Hamburg. Der lange Prozess der Rechtsformänderung nimmt bei den Hamburgern Fahrt auf. Welche Rolle spielt Klaus-Michael Kühne diesmal?
Kurz vor Weihnachten bekommen die 93.000 Mitglieder des HSV Post. Absender: der Verein. Betreff: die Rechtsform. Per E-Mail wird der e. V. zu einer Infoveranstaltung einladen. In der ersten Januarhälfte will die Arbeitsgruppe um Vizepräsident Michael Papenfuß die Ergebnisse vorstellen, die sie zu einer möglichen Strukturveränderung ausgearbeitet hat. Noch im Laufe der Rückrunde könnten die Mitglieder des HSV dann wie schon 2014 über einen Strukturwandel abstimmen.
Den Anfang dieses Prozesses macht die hybride Infoveranstaltung. Am 21. Januar soll dann auf der ordentlichen Mitgliederversammlung ein klares Stimmungsbild eingeholt werden. „Es geht uns darum, dass die HSV-Mitglieder einen objektiven Überblick zu sämtlichen aktuell angewendeten Rechtsformen im deutschen Profifußball erhalten“, sagte Papenfuß am Montag dem Abendblatt.
HSV-Arbeitsgruppe Rechtsform will Mitgliedern Ergebnisse präsentieren
Der 68-Jährige arbeitet aktuell auf verschiedenen Ebenen an der HSV-Zukunft. Am Dienstagabend sitzt Papenfuß mit seinen sechs Kollegen aus dem Aufsichtsrat des HSV zusammen. Es geht um die Vertragsverlängerungen von Vorstand Jonas Boldt und Trainer Tim Walter, um die Finanzierung der Stadionsanierung und eine Beförderung von Finanzdirektor Eric Huwer in den Vorstand.
Bereits am vergangenen Freitag stand für Papenfuß ein weiteres Treffen mit der Arbeitsgruppe Rechtsform auf dem Plan. Dazu gehören neben Antragssteller Niko Ehling von der Initiative „Unser HSV“ auch e.V.-Geschäftsführerin Anne Gnauk, Supportersleiter Sven Freese, Aufsichtsrat Andreas Peters sowie Patrick Ehlers aus dem Beirat. Die Gruppe klärt aktuell, wie genau die Ergebnisse präsentiert werden.
Klar ist: „Wir werden die Mitglieder über Vor- und Nachteile der Rechtsformen im Hinblick auf die zwei Schwerpunkte Mitgliederrechte und Eigenkapitalbeschaffung informieren. Auf dieser Grundlage kann dann eine fundierte Rücksprache und Beurteilung zu einer möglichen Rechtsformänderung gemeinsam mit den Mitgliedern erfolgen“, sagt Papenfuß.
Nur noch drei Bundesliga-Vereine in e. V. organisiert
Der Schatzmeister des Präsidiums will aller vier gängigen Rechtsformen der Profifußballclubs beleuchten. In der Bundesliga sind derzeit nur noch drei Vereine in einem e. V. organisiert. Neben dem FC Schalke 04 sind das der SC Freiburg und der FSV Mainz 05. Eine AG-Struktur haben der FC Bayern München, Eintracht Frankfurt und der VfB Stuttgart.
Clubs mit einem Eigentümer wie 1899 Hoffenheim, RB Leipzig, Bayer Leverkusen und der VfL Wolfsburg bilden eine GmbH. Der Rest der Bundesligisten setzt auf die Rechtsform der GmbH & Co. KGaA. In dieser Struktur hat ein Club die Möglichkeit, mehr als die von der DFL festgeschriebenen Anteile (50 Prozent +1) zu verkaufen, ohne die Kontrolle über den Verein durch einen Investor zu verlieren.
HSV-Suche nach Investoren blieb bis auf Ausnahmen erfolglos
Es ist ein Modell, das der HSV schon seit mehreren Jahren umsetzen will. Konkret wurde der Plan aber erst durch einen Antrag auf der Mitgliederversammlung im vergangenen Jahr. HSV-Mitglied Ehling hatte das Präsidium des e. V. erfolgreich damit beauftragt, eine Überprüfung der Rechtsform der HSV Fußball AG vorzunehmen.
Innerhalb des HSV besteht schon länger die einhellige Meinung, dass der Club sich bei der Ausgliederung vor acht Jahren in eine AG für die falsche Form entschieden hat. Nach dem Vorbild des FC Bayern München wollte sich der HSV mit strategischen Partnern für die Rückkehr ins europäische Fußballgeschäft aufstellen.
Das Ende der Geschichte ist bekannt. Bis auf Klaus-Michael Kühne und eine Reihe von Kleinaktionären blieb die Suche nach Investoren erfolglos. Die verfügbaren 24,9 Prozent der Anteile sind mittlerweile verkauft, doch der HSV spielt im fünften Jahr Zweite Liga und braucht dringend frisches Geld, um die Sanierung des Volksparkstadions für die Europameisterschaft 2024 zu finanzieren.
Stimmungslage der HSV-Mitglieder entscheidet
So eindeutig die Stimmungslage 2014 war, so ungewiss ist aktuell die Frage, ob die Mitglieder sich erneut mit einer Dreiviertelmehrheit für die Umwandlung in eine KGaA aussprechen würden. Denn nur diese Rechtsform käme für den HSV bei einer Veränderung überhaupt infrage. Über die Vor- und Nachteile hat die Arbeitsgruppe in den vergangenen Wochen mit verschiedenen Vereinen gesprochen.
Seit Mai arbeiten Papenfuß und seine Kollegen verstärkt an diesem Thema. Auch mit Finanzchef Huwer hat sich die Gruppe ausgetauscht. Am Ende aber entscheidet die Stimmungslage der Mitglieder. „Den Diskurs, ob eine Rechtsformänderung notwendig beziehungsweise sinnvoll ist, wollen wir gemeinsam mit den HSV-Mitgliedern führen und eine Entscheidung vorbereiten“, sagt Papenfuß.
Kühne will HSV-Anteile erhöhen – was plant Dinsel?
Die Mitglieder werden angesichts der enttäuschenden Erfahrung der Ausgliederung 2014 spätestens auf der Versammlung am 21. Januar kritische Fragen stellen – insbesondere zu einem möglichen Ausbau der Partnerschaft mit Investor Kühne. Der 85-Jährige will den HSV bei der Stadionsanierung finanziell unterstützen, gleichzeitig aber auch seine Anteile erhöhen.
Auch Aufsichtsrat Detlef Dinsel gilt weiterhin als Interessent, in einer KGaA Anteile am HSV zu erwerben. Aus seiner Zeit als Investor beim FC Augsburg kennt der Unternehmer die Vorteile dieser Rechtsform.
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Bis neue Kapitalerhöhungen nach einer Strukturveränderung möglich wären, würde für den HSV aber zu viel Zeit vergehen. Boldt und Huwer müssen einen anderen Weg finden, etwa durch den erneuten Verkauf der Namensrechte an Kühne.
„Kurzfristig gilt es, die Herausforderungen hinsichtlich der Stadionmodernisierung und deren Refinanzierung zu lösen. Daran arbeiten wir derzeit mit Hochdruck“, sagte Finanzchef Huwer kürzlich. Auf die Mitglieder – so viel steht schon vor der Debatte im Januar fest – sollte sich der HSV dabei nicht verlassen.