Wegen des angekündigten Streiks der Flugbegleiter hat die Lufthansa mehr als die Hälfte aller Flüge gestrichen. Passagiere suchen Alternativen.
Frankfurt/Main. Die Gewerkschaft UFO hat eigenen Angaben zufolge den ersten Schritt gemacht und den Vorstand der Deutschen Lufthansa angerufen. „Nun schauen wir, ob wir den Gesprächsfaden wieder aufnehmen können“, sagte UFO-Chef Nicoley Baublies zu Dow Jones Newswires. Wann die erste persönliche Annäherung erfolgt, stehe aber noch nicht fest.
Der für heute bundesweit geplante Streik wird dadurch aber nicht mehr verhindert. Rund 1.200 von 1.800 Flügen hat die Lufthansa bereits abgesagt, damit Passagiere nicht in den Terminals stundenlang auf ihre Flüge warten, sondern zu Hause bleiben, mit Wettbewerbern fliegen oder auf Bahn und Auto umsteigen. Ob Lufthansa und UFO schon am Wochenende über höhere Gehälter verhandeln, dürfte sich am Freitag entscheiden.
Fakt ist: Die Lufthansa bleibt am heutigen Freitag mit den meisten Maschinen am Boden. Für das Unternehmen sei der Schaden längst eingetreten, erklärte Sprecher Andreas Bartels am Donnerstag. Betroffene Fluggäste seien umgebucht worden. „Leere Flugzeuge zu fliegen, macht keinen Sinn.“ Damit richtet die bislang als brav beschriebene Gewerkschaft Ufo den bislang größten Ausfall an einem einzigen Streiktag in der Geschichte der Lufthansa an.
+++ Flugbegleiter streiken – und wo bleibt der Fluggast? +++
Bereits am Donnerstag wurden knapp 50 Flüge nach Deutschland abgesagt. Für Sonnabend fehlten 13 Verbindungen auf dem Flugplan. Mit dieser Maßnahmen sollen möglichst viele Maschinen bereit stehen, wenn das Unternehmen ab Sonnabend wieder weitgehend nach Plan fliegen will. Die Konkurrenten der Airline und die Bahn richten sich zum Ferienende in Süddeutschland auf einen großen Ansturm ein. Normalerweise befördert Lufthansa an einem Freitag rund 170.000 Menschen. Das Restprogramm der Lufthansa besteht wesentlich aus Flügen nicht bestreikter Tochtergesellschaften wie Germanwings. Nur wenige Überseeziele sollen am Freitag von Frankfurt und München angeflogen werden.
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Der Streikaufruf ging an die rund 18.000 Beschäftigten an den Lufthansa-Standorten Frankfurt, München, Düsseldorf, Berlin, Hamburg und Stuttgart. Selbst die Pilotenstreiks aus den Jahren 2001 und 2010 hatten nicht eine derart durchschlagende Wirkung.
Die Hoffnung auf eine Schlichtung wurde am Donnerstag enttäuscht, weil sich die Tarifparteien nicht näher kamen. Der Personalchef der Lufthansa Passage, Peter Gerber, hatte am Mittwoch eine auf wenige Vergütungsfragen verengte Schlichtung angeregt. Über den Einsatz von Leiharbeitern oder die Gründung einer internen Billiglinie mit niedrigeren Tarifen wollte er aber explizit nicht sprechen und behielt damit die bisherige Linie in der Schlichtungsfrage bei. Ufo-Chef Nicoley Baublies gab sich seinerseits verhandlungsbereit: „Alles, was diesen Streik abwenden kann, ist eine gute Idee. Da muss aber Lufthansa mit uns sprechen, wie wir das genau hinbekommen können“, sagte er dem TV-Sender N24. Zu einer Einigung auf die Schlichtung kam es zunächst aber nicht.
+++ Airline muss sich um gestrandete Reisende kümmern +++
Die Flughäfen rechnen wegen der langen Vorlaufzeit mit wenig Andrang an den Terminals. Eng könnte es hingegen auf den an Wochenenden ohnehin vollen Bahnhöfen und in den Zügen werden. Lufthansa-Konkurrent Air Berlin setzt auf seinen innerdeutschen Verbindungen größere Jets ein.
Die Deutsche Bahn stellte sich auf mehrere tausend zusätzliche Fahrgäste ein. Das Unternehmen teilte in Berlin mit, es werde alle zur Verfügung stehenden Züge auf die Schiene bringen. Bei Bedarf würden in besonders stark genutzten Bahnhöfen auch zusätzliche Mitarbeiter eingesetzt. Eine Sprecherin der DB Nord riet allen Reisenden, rechtzeitig zu reservieren.
Entspannte Ruhe herrschte hingegen beim Autovermieter Sixt: Die Zahl der Reservierungen bewege sich im Bereich des Üblichen, sagte Sprecher Frank Elsner am Donnerstag in München. „Wir sind nicht ausgebucht.“ An Freitagen seien ohnehin weniger Geschäftskunden unterwegs als an anderen Wochentagen. Einige Passagiere stiegen zwar auf Mietwagen um, aber es würden auch Auto-Reservierungen am Zielort wegen annullierter Flüge abgesagt. Man erwarte daher nicht, dass die Mietwagenschalter gestürmt werden.
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Ufo fordert in dem seit 13 Monaten währenden Tarifkonflikt fünf Prozent mehr Lohn, das Ende der Leiharbeit und Schutz gegen die Auslagerung von Jobs. Lufthansa bietet bei einer längeren Laufzeit 3,5 Prozent Lohnerhöhung, plant aber eine konzerninterne Billigtochter mit niedrigeren Gehaltstarifen. Für die verbleibenden Lufthanseaten will das Unternehmen die Gehaltsstufen abflachen und für Neueinsteiger niedrigere Bedingungen durchsetzen.