Am Dienstagabend soll der Aufsichtsrat über wichtige Personalien entscheiden. Unter anderem geht es um die Besetzung der Führungsetage.
- Am Dienstag tagt der Aufsichtsrat des HSV
- Drei wichtige Personalien stehen auf der Tagesordnung
- Der Machtkampf zwischen Marcell Jansen und Jonas Boldt geht weiter
Tim Walter ist ein Überzeugungstäter. Wenn der HSV-Trainer von irgendwas oder irgendwem überzeugt ist, dann kann der 47-Jährige für den Moment alles um sich herum vergessen. Wenn er aber kein Interesse an einer Sache hat, dann kann sich Walter auch nicht zu irgendwas zwingen.
Und an der Fußball-WM, das muss man so krass sagen, hat der Fußballlehrer kein Interesse. Bei fünf Spielen hat Walter bislang mal reingeschaut – und die Weltmeisterschaft ansonsten Weltmeisterschaft sein gelassen.
Voll und ganz überzeugt ist Walter dafür aber weiterhin von seiner Aufgabe beim HSV. Die entscheidende Frage lautet nur, ob auch beim HSV alle weiterhin voll und ganz von ihm überzeugt sind. Und diese Frage soll bereits am Dienstag final beantwortet werden.
HSV: Aufsichtsrat berät auch über zweiten Vorstand neben Jonas Boldt
Im HSV-Kosmos bedeutet das: Aufsichtsratssitzung. Die HSV-Kontrolleure setzen sich also wieder einmal zusammen, um wichtige Entscheidungen zu fällen. Die Vertragsverlängerung von Trainer Walter, die Vorstand Jonas Boldt bereits vor Wochen ausgearbeitet hatte, ist eine davon.
Die andere ist seine eigene Vertragsverlängerung, von der auch Walter seine Zukunft abhängig macht. Und weil aller guten Dinge drei sind, wäre da auch die noch immer offene Entscheidung, ob Finanzchef Eric Huwer mit einem Jahr Verzögerung Boldt in den Vorstand folgt.
Ein Großteil der HSV-Entscheider ist von allen drei Entscheidungen überzeugt. Doch der HSV wäre wohl nicht der HSV, wenn die Geschichte damit beendet wäre. Sie fängt nämlich gerade erst an. Denn obwohl Boldts Vertragsverlängerung nur noch eine Formalie sein soll, bleibt der Grundkonflikt zwischen dem Vorstand und dem Aufsichtsratsvorsitzenden Marcell Jansen bestehen.
Boldt oder Jansen? Beim HSV kann es nur einen geben
In bester Highlander-Manier heißt es bei den beiden wichtigsten HSV-Entscheidern: Es kann nur einen geben. Eine langfristige Zukunft mit Boldt im Vorstand und Jansen als Aufsichtsratschef scheint derzeit kaum möglich, dafür hat es im vergangenen Jahr einfach zu viele Konflikte gegeben.
Der aktuellste Konflikt: Die Einberufung der Hauptversammlung, die ursprünglich für den November geplant war. Da Jansen mit seinem Plan scheiterte, den halben Aufsichtsrat neu zu besetzen und vor allem den aus seiner Sicht zu kritischen Kontrolleur Hans-Walter Peters loszuwerden, musste die Hauptversammlung immer wieder verschoben werden. Selbst im eigenen Präsidium, das auf der Sitzung aller Anteilseigner immer eine Dreiviertelmehrheit für gewichtige Entscheidungen hätte, konnte sich Jansen nicht durchsetzen.
Doch zumindest beim Austausch von Lena Schrum und Andreas Peters, die durch den früheren Ultra-Vorsänger Henrik Köncke und Blockhouse-Geschäftsführer Stephan von Bülow ersetzt werden sollen, würde Jansen gerne Nägel mit Köpfen machen – ist dabei aber, um im Bild zu bleiben, auf den Hammer von Boldt angewiesen.
HSV-Hauptversammlung: Boldt spielt auf Zeit
Der Hintergrund: Nur der Vorstand kann eine Hauptversammlung einberufen, die nach Einladung innerhalb von 30 Tagen stattfinden muss. Nach Abendblatt-Informationen gibt es nun aber das Gedankenspiel, eine Hauptversammlung erst nach der Mitgliederversammlung am 21. Januar einzuberufen.
Der Gedanke dahinter: Sollte Jansen von den Mitgliedern auf der Versammlung als Präsident durch einen Abwahlantrag abgesetzt werden, müsste man sich auf einer dann folgenden Hauptversammlung möglicherweise gar nicht mehr mit den Jansen-Personalien für den Aufsichtsrat beschäftigen.
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Bei all den Personaldebatten gerät fast in den Hintergrund, dass auch noch inhaltliche Themen entschieden werden müssen. Ein Evergreen ist dabei die Finanzierung der Stadionsanierung. Längst sollen Huwer und Boldt einen Plan ausgearbeitet haben, bei dem die Hilfe von Anteilseigner Klaus-Michael Kühne eine größere Rolle spielt. Kühne hatte sich aber zuletzt klar gegen Jansen positioniert, womit man auch schon wieder bei den Personaldebatten angekommen wäre.
Wüstefeld wollte HSV-Stadion an Investor verkaufen
Fast in Vergessenheit geraten ist dabei, dass all diese Dinge schon vor genau einem Jahr hätten geregelt sein können. Nach der Demission von Frank Wettstein ging es schon damals um die Zukunft des Vorstands, schon damals sollte Huwer Boldt in den Vorstand folgen, und schon damals war die Finanzierung des Stadionmodernisierung offen.
Der Rest ist Geschichte: Thomas Wüstefeld beförderte sich selbst in den Vorstand – und das Unheil beim HSV nahm seinen Lauf. Was allerdings kaum einer weiß: Nach Abendblatt-Informationen hatte Wüstefeld sogar den Plan, Teile des Stadions an einen Investor zu verkaufen. Ein Plan, der aber spätestens mit seinem Rückzug im Oktober hinfällig war.
Nun also zurück auf Los. Einigen sich die Aufsichtsräte am Dienstag mit einem Jahr Verspätung, würden Boldt und Huwer den neuen Vorstand der Zukunft beim HSV bilden – und als erste Amtshandlung mit Trainer Walter verlängern. Eile ist dabei nur aus einem Grund geboten: Ab 20 Uhr steht das WM-Halbfinale zwischen Argentinien und Kroatien auf dem Programm. Denn sosehr die Kontrolleure die Arbeit von Coach Walter auch schätzen: Beim Thema WM-Begeisterung haben die meisten Aufsichtsräte eine andere Meinung als er.