Bei der einzigen WM-Teilnahme gelang Nordkorea 1966 ein legendärer Sieg gegen Italien. Heute steht die Defensive, nur vorne fehlen die Tore.

Neuss/Pjöngjang. 44 Jahre nach einer der größten Sensationen in der Geschichte der Fußball-Weltmeisterschaft meldet sich Nordkorea auf der großen Fußball-Bühne zurück. 1966 gewann die Auswahl des kommunistisch geführten Landes in England ihr letztes Gruppenspiel gegen Italien nach einem Tor von Pak Do-Ik mit 1:0 und warf den haushohen Favoriten aus dem Turnier.

Im Viertelfinale verließen die Asiaten, die mit ihrer unkonventionellen Spielweise mitten im Kalten Krieg längst die Herzen der englischen Fans erobert hatten, die Kräfte. Sie verloren nach einer 3:0-Führung zur Halbzeit gegen Portugal mit Weltstar Eusebio noch mit 3:5. Dennoch wurden die Schützlinge von Trainer Myung Re-Hyung wie Volkshelden in der Hauptstadt Pjöngjang empfangen.

Befehl des Führers: Zwei Spiele gewinnen

Allein die Aussicht auf ähnliche Ehren spornt nun auch Pak Do-Iks Erben an. „Wir wollen die großartigen Leistungen unserer Vorgänger wiederholen“, sagte Coach Kim Jong-Hun während eines Trainingslager-Aufenthalts der Nordkoreaner in Frankreich im Sommer. Es war die erste Europa-Reise einer Nationalmannschaft aus dem international weitgehend isolierten Land seit der WM 1966.

Damals hatte der Staatsgründer und „ewige Präsident“ Kim Il-Sung der Mannschaft eine unmissverständliche Ansage mit auf dem Weg nach England gegeben. „Der große Führer hatte uns befohlen, ein oder zwei Spiele zu gewinnen. Wir waren fest entschlossen, ihm diesen Wunsch zu erfüllen“, sagte Pak Do-Ik später.

Ob Kim Jong-Il, der nach dem Tod seines Vaters 1994 die Macht in dem von Wirtschaftskrise und Hungersnot gebeutelten Land übernommen hat, ähnliche Forderungen stellt, ist unbekannt. Regierungsvertreter und „viele Einwohner von Pjöngjang“ hatten das Team laut der staatlichen Nachrichtenagentur KCNA nach dem für die WM-Qualifikation entscheidenden 0:0 in Saudi-Arabien am Flughafen „überschwänglich“ begrüßt.

Platz zwei hinter Klassenfeind Südkorea

Doch wie vieles in Nordkorea ist wohl auch die neue Heldenverehrung nur Fassade. Trainer Kim Jong-Hun steht in der Kritik, weil Nordkorea in der gesamten Qualifikation nur sieben Tore geschossen und hinter dem Klassenfeind Südkorea den zweiten Platz belegt hat. Eine Anfrage bei Startrainer Sven-Göran Eriksson, der Kim ersetzen sollte, lehnte der Schwede ab. Das technisch und taktisch ansprechende, schnelle Spiel des Teams, das zudem über eine gute Defensive verfügt (nur fünf Gegentore in acht Qualifikationsspielen), ist den Verantwortlichen offenbar zu wenig.

„Wir spielen einen Fußball, der von Schnelligkeit und ausgereifter Technik geprägt ist sowie die Anforderungen an eine moderne Spielausrichtung erfüllt, die ein ausgeprägtes körperliches Durchsetzungsvermögen beinhaltet“, sagte Kim Jong-Hun in Frankreich brav. Dass er Kritik an seinen Kritikern übt, zumal vor westlichen Medien, ist undenkbar.

Vielleicht hat er auch von den Gerüchten gehört, die sich um einige der Helden von 1966 ranken. Angeblich sollen diejenigen, die sich den Genüssen der westlichen Welt zu intensiv hingegeben haben, für Jahre aus der Öffentlichkeit verschwunden sein.