Die Hamburger leiden unter einer hoher Schuldenlast. Banken können wichtige Kreditlinie kündigen. Der Vorstand ist dennoch zuversichtlich.
Hamburg. Das krisengeschüttelte Hamburger Solarunternehmen Conergy muss um seine wirtschaftliche Zukunft bangen. Zwar hat sich Conergy erst im vergangenen Sommer unter großen Mühen mit einem Bankenkonsortium auf die Verlängerung einer Kreditlinie über 325 Millionen Euro geeinigt, die bis Ende 2011 gelten sollte. Doch jetzt ist die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers zu dem Schluss gekommen, dass die Schulden von Conergy zu hoch sind. Mit dieser Last könne das Unternehmen nicht dauerhaft wirklich profitabel arbeiten, heißt es. Schon bei den Gesprächen mit den Banken im Sommer wurde vereinbart, dass die Kreditlinie in diesem Fall zum 21. Dezember dieses Jahres gekündigt werden kann. Der Solaranlagenbauer, der im dritten Quartal einen operativen Gewinn verbuchte, stünde somit ohne Geldgeber da.
Firma verhandelt über eine Anschlussfinanzierung
Doch so weit soll es nicht kommen, hofft Finanzvorstand Sebastian Biedenkopf. "Wir führen bereits Gespräche mit den Banken, um Conergy in eine sichere Zukunft zu führen", sagte er dem Abendblatt. Die Schulden, die das Unternehmen nun bedrohen, stammen laut Biedenkopf aus dem Jahr 2007 und wurden die ganze Zeit über quasi mitgeschleppt. Seit damals läuft es in dem Unternehmen nicht mehr rund, auch der Aktienkurs befindet sich seither im Sinkflug (siehe Grafik). Vor drei Jahren hatte Conergy immense Summen Kapital aufgenommen, um künftiges Wachstum finanzieren zu können. Doch das Modell ging nicht auf. Conergy-Gründer Hans-Martin Rüter verließ daraufhin das Unternehmen. Gegen ihn ermittelt die Staatsanwaltschaft Hamburg seither wegen Bilanzfälschung und Betrugs. Rüters Verwandter Dieter Ammer übernahm das Ruder. Auch gegen ihn und weitere ehemalige Manager des Unternehmens wird ermittelt. Heute sitzt Ammer im Aufsichtsrat von Conergy, Rüter hat eine Investmentgesellschaft in Hamburg. Wann die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen abschließt, ist noch offen.
Biedenkopf gehörte dem Unternehmen, das 400 seiner 1600 Mitarbeiter in Hamburg beschäftigt, damals noch nicht an. Er ist zuversichtlich, dass seine Gespräche mit den Bankern zum Erfolg führen werden. Schließlich ist mit der Commerzbank einer der großen Gläubiger inzwischen auch mit einem Anteil von knapp 30 Prozent größter Aktionär des Unternehmens. Hinzu komme: Hätten die Banken das Unternehmen fallen lassen wollen, hätten sie es vermutlich bereits während der Verhandlungen im Sommer getan. Denn als die Kreditlinie verlängert wurde, sah die Situation nicht anders aus als heute.
Bei einer Insolvenz stünde für die Kreditgeber einiges auf dem Spiel. Sie müssten einen Großteil ihrer Forderungen abschreiben. Denn ein Käufer, der das Unternehmen samt Schulden übernimmt, dürfte sich kaum finden. Schließlich steht die Branche seit der Kürzung für Solarstrom massiv unter ökonomischem Druck. Zudem überschwemmen asiatische Anlagenbauer den deutschen Markt mit Billigware.
Auch WestLB-Analyst Peter Wirtz glaubt derzeit an Conergys Zukunft. "Das Potenzial, dass für beide Seiten eine Lösung gefunden wird, ist da", sagte er dem Abendblatt. Eine Möglichkeit zur Entlastung von Conergy kann bedeuten, dass die Banken auf einen Teil ihrer Forderungen verzichten, sodass sich der Verschuldungsgrad reduziert. Dies träfe die Institute aber hart. Möglich wäre auch eine Umwandlung von Schulden in Eigenkapital über eine Kapitalerhöhung. Dies würde aber die Anteilseigner belasten, die Aktie verlöre an Wert. Eine wahrscheinliche Variante kann die Umwandlung von Schulden in Kapital sein. Auch dieses Verfahren kostet die Banken Geld. Sie müssten ihre Forderungen mit einem hohen Abschlag an einen Investor verkaufen, der dem Unternehmen im Gegenzug Eigenkapital zuführt.
Umsatz in den vergangenen neun Monaten mehr als verdoppelt
Während Conergy unter der Verschuldung leidet, hat sich die aktuelle Geschäftslage für das Unternehmen inzwischen verbessert. In den ersten neun Monaten erhöhte sich der Umsatz im Vergleich zum Vorjahreszeitraum von 356 auf 665 Millionen Euro. Die Solarfabrik in Frankfurt (Oder) hat ihre Produktion verdreifacht. Vor Steuern und Zinsen (Ebit) ist Conergy mit 13 Millionen Euro im Plus, doch das Ergebnis wird komplett von den Zinsen für die Schulden aufgefressen. Zudem müssen mehr als zwölf Millionen Euro für Beratungskosten aufgewendet werden. Im dritten Quartal halfen Conergy florierende Geschäfte im Ausland und der Verkauf von Deutschlands größtem mit Conergy-Technologie ausgestattetem Solarpark. Mit 275,3 Millionen Euro verdoppelte sich zudem der Umsatz. Operativ verbuchte Conergy einen Gewinn von einer Million Euro. Im Vorjahreszeitraum betrug das Minus noch 5,8 Millionen. Beim Blick auf diese Zahlen fühlt sich Biedenkopf gut gerüstet für die Verhandlungen mit den Banken.