Hamburg. Lange wurde der Ex-Nationalspieler vom HSV-Milliardär protegiert. Nun fordert der größte Einzelaktionär den Rücktritt des Präsidenten.

Am Sonntagmittag hatte Marcell Jansen frohe Kunde zu überbringen. Der Präsident und Aufsichtsratschef des HSV stand auf dem Rasen im gut gefüllten Volksparkstadion und überreichte mit Andreas Hammer, dem Ehrenratsbeauftragten des Hamburger Fußball-Verbandes, ein paar Aufmerksamkeiten an verdiente Amateurtrainer. Jansen klatschte, Jansen schüttelte Hände, Jansen strahlte.

Weniger froh dürfte Jansen über die Gespräche vor und nach der Übergabe der Nettigkeiten auf der Tribüne gewesen sein. Denn Thema Nummer eins im Stadion war Klaus-Michael Kühnes gar nicht netter Frontalangriff auf Jansen im Abendblatt. „Für das personelle Hickhack ist Marcell Jansen verantwortlich, was sich auf den Verein negativ auswirkt. Ich wünsche mir neue Leute, die von außen kommen“, hatte Kühne im Interview über seinen einsteigen Günstling gesagt. „Wir brauchen einen Neubeginn.“

HSV-Investor Kühne machte sich einst für Jansen stark

Kühne machte sehr deutlich, dass es aus seiner Sicht keine Zukunft für Jansen in verantwortlicher Position beim HSV geben könne. Dabei gab es Zeiten, in denen sich Jansen und Kühne sehr nahestanden. Kennen- und zunächst auch schätzen gelernt hatten sich die beiden auf die Initiative des früheren Nationalspielers vor einer halben Ewigkeit auf Mallorca, wo Jansen Kühne sogar in dessen Hotel besuchte. „Er war der einzige Spieler, der sich vor rund zehn Jahren mit mir getroffen hat. Er machte einen frischen, sympathischen Eindruck“, sagte Kühne, der Jansen indirekt über einen gemeinsamen Bekannten sogar ein Haus auf der Insel vermittelt hatte.

Kühne hatte sich nach dem Kennenlernen auch beim damaligen Clubchef Dietmar Beiersdorfer für eine Vertragsverlängerung Jansens starkgemacht – allerdings ohne Erfolg. Mit nur 29 Jahren beendete der Rheinländer seine aktive Karriere früh – und wurde aber von Kühne auch bei seiner Karriere nach der Karriere gefördert. Als Jansen 2019 erstmals als Präsident kandidierte, sagte Kühne beim Neujahresempfang des Abendblatts: „Ich halte Marcell Jansen für einen sehr guten Kandidaten für das Präsidentenamt beim HSV.“

HSV: Warum kam es zum Bruch zwischen Jansen und Kühne?

Als Jansen tatsächlich Präsident wurde, intensivierten die beiden ihre Verbindung. Immer wieder verteidigte der frühere Fußballer Kühne gegen Angriffe, sagte im Abendblatt-Podcast: „Kühne ist ein richtig Guter.“ Und auch mit dessen Vertrautem Markus Frömming pflegte Jansen lange Zeit im Aufsichtsrat ein Vertrauensverhältnis.

Im Abendblatt sagte er einmal über seinen Ratskollegen: „Bei vielen Themen haben wir schnell gemerkt, dass wir in eine Richtung denken. Wir haben uns direkt gut verstanden“, so Jansen. Und weiter: „Ich finde es sehr nachvollziehbar, dass Herr Kühne als Geldgeber auch einen Vertreter im Aufsichtsrat haben möchte. Aber ich habe vor allem deshalb ein gutes Gefühl, weil ich auch inhaltlich von Markus Frömming überzeugt bin.“

Ähnlich überzeugt war Jansen noch vor einem Jahr auch von Hans-Walter Peters, der einst Kühne und den HSV zusammenbrachte und dem Jansen bereits seit Jahren ein Aufsichtsratsmandat bescheren wollte. Doch dann folgte der Bruch: mit Kühne, mit Frömming und auch mit Peters. Die entscheidende Frage lautet: Warum?

Während sich Jansen selbst auf Nachfrage nicht äußern wollte, hat Kühne eine mögliche Antwort parat: „Bis vor zwei Jahren standen wir in bestem Einvernehmen. Leider ist er unter den Einfluss von Wüstefeld und Dinsel geraten“, erklärte der meinungsstarke Gesellschafter.

Schließlich war es Jansen, der Kühne den umstrittenen Ex-Vorstand Thomas Wüstefeld auf Mallorca vorstellte, bevor dieser für 14,2 Millionen Euro HSV-Anteile des Wahl-Schweizers übernahm. Ähnliches hatte auch Detlef Dinsel vor, ehe er dann doch davon absah. Der anschließende Streit zwischen Kühne und dem Jansen-Vertrauten Wüstefeld, der sogar mit dem Anwalt gegen den Milliardär vorging, dürften der Anfang vom Ende des Vertrauensverhältnisses zwischen den beiden gewesen sein. Wie die Geschichte ausgeht, ist noch ungewiss. Sicher ist nur, dass der Machtkampf in die nächste Runde gehen wird. Und das schon sehr bald.