Firmenchefs sagen eine Pleitewelle mit drastischen Konsequenzen für Arbeitsplätze und Investitionen in Deutschland voraus.
Berlin. Hausbesitzer in Deutschland sollen künftig deutlich weniger Förderung bekommen, wenn sie sich Solarzellen auf ihre Dächer montieren und den Strom ins allgemeine Netz einspeisen. Die Bundesregierung will die Hilfen für den Ökostrom drastisch einschränken, die Kosten für die Verbraucher mindern und eine Überförderung der zuletzt rapide gewachsenen Solarbranche bremsen. Firmenchefs sprachen gestern von einem Kahlschlag und sagten eine Pleitewelle mit drastischen Konsequenzen für Arbeitsplätze und Investitionen in Deutschland voraus.
Umweltminister Norbert Röttgen kündigte in Berlin an, die garantierten Abnahmepreise für Strom aus Sonne von Hausdächern sollten ab April um 15 Prozent gekürzt werden. In gleicher Höhe würden die Vergütungen aus Solarzellen auf Freiflächen wie Mülldeponien ab Juli sinken. Den stark gewachsenen und ebenso umstrittenen Einsatz auf Ackerflächen will Röttgen noch deutlicher abbremsen: Hier wird eine Kürzung sogar um 25 Prozent angepeilt. Derzeit sind etwa 80 Prozent der Anlagen auf Dächern installiert, 20 Prozent auf Freiflächen.
Die Solarförderung war in die Kritik geraten, da die Preise für die Module im letzten Jahr teils um 30 Prozent gefallen waren. Dies erhöhte die Renditen für Eigenheimbesitzer, was wiederum den Boom weiter befeuerte. Die Branche hat ihren Schwerpunkt in Ostdeutschland.
Die Differenz zwischen den auf 20 Jahre garantierten Abnahmepreisen bei der Installation neuer Anlagen und dem deutlich niedrigeren Marktpreis für konventionellen Strom wird durch eine Umlage auf alle Verbraucher in Deutschland bezahlt. "Der Verbraucher wird entlastet", sagte Röttgen dann auch zu den Kürzungen. Nach den bisherigen Regelungen des Erneuerbaren Energien Gesetzes (EEG) hätten sich sonst bis 2020 Kosten von 57 Milliarden Euro aufgebaut. Nun würden es voraussichtlich etwa 46 Milliarden Euro und damit eine Milliarde Euro weniger pro Jahr.
Es sei aber keineswegs geplant, die Solarbranche mit rund 55 000 Arbeitsplätzen völlig auszubremsen, betonte der CDU-Politiker. Absicht sei, jährlich 3000 Megawatt mehr zu installieren.
Dies sei fast das Doppelte des früheren Ziels der Regierung. Damit könnten bis 2020 etwa vier bis fünf Prozent des deutschen Stromverbrauchs aus Sonnenenergie kommen. Derzeit sind es trotz des Booms knapp ein Prozent.
Im vergangenen Jahr wurden nach Schätzungen aber weit mehr als 3000 Megawatt an Solaranlagen auf Dächer gesetzt. Daher soll neben der einmaligen Kürzung ab nächstes Jahr eine weitere Verschärfung je nach Menge der neu gebauten Anlagen dazukommen. Sollte der Bau wegen der Einschnitte in den Folgejahren aber deutlich unter der 3000-Megawatt-Grenze liegen, würde die Förderung wieder erhöht, sagte Röttgen. So wolle die Regierung das Wachstum steuern. Verbesserungen sind zudem für Hauseigentümer geplant, die ihren Strom nicht ins allgemeine Netz einspeisen, sondern selbst verbrauchen.
Solon-Chef Thomas Krupke sagte dagegen: "Wir werden dann definitiv nicht mehr in Deutschland investieren". Auch Solarworld-Chef Frank Asbeck nannte die vorgesehene Reduzierung für die Branche untragbar. Umweltverbände wie Greenpeace kritisierten, der Ökostrom werde von der Regierung gebremst, während die Laufzeiten der Kernkraftwerke verlängert werden sollten. Solarwerte hatten an den Börsen wegen der geplanten Einschnitte weltweit deutlich verloren und gaben gestern weiter nach. Die neuen Regelungen sollen im Februar vom Bundeskabinett gebilligt werden, damit der Bundestag sie bis Anfang April in Kraft setzen kann.