Hamburg. In der Aufsichtsratssitzung überraschte der Interimsvorstand mit Finanzierungmodell für die Modernisierung des Volksparkstadions.

Als der 2:0-Sieg in Bielefeld am Sonnabend perfekt war, gingen die beiden wichtigsten Männer beim HSV wieder getrennte Wege. Die Vorstände Thomas Wüstefeld und Jonas Boldt, die noch vor der Partie Arminias Clubverantwortliche getroffen hatten, fuhren in getrennte Himmelsrichtungen. Der eine (Boldt) in Richtung Westen, wo er am Sonntag das Zweitligaspiel von Fortuna Düsseldorf gegen Greuther Fürth verfolgte. Der andere (Wüstefeld) ließ sich von HSV-Vizepräsident Bernd Wehmeyer nach Hause in den Norden kutschieren.

HSV-Machtkampf: HanseMerkur soll die Modernisierung des Volksparkstadions finanzieren

Am Abend zuvor mussten Wüstefeld und Boldt noch gemeinsam beim Aufsichtsrat präsentieren. Vier Stunden lang wurden die beiden zerstrittenen Vorstände von den Kontrolleuren befragt. Boldt musste seine sportlichen Pläne erläutern, ehe ihm drei Millionen Euro vom Aufsichtsrat als zusätzliches Budget zur Verfügung gestellt wurde. Wunsch-Neuzugang Jean-Luc Dompé (Zulte Waregem) soll somit möglichst schon in den kommenden Tagen verpflichtet werden. Mit dem Spieler ist bereits alles klar, nur die Clubs müssen sich noch einigen. Doch vor allem Wüstefeld war in der Sitzung gefragt. Der Vorstand, der in erster Linie für die Finanzen zuständig ist, hatte versprochen, den Kontrolleuren einen finalen Plan für die Sanierung des Volksparkstadions zu präsentieren. Und Punkt eins war schnell geklärt: Ab sofort heißt die Sanierung nicht mehr Sanierung, sondern Modernisierung. Die Begründung: „Modernisierung“ klingt besser für mögliche Investoren.

Wirklich überrascht waren die Aufsichtsräte aber vor allem, als Wüstefeld berichtete, wer dieser Investor sein soll: Hauptsponsor HanseMerkur. Demnach soll die Versicherungsgruppe mit Sitz in Hamburg bereit sein, dem HSV das benötigte Millionendarlehen für die Stadionsanierung, pardon: Modernisierung, zu gewähren, sofern auch genügend Bürgen gefunden sind. Insgesamt geht es mittlerweile um ein Gesamtvolumen von 23 Millionen Euro. Am Freitagabend bekräftige Wüstefeld erneut, dass er weiterhin mit der Stadt als möglichen Bürgen liebäugelt. Erstaunlich, da Vertreter der Stadt dem Abendblatt in der vergangenen Woche bekräftigt hatten, dass die Stadt kurzfristig nicht zur Verfügung stehen will. Trotzdem soll der 53-Jährige nach Abendblatt-Informationen auf der Sitzung versprochen haben, dass sämtliche Verträge noch in dieser Woche unterzeichnet werden. Die HanseMerkur war für eine Nachfrage am Wochenende nicht zu erreichen.

Darum zog Aufsichtsrat Peters den Abwahlantrag gegen Wüstefeld zurück

So oder so: Wüstefelds Plan hinterließ Eindruck. Auch bei Aufsichtsrat Hans-Walter Peters, der über Video zugeschaltet war und das Vorhaben für den Fall, das es auch gelingen würde, lobte. Als Wüstefeld und Boldt gegen 22 Uhr die Sitzung verließen, entschied sich Peters daher auch, seinen Wüstefeld-Abwahlantrag von der Tagesordnung runter nehmen zu lassen.

Ende gut, alles gut? Von wegen! Schon jetzt deutet sich an, dass der HSV-Frieden nicht von langer Dauer sein dürfte. Aufsichtsratschef Marcell Jansen, der die internen Querellen seit Monaten nicht in den Griff bekommt, soll nach Abendblatt-Informationen nun in Erwägung ziehen, eine außerordentliche Hauptversammlung einzuberufen. So könnte der HSV-Präsident mit der Dreiviertelmehrheit des Mehrheitsgesellschafters HSV e.V. Wüstefeld-Hauptkritiker Hans-Walter Peters als Aufsichtsrat abbestellen. Das Vertrauen hat er dem Banker, den er selbst vor wenigen Monaten vorgeschlagen hatte, vor längerer Zeit entzogen. Auch ein Grund: Peters soll eine zu große Nähe zu HSV-Anteilseigner Klaus-Michael Kühne pflegen.

HSV-Machtkampf: Fans kritisieren Kühne für 120-Millionen-Euro-Angebot

Dessen 120-Millionen-Euro-Angebot (Abendblatt berichtete) wurde am Freitag natürlich auch unter den Kontrolleuren diskutiert. Kühnes Vertrauensmann Markus Frömming wurde um eine Stellungnahme gebeten. Der Verdacht mehrerer Sitzungsteilnehmer: Nicht mal Frömming wusste seit längerer Zeit von Kühnes offenbar spontanem Zehn-Punkte-Plan, der eine Art Anti-Wüstefeld-Plan ist. Die HSV-Fans in Bielefeld hatten jedenfalls eine klare Haltung zu dem unmoralischen Angebot, das eine Aufweichung der 24,9-Prozent-Regel nach sich ziehen würde: „In der Satzung verankert. 75+1 unverhandelbar, Kühne verpiss dich“, stand auf einem Banner in der Gästekurve.