Ein Engpass bei wichtigen Geräten für die Solarmodule hat Folgen: Bauherren fürchten um ihre Einnahmen, Handwerker verlieren Umsatz.
Frankfurt. In der Solarbranche herrscht Mangelwirtschaft. Viele Anlagen können jetzt nicht an das Netz, weil ein wichtiges Bauteil fehlt. Wechselrichter sind kaum noch zu bekommen. Sie sind das elektronische Gehirn einer Solaranlage. "Sie leisten viel mehr, als Gleichstrom in Wechselstrom umzuwandeln", sagt Alexander Leinhos, Sprecher der Hamburger Solarfirma Conergy. Ohne dieses rund 2000 Euro teure Bauteil läuft nichts - da kann die Sonne noch so schön scheinen.
Viele Bauherren sind erbost, weil sie von den Installationsfirmen vertröstet werden. Sie können nicht nur verspätet Strom einspeisen, ihnen drohen auch hohe finanzielle Verluste. Denn voraussichtlich sinkt die Einspeisevergütung für jede Kilowattstunde, wenn die Anlage erst im zweiten Halbjahr ans Netz geht. So plant es der Gesetzgeber.
Und Handwerker fürchten um Umsatz. "Wir könnten 50 Prozent mehr Anlagen installieren, wenn es genug Wechselrichter gäbe", sagt Christof Gundert, Inhaber der Hamburger Firma Microsol Solarsysteme. Um die Beschäftigung seiner Mitarbeiter zu sichern, weicht er auf Solarwärmeprojekte für die Warmwassererzeugung aus, die ohne Wechselrichter auskommen.
Die Branche erlebt mal wieder einen Ausnahmezustand. Mal fehlt es am Silizium für die Module, die die Sonnenenergie in elektrischen Strom umwandeln, ein anderes Mal mangelt es an der Montagetechnik oder an Installateuren, die die Anlagen auf dem Dach montieren. Und jetzt sind die Wechselrichter knapp. "Das ist nicht verwunderlich in einer Branche, die ihr Wachstum immer kleinrechnet, um nicht die Kürzung von Subventionen zu riskieren", sagt Bernd Schüßler, Branchenexperte des Fachmagazins "Photon".
Durch die für dieses Jahr geplante Kürzung der Solarförderung hatte die Branche nur mit einem Zubau von 2000 Megawatt (MW) kalkuliert. "Wahrscheinlich werden Solaranlagen mit einer Leistung von 6000 bis 10 000 MW in Deutschland errichtet", sagt Schüßler. Schon in den ersten beiden Monaten dieses Jahres gingen trotz des rauen Winters mehr Anlagen an das Netz als in den ersten fünf Monaten des Jahres 2009, teilte die Bundesnetzagentur jüngst mit. "Entsprechend ist die Nachfrage nach allen Bauteilen für Solaranlagen explodiert."
Denn alle wollen noch im ersten Halbjahr an das Netz. Sonst kann die Vergütung für die produzierte Kilowattstunde um bis zu 16 Prozent geringer ausfallen. Die Pläne wurden zwar vorerst im Bundesrat gestoppt, dürften aber dennoch in ähnlicher Form Gesetz werden.
Weltweiter Marktführer für die begehrten Wechselrichter ist die SMA Solar Technology aus Niestetal bei Kassel. "Uns fehlen Chips und Transistoren, weil die Halbleiterindustrie ihre Kapazitäten in der Krise zurückgefahren hat", sagt Firmensprecher Volker Wasgindt. "Die Lieferschwierigkeiten betreffen damit die gesamte Branche."
Die Hessen, die ihren Umsatz in diesem Jahr von knapp einer Milliarde auf bis zu 1,3 Milliarden Euro steigern wollen, können nun ihre schon erhöhten Fertigungskapazitäten nur zu weniger als der Hälfte auslasten. "Allerdings sind wir durch unser gerade fertiggestelltes zweites Werk in der Lage, die Produktion kurzfristig zu erhöhen", sagt Wasgindt. Derzeit jedoch lebe SMA von "der Hand in den Mund".
Deshalb müssen die Installationsfirmen improvisieren. Über den Großhandel sind Wechselrichter nicht mehr zu bekommen. "Zugesagte Lieferungen werden nicht eingehalten", sagt ein Sprecher der van de Loo Solartechnik aus Hamburg. "Wir helfen uns, indem wir die Bauteile über das Internet auftreiben." Das Problem: Hier sind die Wechselrichter erheblich teurer.
Auch große Firmen wie die Hamburger Conergy spüren den Engpass. Dabei stellt die Firma einen Großteil der Wechselrichter selbst her. "Aber viele der notwendigen Bauteile sind knapp, weil sie auch in anderen Branchen benötigt werden", sagt Firmensprecher Leinhos. Um den Lieferproblemen zu entgehen, setzt Conergy darauf, noch stärker als bisher die gesamte Fertigungskette in die eigene Hand zu nehmen. Conergy könnte durch Zukäufe die eigenen Wechselrichterkapazitäten ausbauen, heißt es in der Branche. Leinhos will das nicht kommentieren.
Wenn sich die deutschen Hersteller nicht sputen, werden andere das Geschäft machen. "Wir können uns vorstellen, dass in zwei bis drei Jahren Konkurrenten aus Asien solche Geräte für die Solaranlagen bauen können", sagt eine Sprecherin des Fachgroßhändlers Phoenix Solar. Schon jetzt kommen die meisten Module aus Asien.
Der Bundesverband Solarwirtschaft drängt nun darauf, dass die Betriebsbereitschaft der Anlage und damit ihre Förderung auch ohne Wechselrichter anerkannt wird. Zur Not genügt ein Trick, um die Mangelwirtschaft zu überwinden. Ein Wechselrichter wird im Keller oder unterm Dach installiert, um die Betriebsbereitschaft für die Abnahme zu demonstrieren. Anschließend wird der Kasten wieder abgeschraubt und zum nächsten Kunden gebracht.