Der Geheimfavorit träumt vom großen Coup. Die “goldene Generation“ der Elfenbeinküste könnte in der Vorrunde gegen Deutschland spielen.
Hamburg/Abidjan. Didier Drogba gilt als antrittsstark und pfeilschnell, doch ein Gegner rennt dem Superstar der Elfenbeinküste langsam davon: die Zeit. Wenn am 11. Juni 2010 der Startschuss zur WM-Endrunde in Südafrika fällt, ist der Stürmer 32 Jahre alt. Es könnte sein letzter Auftritt auf der weltgrößten Fußball-Bühne sein. Als Mannschaftskapitän, Führungsfigur und Volksheld will er sich gebührend verabschieden. Das mit Stars besetzte Team gilt bei manchem Beobachter als potenzielle Überraschungsmannschaft, bei einigen sogar als Geheimfavorit.
„Trotz des Ausscheidens in der Vorrunde haben wir bei unserem WM-Debüt 2006 viele positive Erfahrungen gesammelt. Die wollen wir jetzt nutzen“, sagte Abwehrspieler Guy Demel vom Bundesligisten Hamburger SV: „Von den Namen her haben wir eine großartige Generation von Spielern. Aber wir sind uns absolut bewusst, dass wir auch etwas gewinnen müssen, um in die Geschichte unseres Landes einzugehen.“ Der einzige große Erfolg der „Elefanten“ auf internationaler Ebene liegt bereits knapp 18 Jahre zurück. 1992 gewannen die Ivorer im Senegal die Afrika-Meisterschaft. Bei der nächsten Auflage des Kontinental-Turniers Anfang 2010 in Angola soll nach Möglichkeit wieder etwas Zählbares herausspringen und den Weg zum ganz großen Coup fünf Monate später in Südafrika ebnen.
Dass sich die Elfenbeinküste auf Augenhöhe mit den ganz großen Fußball-Nationen messen kann, bewies sie unlängst beim 2:2 gegen die DFB-Auswahl Mitte November in Gelsenkirchen. In der Weltrangliste der FIFA rangieren die Afrikaner als zweitbestes Land ihres Kontinents auf Rang 16. Nur Kamerun ist als Elfter höher eingestuft. Die WM-Qualifikation überstand die Mannschaft von Trainer Vahid Halilhodzic, der im Mai 2008 die Nachfolge des Deutschen Ulli Stielike antrat, ungeschlagen.
„Viele bezeichnen uns als die 'Goldene Generation'“, sagte Außenverteidiger Arthur Boka vom VfB Stuttgart: „Aber wir müssten jetzt den Afrika-Cup oder den WM-Titel holen. Sonst ist in zehn Jahren alles vergessen.“ Zumal Drogba nicht der Einzige ist, für den die Zeit langsam knapp wird. „Einige von uns sind jetzt 28 oder 29 Jahre alt. Die anstehenden Turniere könnten unsere letzte Chance sein“, meint Didier Zokora.
Auch der Mittelfeldspieler hat in dem spanischen Spitzenklub FC Sevilla einen prominenten Arbeitgeber. Überhaupt verfügen die Ivorer in fast jedem Mannschaftsteil über Hochkaräter. Angefangen bei den Amwehrspielern Emanuel Eboue (FC Arsenal) und Kolo Toure (Manchester City) über Yaya Toure (FC Barcelona) und Zokora im Mittelfeld bis zu Drogba und Salomon Kalou (FC Chelsea) im Angriff. Nur im Tor fehlt es an absoluter Spitzenklasse. Aus der Bundesliga hoffen neben Demel und Boka auch die beiden Hannoveraner Didier Ya Konan und Constant Djakpa auf ein WM-Ticket.
Mit einem erfolgreichen Abschneiden in Südarfika wollen die internationalen Topstars auch etwas für die geschundenen Seelen in ihrer Heimat erreichen. „2002 gab es bei uns bürgerkriegsähnliche Zustände, seit 2007 normalisiert sich die Lage wieder“, berichtete Demel: „Dennoch macht es mich traurig, dass mein Land große Probleme hat und noch immer mehr als 60 Prozent der Ivorer nicht lesen und schreiben können. Es ist wichtig, dass wir Hoffnungssignale senden.“