgermeister Stephan Keller im Verlauf des vergangenen Jahres immer wieder klar positioniert. Vor dem Rathaus der NRW-Landeshauptstadt wehte lange Zeit die israelische Flagge. „Das ist ein wichtiges Zeichen für uns“, betont der Sprecher der Jüdische Gemeinde. Wichtig sei aber, dass es nicht bei bloßen Symbolen bleibe.