Das Superjahr 2009 mit 14 Siegen in 17 Spielen und nur einer Niederlage drängt die Selecao in die Favoritenrolle.

Rio de Janeiro. Die Familie Dunga schwört sich mit Wir-Gefühl statt Starallüren auf den «Hexa» ein. Brasiliens Fußballer wollen in Südafrika den sechsten WM-Titel holen, ohne die Fehler der Endrunde in Deutschland zu wiederholen. «Talent allein reicht nicht mehr. Jetzt müssen sich alle korrekt verhalten, sonst akzeptiert es das Team nicht», sagt das Familien-Oberhaupt.

Die Aussage des 46-Jährigen geht klar an ein Duo, das nach dem Viertelfinal-Aus bei der WM 2006 als Sündenbock abgestempelt worden war. Während Ronaldo vom Nachfolger Carlos Alberto Parreiras zwar Lob, aber nie eine Einladung erhielt, schloss sich für Ronaldinho im April wegen schwacher Form die Selecao-Tür.«Verleitet mich nicht, die Fehler von 2006 zu wiederholen», appelliert Dunga. Damals hatte Parreira dem Druck der öffentlichen Meinung nachgegeben, die übergewichtigen Ronaldo und Adriano aufgestellt sowie auf das «magische Quartett» vertraut.

Dunga interessieren aber nur die eigenen Überzeugungen. Das Ergebnis, das funktionierende System kommen vor dem «futebol arte», der kunstvollen Ballbehandlung. Dass die Menschen am Zuckerhut aber lieber das Spektakel sehen, musste der nach außen oft knorrig wirkende Brasilianer Mitte vorigen Jahres erleben, als die positiven Resultate kurzzeitig ausblieben. Doch die «Adeus, Dunga»-Rufe verstummten im November 2008 mit dem 6:2-Testspielsieg über Portugal. Es folgte das Superjahr 2009 mit 14 Siegen in 17 Spielen und nur einer letztlich folgenlosen Niederlage in der Höhe von Bolivien (1:2).

Die WM-Qualifikation hakte der Rekordweltmeister mit einem 3:1 bei Erzrivalen Argentinien bereits am viertletzten Spieltag der Eliminatorias ab. Dunga impfte der Star-Truppe seinen unbedingten Siegeswillen ein, den die Sambakicker bei den nicht gerade mit spielerischem Glanz errungenen Titelgewinnen der Copa America 2007 und des diesjährigen Confed Cups umsetzten. «Die Fans erfreuen sich heute wieder an der Selecao», stellt daher Stammtorhüter Julio Cesar fest. Schließlich hat Brasiliens abermalige Anwartschaft auf den WM-Titel ein neues Fundament. «Die Favoritenrolle bringt uns aber nirgendwo hin. Man muss auf den Platz gehen und das auch unter Beweis stellen», mahnt Dunga.

Für Südafrika sind schon fast alle Plätze im Kader vergeben. Einzig auf der linken Außenverteidiger-Position haben der Chef und sein Assistent Jorginho Bedarf. Aus der Stammelf der WM 2006 sind noch das Innenverteidiger-Paar Lucio und Juan, zuletzt aber häufig verletzt, sowie Regisseur Kaka übriggeblieben. Die neuen Gesichter der Selecao heißen Luis Fabiano, Nilmar oder Felipe Melo. Der Hoffenheimer Carlos Eduardo durfte jüngst mal reinschnuppern, Wolfsburgs Kapitän Josue gehörte stets dem erweiterten Kader an. Andere wie der Ex-Bremer Diego (Juventus Turin) haben dagegen in den 52 Spielen unter Dunga mit über 80 eingeladenen Spieler ihre Chance nicht genutzt.