Düsseldorf. Seit 40 Jahren leistet die Aidshilfe Düsseldorf Präventionsarbeit. Angebote für Jugendliche vorm Aus. Andere sexualpädagogische Stellen betroffen.
Seit 40 Jahren leistet die Aidshilfe Düsseldorf in der NRW-Landeshauptstadt Präventionsarbeit. Doch das sehen die Einrichtung und ihr Landesverband jetzt bedroht. Der Grund: Der aktuelle Haushaltsentwurf 2025 des Landes Nordrhein-Westfalen sieht große Einsparungen im Bereich der Prävention gegen HIV und sexuell übertragbare Krankheiten (STI) vor, warnt die Aidshilfe.
Aidshilfe: Kürzung „existenzbedrohend für viele Angebote“
Ganze 70.000 Euro weniger würde die Aidshilfe Düsseldorf danach für ihre Arbeit bekommen, erklärt deren Geschäftsführer Harald Walter-Arndt – eine Reduktion der Landesmittel um 35 Prozent. „Dass die Mittel so schrumpfen sollen, ist ein Unding“, sagt er. Bereits für 2024 seien die Zuschüsse um 35.000 Euro im Vergleich zum Vorjahr verringert worden. 105.000 Euro weniger in zwei Jahren – fast zehn Prozent der jährlich rund 1,2 Millionen Euro an öffentlichen Geldern, die die Düsseldorfer Aidshilfe zur Verfügung hat, berichtet er. „So eine krasse Reduzierung ist existenzbedrohend für viele Angebote“, warnt Walter-Arndt. Bis zu zwei Vollzeit-Stellen könnten durch die möglichen Kürzungen bald nicht mehr finanziert werden, erklärt er.
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Was die Einsparungen praktisch bedeuten, zeigt die Aidshilfe an einem Beispiel: Im Programm „Youthwork“ bietet die Einrichtung sexuelle Bildung und Wissensvermittlung, Identitätsentwicklung und Präventionsarbeit im Bereich STI an. Aktuell werden so jährlich rund 100 kostenfreie Workshops für Schulen und Jugendeinrichtungen gegeben. Durch die Einsparungen könnten ab 2025 nur noch 65 Workshops gegeben werden. Das entspreche 500 Jugendlichen, die nicht mehr erreicht werden. Gleichzeitig steigen laut Studien die Infektionszahlen mit STI.
Soziale Einrichtungen müssen finanzielle Polster Aufbrauchen
Auch in der aufsuchenden Vor-Ort- und Szene-Arbeit mit männlichen Prostituierten, schwulen und bisexuellen Männern hätten die Einsparungen einen massiven Einbruch der Beratungsarbeit vor Ort zu Folge, warnt die Aidshilfe – das Gleiche gelte für die Arbeit für HIV-positive Frauen und deren Familien. Die Kürzungen wären nicht nur unverantwortlich gegenüber ihren Zielgruppen, sie würden in Folge eine deutliche Kostensteigerung im Gesundheitswesen bedeuten, kommentiert die Aidshilfe in einer Mitteilung. „Sie beschädigen erfolgreiche Strukturen, die über die letzten Jahrzehnte aufgebaut wurden, nachhaltig: im Bereich der Prävention, Integration, Antidiskriminierung und im Bereich des Ehrenamtes.“
Die geplanten Kürzungen im Bereich HIV-Prävention laufe einem erklärten Ziel der UN, wonach die weltweiten HIV-Infektionen auf null reduziert werden sollen, zuwider, mahnt Geschäftsführer Walter-Arndt. „Dazu braucht man logischerweise eigentlich noch eine größere Anstrengung.“ Überhaupt sei die Entwicklung der Fördermittel des Landes für die Aidshilfe bereits länger ein Problem: Die seit 2011 kommunalisierten, also über die Kommunen bereitgestellten Landesmittel, seien seitdem nie erhöht worden – obwohl die Tariflöhne sowie weitere Kosten immer wieder stiegen. So decken diese Landesmittel einen immer geringeren Anteil der Stellen ab, die sie finanzieren sollen. Um das auszugleichen, müssen Einrichtungen teils ihre eigenen finanziellen Polster aufbrauchen, erklärt Walter-Arndt. So konnte auch die Aidshilfe Düsseldorf trotz der letztjährigen Kürzung bisher alle ihre Angebote beibehalten. Mit der erneuten Kürzung stehe das in Frage.
Auch weitere sexualpädagogische Stellen in Düsseldorf betroffen
Die Kürzungen betreffen in Düsseldorf auch weitere Stellen, deren sexualpädagogische Arbeit mit Landesmitteln finanziert ist. So etwa bei der Beratungsstelle von Pro Familia (Eigenschreibweise. „pro familia“), die wie die Aidshilfe ebenfalls in Bilk sitzt. „Das würde bedeuten, dass bei uns die Stelle, die die sexualpädagogische Arbeit - darunter Workshops und Fortbildungen durchführt - um 35 Prozent gekürzt wird“, erklärt Sexualpädagogin Diana Heide. Vom Land gibt es für diese Vollzeitstelle im Programm „Youthwork“ einen pauschalen Zuschuss von 25.600 Euro. Nach dem Haushaltentwurf würde dieser um 8960 Euro sinken – für die Einrichtung in Düsseldorf eine erhebliche Finanzierungslücke.
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Eine Lücke, die die sexualpädagogische Arbeit von pro familia bedroht: „Unsere Angebote könnten in der aktuellen Form nicht mehr stattfinden“, so Diana Heide. „Im Jahr 2023 waren wir in Schulklassen in 82 Düsseldorfer Schulen“, erklärt sie. Und damit ist die Nachfrage nach den Workshops, in denen zu Themen wie Safer Sex, Verhütung und Schwangerschaft aufgeklärt wird, noch gar nicht gedeckt: 56 Anfragen musste die Beratungsstelle aus Kapazitätsgründen ablehnen, berichtet Heide. Den anderen sexualpädagogischen Angeboten in Düsseldorf gehe es genau so.
Protest gegen Kürzungspläne in Düsseldorf
„Wir haben unter Jugendlichen aktuell ein gutes Verhütungsverhalten, das beste, das wir je hatten“, erklärt die Sexualpädagogin. Dies sei durch die Kürzungen bedroht. Und auch einen anderen Bereich erwähnt sie eindringlich: „Das Klima wird rauher für queere Menschen“. Die sexualpädagogischen Angebote brauche es auch dafür, dieser steigenden Queerfeindlichkeit etwas entgegen zu setzen, meint Heide. Oftmals gebe es für Jugendliche keinen anderen Kontext, in dem darüber gesprochen und über sexuelle Vielfalt aufgeklärt wird, erklärt sie. In den Workshops gehen sie und ihre Kollegin mit Teilnehmern dazu ins Gespräch – und können für mehr Verständnis sorgen.
Gegen die Kürzungspläne, die auch andere soziale Bereiche betreffen, regt sich Protest: So hielt die Freie Wohlfahrtspflege NRW schon am 13. September eine Mahnwache vor dem Landtag NRW ab. Angekündigt ist weiterhin ein Protestmarsch am 13. November. Unter dem Motto „NRW bleib sozial!“ läuft die Demo ab 10 Uhr vom Hauptbahnhof und endet in einer Kundgebung vor dem Landtag.
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