Schwarzenbek. Halbzeit: Bürgermeister Norbert Lütjens seit drei Jahren im Amt. Stadtbus steht auf seiner Positivliste, aber es gibt noch viel zu tun.
Der Stadtbus fährt, die Verwaltung macht sich fit für die Zukunft, aber gerade bei den großen Infrastrukturprojekten wie Schulen, Kitas und Innenstadtbelebung gibt es noch viel zu tun. Schwarzenbeks Bürgermeister Norbert Lütjens ist zuversichtlich, dass zum Ende seiner Amtszeit im Jahr 2026 einige große Projekte zumindest angeschoben sind. Seine Halbzeitbilanz sieht der 53-Jährige durchaus positiv – allerdings will er sich künftig auch ein wenig mehr Zeit für die Familie nehmen. Im Interview mit Redakteur Stefan Huhndorf zieht er Bilanz und gibt einen Ausblick auf die zweite Hälfte seiner Amtszeit.
Sie sind seit 2009 in Schwarzenbek und waren bis zu Ihrer Wahl zum Bürgermeister vor drei Jahren Stadtjugendpfleger. Haben Sie den Wechsel bereut?
Norbert Lütjens: Nein. Ich brenne für den Job und ich brenne für Schwarzenbek. Ich arbeite 60 Stunden und mehr die Woche, aber das ist okay. Mir ist allerdings im Spätherbst 2023 bewusst geworden, dass ich wenig Zeit für meine drei Kinder habe. Meine Frau hatte einen Unfall beim Inlineskaten und ich musste Hausarbeit, Kinderbetreuung und mein Amt als Bürgermeister unter einen Hut bringen. Die Kinder sind 12 (Zwillinge) und 14 Jahre und ich möchte gerne auch Vater sein. Das ist mir wichtig, dafür werde ich mir etwas mehr Zeit nehmen. In den ersten drei Jahren ist die Familie mitunter etwas zu kurz gekommen.
Gefühlt gibt es ganz viele große Themen in Schwarzenbek wie den Schulbau und die neue Feuerwache über die seit 2018 beraten wird, aber es passiert nicht wirklich etwas. Täuscht dieser Eindruck?
Ich bin von meinem Wesen her eher agil veranlagt und mag es, schnell zu handeln. Ich musste aber lernen, dass öffentliche Projekte sehr vielen Formalien unterliegen. Das geht vom Baurecht über die Finanzierung bis zur Planung, Beteiligung und Umsetzung. Außerdem stehen im Verfahren auch immer wieder politische Entscheidungen an. Das dauert einerseits, ist andererseits aber auch ein guter Prozess. Kommunale Bauvorhaben werden schließlich über sehr lange Zeiträume mit oftmals wechselnden Anforderungen genutzt. Da muss man schon bei der Planung sehr flexibel und weit in die Zukunft denken.
Wie sieht Ihre Halbzeitbilanz aus? Worauf sind Sie stolz?
Zuallererst auf das Team mit dem ich arbeiten darf. Es macht wirklich Spaß mit guten ambitionierten Leuten die Dinge für die Stadt vorwärtszubewegen. Und dann natürlich auf die Stadtbuslinie, die wir gemeinsam mit der Politik und unter Nutzung von umweltfreundlichen Elektrobussen erfolgreich an den Start gebracht haben. Die Linie wird gut angenommen und ich bin zuversichtlich, dass wir das Projekt auch über die zweijährige Pilotphase hinaus fortführen können. Auch an der Grundschule Nordost hat sich einiges getan. Wir haben dort die Digitalisierung vorangetrieben und eine Buswendekehre geschaffen, um die Verkehrssituation zu verbessern. Wir schaffen in diesem Jahr auch einen Ersatzneubau mit fünf Klassenräumen in Modulbauweise, um die Raumnot dort zu beseitigen. Auch die Planung und der Bau eines neuen Klärwerks sind inzwischen konkret. Wichtig, aber für die Bürger nicht unmittelbar sichtbar, sind viele Strukturänderungen in der Verwaltung. Wir haben viele Prozesse verschlankt, arbeiten mehr projektbezogen und fachbereichsübergreifend.
Ein Dauerbrennerproblem sind die mittlerweile 180 fehlenden Kitaplätze. Was sagen Sie den Eltern und wann gibt es eine Lösung?
Die Situation schmerzt. Wir gehen aktuell von 154 fehlenden Plätzen aus. Wir arbeiten mit Hochdruck an der Problematik und betrachten mindestens fünf Flächen, auf denen Neubauten potenziell möglich wären. Im zweiten Quartal wird hoffentlich der neue Flächennutzungsplan beschlossen, der die Grundlage für weitere Planungen darstellt. Die reine Bauzeit für eine Kita liegt bei anderthalb Jahren, aber so weit sind wir noch nicht. Sicherlich hilft bei der Umsetzung, dass wir gerade erst kürzlich die Kita Buschkoppel mit 120 Plätzen gebaut haben und auf die Planungen zurückgreifen können. Das ersetzt aber keinen Architektenentwurf.
Das klingt so, als wenn die Kinder, die jetzt einen Platz benötigen, eingeschult sind, bis eine neue Kita steht?
Zu einem konkreten Fertigstellungstermin äußere ich mich nicht. Dafür gibt es zu viele Faktoren, die eine Rolle spielen. Die Politik und die Verwaltung arbeiten mit Hochdruck daran und nehmen das Problem sehr ernst. Wenn wir eine Kita bauen, planen wir gleich eine zweite parallel. Möglicherweise werden wir sogar drei Kitas benötigen, um den Platzbedarf mittelfristig abdecken zu können.
Wie sieht es denn mit der neuen Grundschule an der Breslauer Straße aus?
Wir sind auf einem sehr guten Weg. Ein Planungsbüro begleitet uns, wir werden hoffentlich noch in diesem Jahr vor der Sommerpause einen Generalunternehmer für den Bau einschalten können. Es soll am Ende so viel von der Musterschule, die wir uns in Aarhus angesehen haben, enthalten sein, wie möglich. Ich hoffe, dass ich den ersten Spatenstich noch in meiner ersten Amtszeit vornehmen kann.
In Aarhus werden sehr flexible Lernangebote mit Ruhezonen und Liegeflächen angeboten und die Schule ist auch nachmittags für die Öffentlichkeit und Vereine geöffnet. Kommt das hier auch?
Das ist der Plan. Es soll keine Zäune geben und die Türen sollen nachmittags für die Menschen im Quartier offen stehen. Perspektivisch könnte ich mir auch einen Campus vorstellen, bei dem Angebote im Gebäude der alten Realschule, dem Jugendzentrum und der Grundschule vernetzt werden können. Denn irgendwann wollen wir ja auch die alte Realschule als öffentliches Gebäude nutzen, in dem beispielsweise Bürgerservice und Bücherei Platz finden sollen. Beide Gebäude liegen sehr dicht beieinander.
Die Deutsche Bahn AG will die Bahnsteige im Sommer verlängern und die Strecke ausbauen. Wie stehen die Chancen für einen attraktiveren Bahnhof?
Wir haben Anfang Februar einen Workshop mit Politikern, dem Kreis und dem Planungsbüro „Bahn Stadt“. Wir wollen sehen, was angesichts des engen Zeitfensters und unserer finanziellen Situation möglich ist. Sollte beispielsweise das alte Stellwerk abgerissen werden, ermöglicht das zumindest ein offeneres und freundlicheres Erscheinungsbild. Da die Bahnsteige dann besser einsehbar wären, dürfte das auch den Vandalismus reduzieren. Ob noch mehr möglich ist, wie beispielsweise ein Servicegebäude, eine bessere Beschilderung und andere Dinge, wird sich auf dem Workshop zeigen.
Der Bahnhof ist nicht gerade hübsch, die überwucherte Fläche des ehemaligen Autohauses am Kreisel Möllner Straße aber auch nicht. Wann passiert denn dort etwas?
Der Investor hat Pläne für einen Supermarkt, einen Backshop in einem Nebengebäude und weitere Wohnbebauung im zuständigen Ausschuss vorgestellt. Die Politik hat an dieser Stelle, wie ich finde, berechtigte Nachbesserungswünsche geäußert, die aktuell eingearbeitet und dann erneut im Ausschuss vorgestellt werden.
Auf dem Wunschzettel vieler Schwarzenbeker steht ein Hallenbad ganz oben. Wie stehen die Chancen?
Wir als Stadt haben unsere Hausaufgaben gemacht und die vorliegende Machbarkeitsstudie aus dem Jahr 2018 fortgeschrieben und unsere Bewerbung beim Kreis eingereicht. In diesem Fall liegt die weitere Vorgehensweise aktuell beim Kreis.
In der Innenstadt hat das Kaufhaus CML geschlossen und die Post liegt auch seit Langem brach. Wirft das die Planungen für das Integrierte Stadtentwicklungskonzept zurück?
Wir müssen in jedem Fall zusehen, dass in diesem Bereich etwas passiert. Es wäre gut, wenn es zum Beispiel gelingt, wieder eine Nutzung anzusiedeln. Mit den Eigentümern des Postgeländes sind wir im Gespräch. Sie haben Interesse daran, auf dem Grundstück etwas gemeinsam mit uns zu entwickeln. Hier freue ich mich sehr, dass wir im Laufe des Jahres jemanden für den Bereich Stadtentwicklungsmanagement einstellen können, um dieses Thema planvoll und unter Berücksichtigung des im vergangenen Jahr durchgeführten Stadtentwicklungskonzeptes, voranzutreiben. Für mich ist eine der Leitfragen; was bedeutet zukünftig „Leben in der Stadt“?
Was fehlt noch in der Innenstadt, damit wieder mehr Leben einkehrt?
Neben der Unterstützung des Einzelhandels ist es sicherlich wichtig, Wohnen in der Innenstadt mit Nahversorgung zu ermöglichen und darüber hinaus Plätze zum Verweilen zu schaffen. Mit dem Bau des Kreisels an der Lauenburger Straße wird voraussichtlich Ende dieses Jahres begonnen. Er hilft uns, den Verkehr zu beruhigen. Wir brauchen aber auch die Entsieglung und Begrünung von öffentlichen Flächen – beispielsweise auf dem Ritter-Wulf-Platz. Ich habe vor Kurzem auf dem Platz gestanden und 60 Leute gezählt, die am Rathaus vorbeilaufen, aber keiner nutzt den Platz als Aufenthaltsort oder Treffpunkt. Das wollen wir mit einer Umgestaltung ändern. Auch in der Lauenburger Straße wollen wir mit Möblierung ausprobieren, ob dort Zonen zum Flanieren und Verweilen entstehen können. Es gibt also definitiv viel zu tun für das Stadtentwicklungsmanagement.
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Wie sieht es mit einer zweiten Amtszeit ab 2026 aus?
Ich würde gerne die vielen Projekte, die jetzt auf den Weg gebracht worden sind, auch zu Ende bringen. Deshalb strebe ich grundsätzlich eine zweite Amtszeit an – sofern die Bürger mich denn wählen.