Hamburg. HSV-Aktionär Kühne gibt ein Darlehen für den Umbau des Volksparkstadions. Finanzchef Huwer steht vor der Beförderung.
Es war kurz vor 15 Uhr am Mittwochnachmittag, als der HSV ein Kommuniqué auf seiner Website platzierte. „Finanzierung der Baumaßnahmen im Volksparkstadion steht“, lautete die Überschrift der Mitteilung. Die für die Europameisterschaft 2024 nötige Stadion-Sanierung beschäftigte die Verantwortlichen im Volkspark seit weit über einem Jahr – nun scheint eine Lösung gefunden worden zu sein.
Wie der HSV mitteilte, sorgt in erster Linie die Kühne Holding AG für den fehlenden Millionenbetrag. Die Kreditlaufzeit liegt laut „Bild“ bei über fünf Jahren, der Zinssatz bei unter fünf Prozent.
„Das sportliche Schicksal kann ich nicht beeinflussen, aber ich möchte mit meiner Kühne Holding dazu beitragen, die Strukturen zu stabilisieren, damit der HSV gestärkt in die Rückrunde starten kann“, sagte Klaus-Michael Kühne. Der Milliardär und HSV-Fan ist mit 15,21 Prozent der Anteile an der HSV Fußball AG derzeit der größte Privatanteilseigner.
HSV erhält Millionen von Kühne fürs Stadion
Neben Kühne haben noch drei weitere Hamburger Darlehensgeber, die nach Abendblatt-Informationen noch keine HSV-Partner waren, Geld bereitgestellt. Kühne soll aber den Großteil der rund 20 Millionen Euro übernehmen – laut der „Bild“ etwa die Hälfte. „Ich freue mich sehr, dass es noch weitere Unterstützer gibt, die zu einer positiven Entwicklung verhelfen, denn nur gemeinsam lässt sich eine Erfolgsgeschichte schreiben“, sagte der 85-Jährige.
Unter Ex-Finanzvorstand Frank Wettstein hatte der HSV zwar für den Verkauf des Stadiongrundstücks vor rund zwei Jahren 23,5 Millionen Euro von der Stadt Hamburg erhalten, um diese Mittel für die Sanierung zu verwenden. Unter der finanziellen Last der Corona-Pandemie hatte der Verein einen Großteils dieses Geldes allerdings unter anderem benutzt, um Lücken im sportlichen Etat zu stopfen.
Nur 9,8 Millionen Euro hat der HSV bereits in den ersten Bauabschnitt für die Stadionrenovierung investiert. Damit kann die Stromversorgung im Catwalk unter dem Dach sowie die Modernisierung des Flutlichts und der Beschallungsanlage bezahlt werden.
HSV vor Auftrag für Dachmembran
Da die Baukosten allerdings unter anderem aufgrund des Ukraine-Krieges in diesem Jahr von den geplanten 23,5 Millionen Euro auf rund 33 Millionen Euro anstiegen, fehlten dem HSV zuletzt weiterhin etwa 20 Millionen für die Erneuerung der 44.000 Quadratmeter großen Dachmembran sowie der Sanitäranlagen. Die Erneuerung der Dachmembran soll nach Abendblatt-Informationen noch in dieser Woche in Auftrag gegeben werden.
Zuletzt hatte der in diesem Jahr nur zehn Monate als Vorstand aktiv gewesene Thomas Wüstefeld nicht für eine Lösung sorgen können. Wüstefeld hatte bis zu seinem Rücktritt im September unter anderem Trikotsponsor HanseMerkur als Geldgeber vorgesehen – allerdings mit der Bedingung eines Bürgen. Nun war es Finanzchef Eric Huwer, der den neuen Deal mit Kühne und dessen Aufsichtsratsvertreter Markus Frömming aushandelte.
Kühne und die weiteren Darlehensgeber verlangen nach Abendblatt-Informationen keine Bürgen für ihr investiertes Geld. „Wir freuen uns über diese Unterstützung unseres Gesellschafters und auch über das besondere Vertrauen und den konstruktiven Austausch mit unseren weiteren Darlehensgebern“, sagte Huwer.
Mehr Anteile? Was Kühne beim HSV aushandelte
Nach Abendblatt-Informationen soll Kühne allerdings die Möglichkeit haben, das Darlehen zukünftig in weitere Anteile umzuwandeln. Die Bedingung dafür ist die angestrebte Rechtsformänderung des HSV von einer AG zu einer KGaA. In dieser Struktur hat ein Club die Möglichkeit, mehr als die von der DFL zugelassenen Anteile (50 Prozent minus 1) zu verkaufen, ohne dabei die Kontrolle über den Verein an einen externen Investor zu verlieren. Dieser Rechtsformänderung müssten allerdings die HSV-Mitglieder bei einer Mitgliederversammlung mit einer Dreiviertelmehrheit zustimmen. Eine Garantie für Kühne gibt es also nicht.
Für den Wahl-Schweizer ist die Zusage einer möglichen Darlehensumwandlung in Anteile dennoch ein großer Vertrauensvorschuss. Wer die weiteren Darlehensgeber neben Kühne sind, ist nicht bekannt. Auch Aufsichtsrat Detlef Dinsel gilt als Interessent, in einer KGaA-Rechtsform Anteile am HSV zu erwerben. Nach Abendblatt-Informationen zählt er allerdings nicht zu den Geldgebern für das Stadion.
Durch den Deal mit Kühne steigt auch der Druck auf HSV-Präsident und Aufsichtsratschef Marcell Jansen. Nicht nur Jansens Beziehung zu HSV-Vorstand Jonas Boldt gilt als belastet, auch mit Kühne gab es zuletzt einen Bruch. „Für das personelle Hickhack ist er verantwortlich, was sich auf den Verein negativ auswirkt“, kritisierte Kühne Anfang November im Abendblatt-Interview. „Ich wünsche mir neue Leute, die von außen kommen.“
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Dank Stadion-Deal: Huwer vor HSV-Beförderung
Diesem Wunsch erteilte Jansen in einem ebenfalls am Mittwochnachmittag veröffentlichten Interview mit der eigenen Medienabteilung indirekt eine Absage. „Entscheidend ist, was wir umgesetzt haben und was wir erreichen. Die sportliche Platzierung zur Winterpause ist ein guter Zwischenschritt“, resümierte Jansen das bisherige Jahr 2022. „Und mit dem Jahreswechsel sind wir wieder alle gefragt, denn 2023 erwarten uns die nächsten großen Herausforderungen.“
Für Huwer könnte der Deal mit Kühne derweil endgültig für eine Beförderung zum Finanzvorstand sorgen. Schon vor der unglücklichen Ära Wüstefeld sollte er in den Vorstand berufen werfen. „Dr. Eric Huwer als verantwortlicher Finanzchef der HSV Fußball AG hat diesbezüglich einen sehr professionellen Prozess umgesetzt und einen beeindruckenden Endspurt hingelegt“, lobt Jansen.
Nach Abendblatt-Informationen soll sich der Aufsichtsrat über eine zeitnahe Lösung einig sein. Seit dem Rücktritt von Ex-Vorstand Wüstefeld ist Boldt alleiniger Vorstand beim HSV. Den Bereich Finanzen leitete zuletzt aber bereits Huwer.
Auch für Boldt soll es bald ein neues Arbeitspapier geben. „Wir sind auf der Zielgeraden, was die angestrebte Vertragsverlängerung mit unserem Vorstand Jonas Boldt betrifft“, sagte Jansen. Damit wäre auch der Weg für eine Verlängerung von Cheftrainer Tim Walter frei – und neue Kommuniqués auf der HSV-Website.